Ein kleines Buch, das große Weisheiten über das Altern und das Leben enthält
"Hier sitze ich und atme. Und altere. Und altern heißt nicht: noch nicht tot sein. Es ist ein ganz normaler Teil des ganz normalen Lebens. Und gar nicht so schlecht. Jungsein war schlimmer. Ins Jungsein ...
"Hier sitze ich und atme. Und altere. Und altern heißt nicht: noch nicht tot sein. Es ist ein ganz normaler Teil des ganz normalen Lebens. Und gar nicht so schlecht. Jungsein war schlimmer. Ins Jungsein bin ich ahnungslos reingerasselt, das Alter kam Schritt für Schritt, man ahnt ungefähr, was einem blüht, auch wenn man den Gedanken daran so lange wie möglich verdrängt." - Buchzitat, Seite 20
In ihrem Essay „Altern“ beschäftigt sich Elke Heidenreich auf persönliche und ehrliche Weise mit einem Thema, das uns alle betrifft: das Älterwerden. Sie reflektiert, was das Alter für sie bedeutet, wie sich das Leben dadurch verändert und wie wir diesen Lebensabschnitt annehmen können. Mit viel Lebensklugheit und einer Prise Humor regt sie zum Nachdenken an, ohne dabei die Leser:innen zu erschrecken. Heidenreich, geboren 1943 in Essen, begann ihre Karriere als freie Autorin, Hörfunkmitarbeiterin und Moderatorin. Bekannt wurde sie nicht nur durch ihre Sendungen, sondern auch durch zahlreiche erfolgreiche Bücher wie „Darf's ein bisschen mehr sein?“. Heute lebt sie in Köln und der Eifel.
Worum geht's genau?
In ihrem Buch wirft Elke Heidenreich einen Blick zurück auf ihr eigenes Leben, mit all den Entscheidungen, Erlebnissen und Beziehungen, die sie geprägt haben. Sie behandelt zentrale Themen wie die Akzeptanz des körperlichen Verfalls, den Umgang mit Schmerzen und Einschränkungen sowie die Frage, wie man auch im Alter das Leben genießen kann. Heidenreich bleibt dabei stets persönlich und teilt Geschichten aus ihrem eigenen Leben, etwa über das Rauchen, schnelle Fahrten und ihre Liebesaffären. Dabei geht es nicht nur um das Älterwerden selbst, sondern auch um die Erkenntnisse, die das Alter mit sich bringt. Schließlich, so Heidenreich, trägt man im Alter die Konsequenzen all dessen, was man getan hat, aber man findet auch mehr Gelassenheit und Freude an den kleinen Dingen.
Meine Meinung
Als Leserin, die mit knapp 30 Jahren noch nicht viel über das Thema „Altern“ nachgedacht hat, war ich zunächst unsicher, ob dieses Buch für mich geeignet ist. Doch der Klappentext und die vielen wohlwollenden Rezensionen haben meine Neugier geweckt, und ich wurde nicht enttäuscht. Die kurzen Kapitel und die überschaubaren 112 Seiten machen es zu einer leicht zugänglichen Lektüre, die man problemlos in einem Rutsch durchlesen kann – oder, wie ich es vorhabe nachdem ich es das erste Mal komplett verschlungen habe, immer mal wieder zur Hand nimmt, um sich neue Gedanken zu holen.
Heidenreichs pointierte Sprache hat mich sofort gefesselt. Sie erzählt mit einer Leichtigkeit, die trotz des ernsten Themas nie bedrückend wirkt. Besonders gefallen hat mir, wie sie die verschiedenen Facetten des Alterns anspricht, ohne zu moralisieren. Sie geht ehrlich mit den körperlichen Veränderungen und Einschränkungen um, vermittelt dabei aber immer auch die Botschaft, dass es wichtig ist, sich zu akzeptieren und weiterhin aktiv am Leben teilzunehmen. Der Körper mag altern, aber wie sie selbst schreibt: „Das meiste ist vollkommen unwichtig. Man sollte einfach atmen und dankbar sein.“ (Seite 82).
Die Reflexionen über ihr eigenes Leben und die Akzeptanz von Versäumnissen oder Fehlern fand ich besonders berührend. Sie betont, dass man nicht alles richtig machen kann, aber dass es genauso wichtig ist, die guten Dinge wertzuschätzen – beruflichen Erfolg, erfüllte Beziehungen und die Glücksmomente, die das Leben bereithält. Gleichzeitig bleibt Heidenreichs Blick auf die Gesellschaft kritisch, vor allem was den Umgang mit Älteren angeht. Sie spricht sich gegen das Streben nach ewiger Jugend aus, etwa durch Schönheitsoperationen, und fordert mehr Wertschätzung für die Individualität älterer Menschen.
Eine besonders schöne Passage im Buch beschäftigt sich mit der inneren Jugend, die trotz des Alters bestehen bleibt. Heidenreich beschreibt den 96-jährigen Schriftsteller Julien Green, der sich emotional wie ein 16-Jähriger fühlt, und auch diese Vorstellung hat mir gefallen. Dass das Herz auch im hohen Alter jung bleiben kann, ist eine tröstliche und inspirierende Idee.
Fazit
„Altern“ ist ein wunderbar ehrliches, lebenskluges Buch, das ich jeder und jedem nur empfehlen kann. Heidenreich hat es geschafft, ein so sensibles Thema mit viel Wärme und Humor zu behandeln, ohne dabei die Realität des Alterns zu beschönigen. Ich werde das Buch definitiv noch einmal lesen, da es mir viele wertvolle Gedanken mit auf den Weg gegeben hat. 5 von 5 Sternen.