Cover-Bild Das Verschwinden
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Eichborn
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 304
  • Ersterscheinung: 31.05.2024
  • ISBN: 9783847901327
Sandra Newman

Das Verschwinden

Roman
Milena Adam (Übersetzer)

In nur einem Augenblick verschwinden auf der ganzen Welt alle Menschen mit einem Y-Chromosom - urplötzlich, ohne jede Spur. Auch Jane hat ihren Mann und ihren kleinen Sohn verloren. Voller Panik sucht sie die einzige Person auf, von der sie sich Hoffnung verspricht: Evangelyne, die charismatische Anführerin einer politischen Untergrundbewegung, mit der sie eine alte Freundschaft verbindet. Gemeinsam erschaffen sie und all die übrigen Frauen eine völlig neue Gesellschaft - eine friedliche, sichere Welt. Doch dann tauchen höchst verstörende Videos der verschwundenen Männer und Jungen auf, und als Jane einen Weg erkennt, sie zurückzuholen, muss sie sich fragen: Wäre sie bereit, diese neue Welt dafür zu opfern?

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2024

Verstörend, stark, einzigartig

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Und auf einmal ist alles anders.
Und die Welt steht still, die Sicht verschwimmt. Und als die Augen sich wieder öffnen, sind diese weiblich. Und die Männer sind verschwunden.
Für Jane, Blanca, Ji-Won und ...

Und auf einmal ist alles anders.
Und die Welt steht still, die Sicht verschwimmt. Und als die Augen sich wieder öffnen, sind diese weiblich. Und die Männer sind verschwunden.
Für Jane, Blanca, Ji-Won und all die weiteren Frauen ändert sich innerhalb weniger Minuten damit alles: ihr Leben, ihr Lieben, die Gesellschaft, wie sie so selbstverständlich erschien. Denn ohne deren männliche Mitglieder sind nicht nur zahlreiche der wichtigen Führungspositionen plötzlich unbesetzt sondern auch Zuschreibungen und Rollenbilder in Frage gestellt. Und die Frauen selbst ebenso in einem Prozess der Veränderung und Entwicklung begriffen wie ihre Umwelt – Wirtschaft, Regierungssysteme aber auch die Natur, die wieder erblüht und Heilung erfährt.
In dieser Zeit der Trauer, des Leidens und des Neuanfangs findet eine Frau den Weg bis ganz an die Spitze: Evangelyne – Lichtgestalt, politische Anführerin und ein Magnet für ihre stetig wachsende Anhängerinnenschaft. Und für Jane ist sie nicht nur eine ehemalige Kommilitonin sondern auch einst beste Freundin und Anker ihres brüchigen Lebens. Mit Jane an ihrer Seite bringt Evangelyne Struktur und Richtung in die neue Welt, und ihr Aufstieg scheint kometenhaft.
Wenn, ja wenn… Und da kommen wir zu dem, für das es keine Worte zu geben scheint. Und für die Frauen keine Erklärung. Und für mich verstörende Stunden der Lektüre und ganz große Liebe für einen Roman, der so einzigartig anders ist. Denn mit „The Men“ scheint ein Guckloch in einen anderen Raum geschaffen, eine Dimension, fern der unseren, eine Geisterwelt, in welcher die verschwundenen Männer sich ihren Frauen zeigen. In kurzen Filmen ist ihr Leiden, ihre Qual, ihr Töten zu sehen, in einer Kulisse aus dämonischen Tierwesen und einer Natur in Falschfarben.
Verstörend? Sehr! Genial? Und wie! Und für mich so unerwartet: eine Geschichte mit so viel Kreativität und Schaffensgeist, Überraschendem und Denkanstößen, die mich nicht mehr loslassen wollen. Und mich bis in meine Träume verfolgt haben. Ja, das ist eine dringende Leseempfehlung von mir! Und Pflichtlektüre für diejenigen, die neue Wege denken und Literatur so ganz anders entdecken wollen.

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Veröffentlicht am 27.06.2024

Feministische Dystopie

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Es ist der 26. August, 19:14 Uhr (pazifischer Standardzeit) als weltweit alle Personen mit einem Y-Chromosom einfach verschwinden. Während die einen ihre Freiheit feiern, das Ende des Patriarchats willkommen ...

Es ist der 26. August, 19:14 Uhr (pazifischer Standardzeit) als weltweit alle Personen mit einem Y-Chromosom einfach verschwinden. Während die einen ihre Freiheit feiern, das Ende des Patriarchats willkommen heißen, trauern die anderen um ihre Männer und männlichen Kinder.
Kurze Zeit später tauchen Video-Streams auf, die die Verschwundenen zeigen, völlig apathisch in einem trostlosen, dystopischen Umfeld. Die einen sagen es ist Fake, die anderen halten es für echt und suchen nach einem Weg, die Menschen zurück zu holen.
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Sandra Newman erschafft in „Das Verschwinden“ gleich zwei dystopische Welten getrennt nach dem chromosomalen Geschlecht. Während Personen mit XY-Chromosomen eindeutig in einem Horrorszenario dargestellt werden, erleben die Personen mit XX-Chromosomen die Geschehnisse wesentlich differenzierter. Es kommt zum Zusammenbruch wichtiger Industrie- und Infrastrukturbereiche, was man durchaus als Gesellschaftskritik hinsichtlich der Frauenquote in männlich dominierten Berufszweigen lesen kann. Überdies kommt es zu Machtkämpfen, den Kampf um Ressourcen… Es gibt aber auch eine Verbesserung der Lebensqualität. Weibliche Kinder können unbehelligt auf den Straßen spielen, wachsen sehr viel freier auf, Erwachsene haben keine Bedenken nachts durch die Gegend zu laufen.
Sehr gut dargestellt fand ich die gegensätzlichen Wahrnehmungen. Vor allem die Trauer von vielen Betroffenen wird gut rüber gebracht und zeigt, dass nicht alles Gold ist was glänzt.
Newman erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Da wäre unter anderem die verurteilte Sexualstraftäterin, die Alkoholikerin, die Polizistenmörderin, eine, wie ich finde, durchaus interessante Auswahl an Protagonistinnen. Neben dem Blick auf die aktuellen Geschehnisse, wird den Lesenden auch immer wieder Einblick in die Vergangenheit der Handelnden gewährt und ich fand diese Einblicke, diese Geschichten in der Geschichte, sehr spannend und wertvoll im Gesamtkontext.
Sprachlich hat mich der mich voll überzeugt, auch inhaltlich fand ich ihn, durch die Vielfalt an intersektionalen feministischen Themen, interessant.
Das Ende hat mir mal wieder nicht so zugesagt bzw. weiß ich noch nicht so genau, was ich davon halte. Es kam zu abrupt, war zu undurchsichtig und würde ich damit nicht spoilern, liese mich zu allerhand Spekulationen hinreißen.
Alles in allem eine große Empfehlung für Freund*innen der fiktionalen, dystopischen, feministischen Literatur.

Veröffentlicht am 07.06.2024

Faszinierend und tiefgründig

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Nach „Die Schattenmacherin“ von Lilliy Gollackner war das für mich bereits der zweite Roman in kurzer Zeit, in dem eine Welt beschrieben wird, in dem die Männer komplett verschwunden sind.
Ein Szenario, ...

Nach „Die Schattenmacherin“ von Lilliy Gollackner war das für mich bereits der zweite Roman in kurzer Zeit, in dem eine Welt beschrieben wird, in dem die Männer komplett verschwunden sind.
Ein Szenario, dass ich unglaublich spannend finde und das großes Potential für aufregende Literatur bietet.
Und während der dystopische Roman von Gollackner mich nicht so wirklich abgeholt hat, fand ich „Das Verschwinden“ sehr, sehr faszinierend und tiefgründig.

Sandra Newman, von der letztes Jahr der dystopische Roman „Julia“ erschienen ist, verlässt auch in „Das Verschwinden“ den Boden der Realität.
Von einem Moment auf den anderen verschwinden alle Männer auf der ganzen Welt. Damit sind alle Menschen mit einem Y-Chromosom gemeint, denn auch kleine Jungen, und sogar männliche Ungeborene und Transfrauen verschwinden einfach so spurlos und ohne Erklärung.

Newman nutzt mehrere Protagonistinnen, anhand deren Geschichten sie den Moment des Verschwinden der Männer und die verwirrende Zeit danach beschreibt. Ich würde sagen, die meiste Screentime hat Jane, die Ich-Erzählerin. Sie ist gerade mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn zelten, als beide verschwinden und sie allmählich realisiert, dass sich die Welt komplett verändert hat.

Ich lese in dystopischen Romanen eigentlich total gerne welche Auswirkungen das jeweilige Setting auf das Zusammenleben, die Infrastruktur und das Leben der Einzelnen hat. Gerade als Bauingenieurin würde es mich natürlich interessieren, wie die Infrastuktur und Versorgung der Menschen weiter aufrecht erhalten wird. Aber mir ist natürlich schon klar, dass das für die meisten Leserinnen nicht das spannende Thema ist.
Wahrscheinlich entscheiden sich deswegen auch die meisten Autor
innen gegen ein breites Auswalzen von pragmatischen Details.
So auch Newman. Sie konzentriert sich ganz auf die Geschichten ihre Figuren und wie sie in ihrer Vergangenheit von Männern geprägt und beeinflusst wurden.

Das finde ich sehr stark und ich liebe den feministischen Ansatz daran. Richtig Spannung kommt im Roman auf, als im Internet verstörende und mysteriöse Videos von gequälten Männer und Jungen auftauchen, in denen viele ihre verschwundenen Verwandten und Bekannte erkennen. Ein Fake?

Ich bin etwas beunruhigt, als ich feststelle, dass ich nur noch wenige Seiten zu lesen habe, aber die Geschichte keine Anzeichen einer Auflösung zeigt. Aber Newman führt den Plot sehr souverän und zu meiner vollen Zufriedenheit zu einem gleichermaßen unerwarteten wie vieldeutigen Ende!

Ich finde den Schluss sehr gelungen, dennoch reicht es bei mir nicht ganz für ein Lesehighlight. Es sind mir zwischenzeitlich zuviele Figuren und zuviele inhaltliche und erzähltechnische Ansätze, die mich gedanklich zerfransen.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Verstörende Feminismus-/Endzeit-Dystopie

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Jane ist verzweifelt. Von einem Moment auf den nächsten sind ihr Mann und ihr kleiner Sohn verschwunden und sie hat erst etliche Stunden später Notiz davon genommen. Ein Martyrium beginnt, in dessen Verlauf ...

Jane ist verzweifelt. Von einem Moment auf den nächsten sind ihr Mann und ihr kleiner Sohn verschwunden und sie hat erst etliche Stunden später Notiz davon genommen. Ein Martyrium beginnt, in dessen Verlauf sich herausstellt, dass von einem Moment auf den nächsten, alle Menschen mit einem Y-Chromosom spurlos verschwunden sind. Die übriggebliebenen Frauen beginnen, sich nach einer Schockstarre neu zu formieren und wieder gesellschaftliche Strukturen und Infrastruktur aufzubauen - bis Verschwörungstheorien laut werden und verstörende Videos der Verschwundenen auftauchen.

Durch die Kurzbeschreibung neugierig geworden, habe ich mir dieses Buch bestellt. Bereits nach wenigen Seiten musste ich leider feststellen, dass ich kaum oder nur sehr schwierig zu Jane, einer der Hauptfiguren, finde. Vom Leben gebeutelt, oft falsch behandelt, aber eben oftmals auch falsche Entscheidungen treffend, versucht sie, zurechtzukommen - bis sich ihr Leben zum wiederholten Male komplett verändert.

Ähnlich komplexe Schicksale anderer Frauen werden beschrieben, jede davon hat ihr Päckchen zu tragen - und immer scheinen Männer und / oder Söhne eine zentrale Rolle am Leid dieser Frauen zu spielen - puh.

Als dann im Laufe der Handlung extrem verstörende, psychedelische Videos der Verschwundenen auftauchen, die mit teils extremer Gewalt, welche mitunter sehr bildlich beschrieben wird, einhergehen, war ich überzeugt, nicht den Inhalt zu lesen, den ich mir vorgestellt hatte.

Obwohl ich offen war und bin für neue Sichtweisen und auch eine feministisch geprägte Gesellschaft, empfinde ich die überdeutliche Spaltung und Stigmatisierung in diesem Buch von männlich = schlecht und weiblich = gut als unwahr. Die Autorin selbst spielt damit, haben doch alle ihre weiblichen Hauptfiguren mal mehr, mal weniger dunkle Geheimnisse.

Ein konkreter Satz in der Danksagung der Autorin hat mich komplett fassungslos zurückgelassen und meine Sicht auf dieses Buch sehr negativ beeinflusst: "[...] Frauen, die [...] mutig genug waren, unapologetisch auszusprechen, dass es keine Männer geben sollte.", S. 303. Hier war ich raus.

Wir brauchen mehr Augenhöhe, mehr Verständnis, mehr Dialog miteinander statt übereinander, aber bestimmt nicht mehr Spaltung, mehr Stigmatisierung und Radikalisierung.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Wo sind die Männer hin?

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Jane ist mit ihrem Mann Leo und dem gemeinsamen Sohn Benjamin in den Bergen, als sie einnickt und nach dem Aufwachen bemerkt, dass ihre Familie verschwunden ist. Der Notruf reagiert seltsam, sodass sie ...

Jane ist mit ihrem Mann Leo und dem gemeinsamen Sohn Benjamin in den Bergen, als sie einnickt und nach dem Aufwachen bemerkt, dass ihre Familie verschwunden ist. Der Notruf reagiert seltsam, sodass sie tagelang durch die Berge irrt auf der Suche nach Mann und Kind, ohne eine Spur von beiden zu finden. Nach ihrer Rückkehr in die Zivilisation muss Jane feststellen, dass auch dort alle Menschen mit einem Y-Chromosom verschwunden sind. Verstört sucht sie nach der einzigen Person aus ihrer Vergangenheit, der sie vertraut: Evangelyne, die Anführerin einer politischen Bewegung, mit der sie früher eine Freundschaft verband. Da tauchen verstörende Videos auf, die Jane einen Weg zeigen, ihre Familie zurückzuholen.

„Etwa gegen zwanzig Uhr schlief ich ein. Unten im Tal, in der Welt der Menschen, riefen die ersten Frauen die Polizei. Sie rannten durch ihre Häuser und brüllten Namen. Sie klopften hilfesuchend an die Haustüren der Nachbarn, nur um festzustellen, dass auch die Nachbarinnen Namen rufend durchs Haus rannten. Sie fuhren zu den Polizeiwachen und fanden sie hell erleuchtet und leer vor, die Türen offen stehend. Kleinflugzeuge fielen vom Himmel.“ (Seite 8)

Das Buch beginnt aus der Sicht von Jane, die als einzige als Ich-Erzählerin fungiert, obwohl ihre Perspektive bald nicht mehr allein im Vordergrund steht, allerdings nimmt sie überwiegend den meisten Raum im Buch ein. Nach und nach führen alle Wege zu Evangelyne, einer verurteilten Kriminellen, deren Straftaten aber man tatsächlich umgekehrt sehen kann, denn dem gesunden Menschenverstand nach war sie das Opfer, dem Unrecht geschehen ist. Plötzlich dreht sich alles um sie, die Frauen umkreisen Evangelyne, wie die Bienen den Honig, sie ist die unangefochtene Königin.

Ab da wird es etwas verwirrend für mich, ich bin zwar immer noch fasziniert von der Ausgangssituation, will unbedingt erfahren, was den Frauen zugestoßen ist, bevor die Männerwelt so plötzlich verschwand, was ebenfalls einer Aufklärung bedarf, merke aber langsam, dass ich nicht mehr mitkomme. Die folgenden Ereignisse kühlen mein Interesse deutlich runter, es wird erklärt und seziert, aber so richtig verstanden habe ich die Auflösung nicht. Aus einer Dystopie ist eine Fallstudie entstanden, die das Thema verfehlt und mich ratlos zurücklässt. Schade, aber so gänzlich überzeugt mich das Buch insgesamt leider nicht.

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