Düsterer, ernster, erotischer und insgesamt deutlich weniger wholesome!
Handlung: Ali Hazelwood hat sich mittlerweile bei mir zur Autobuy-Autorin aufgeschwungen, deren Neuerscheinungen eingekauft werden, ohne auch nur den Klapptext durchzulesen. Denn bei ihren Büchern weiß ...
Handlung: Ali Hazelwood hat sich mittlerweile bei mir zur Autobuy-Autorin aufgeschwungen, deren Neuerscheinungen eingekauft werden, ohne auch nur den Klapptext durchzulesen. Denn bei ihren Büchern weiß man einfach genau, womit man rechnen muss: vielschichtige Figuren, ein clever-humorvoller Erzählstil, pointierte STEM-Kommentare und prickelnde Liebesgeschichten. Auch "Not in Love" hat all das zwar, weicht aber ansonsten stärker vom sonstigen Schema ihrer Bücher ab, als ich das erwartet hatte. Denn die Geschichte von Eli und Rue ist düsterer, ernster, erotischer und insgesamt deutlich weniger wholesome als die Vorgängerbände. Außerdem steht die Wissenschaft etwas weniger im Vordergrund als bei ihren anderen Science-Büchern. Es geht zwar um das grobe Feld der Lebensmitteltechnologie, im Fokus steht aber nicht Rues Arbeit als Biotech-Ingenieurin, sondern rechtliche/finanzielle Themen wie Patentrecht, geistiges Eigentum und Unternehmenspolitik. Zusätzlich ist der gesamte Handlungsstrang rund um Kline und die Übernahme durch Harkness recht zurückgeschraubt und lässt sehr viel Raum für die Figuren und die Entwicklung ihrer Beziehung. Dadurch lässt sich auch erklären, dass einige Entwicklungen der Rahmenhandlung ein wenig vorhersehbar waren.
Figuren: Ebenfalls etwas anders als bei ihren Vorgänger-Büchern sind die Hauptfiguren angelegt. Ali Hazelwood erzählt hier abwechselnd aus der Perspektive von Eli und Rue, legt uns LeserInnen aber ein paar Steine in den Weg. Beide Figuren haben in der Vergangenheit schwierige Erfahrungen gemacht und sind deshalb nur eingeschränkt emotional zugänglich. Besonders Rue hält ihre Emotionen aus Selbstschutz stark zurück und beschränkt sich auf wenige enge Freundschaften und auf rein körperliche Beziehungen. Als sie Eli trifft und dieser nicht nur bei dem absoluten ökonomischen Gegner arbeitet, sondern auch eine ihrer Freundschaften auf die Probe stellt und ihre emotionale Festung ins Wanken bringt, tut sie alles dafür, um allen - inklusive sich selbst - klarzumachen, dass sie nicht mehr will als eine Affäre und der Titel des Buches hier Programm ist "Not In Love". Eli hingegen ist vom ersten Moment an hin und weg von Rue und würde sie vom Fleck weg heiraten, wenn er könnte. Da dadurch zwei Extreme aufeinandertreffen und zunächst in keiner der beiden Perspektiven nachvollziehbare und greifbare Emotionen geschildert werden, habe ich zu Beginn erstmal eine Weile gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen und ein Gefühl für die beiden zu bekommen. Dass ihre Beziehung zunächst rein körperlich ist, ergibt vor diesem Hintergrund zwar durchaus Sinn, leider hat mir aber ein langsamer Aufbau der Emotionen und dadurch die wirkliche Spannung zwischen den beiden gefehlt. Dafür ist die Entwicklung der beiden danach aber umso süßer!
Schreibstil: Denn durch die ernsteren Themen wie Armut, Hunger, frühe Verantwortung, schwierige Beziehung zu Geschwistern, verletztes Vertrauen und Ideenklau sowie der größere Fokus auf die Figuren, kann Ali Hazelwood hier eine deutlich mitreißendere, tiefgründigere, emotionalere und verletzlichere Geschichte erzählen. Dennoch schreibt die Autorin auch hier wie immer herrlich nerdig, unterhaltsam frisch und mit großartigem Humor, sodass ich geradezu durch die Seiten geflogen bin. Viel zu sehr gefreut habe ich mich auch über kleine Easter-Eggs aus ihren anderen Büchern (z.B. über die Erwähnung von Mallory und Sawyer aus "Check & Mate").
Die Zitate
"My first impression of him was probably highly similiar to other´s first impressions of me . with the caveat that serious, unsmiling men tended to be considered consummate professionals, while serious, unsmiling women were often written of as haughty shrews.”
"The breeze picked up between us, and he kept looking, looking, looking. Looking. "It´s unsettling when you do that," I sad softly. He turned away, chest heaving. "I´m sorry. I forget to look at other things, when you´re around."
"But I loved my body, even in its flaws. I loved the things it could do on the ice and off, the pleasure it was capable of, the way it looked in the dresses I enjoyed buying. I loved thta it had kept going through my first eighteen years despite the adversities it had faced. And I loved that Eli liked it aas much as I did."
"We tell each other the kinds of stories that we couldn´t tell anyone else, because they´d make people unfomfortable, or sad, or feel like they need to laugh politely, minimize, comfort. We share horrible things that we have done, that have been done to us, and then we wait and see if the other is going to be so appalled that they finally leave - but somehow that never happens. We don´t make small talk. We cut through flesh and show the stories that live in our skeletons."
"Had anything felt better that making her smile when she´d been crying only moments ago? It was fucking intoxicating. Screw science of finance - this could be his craft. He could spend the next few years learning the nooks and crannies of her moods, studying her temperament, cataloging her disposition in all its little idiosyncrasies, and once he´d accrued an adequate body of research, it would be his mission and his pleasure: make Rue Siebert happy."
Das Urteil
"Not in Love" von Ali Hazelwood überzeugt mit einer düstereren, erwachseneren Handlung und komplexen Figuren. Trotz geringerem Wissenschaftsbezug und anfänglichen Zugangsproblemen zu den Figuren bietet die Geschichte tiefgründige Entwicklungen und Hazelwoods gewohnt humorvollen, fesselnden Stil.