Nominiert für den Österreichischen Buchpreis 2024
Ein soghafter Roman über die zerstörerische Kraft des Ungesagten. »Einzigartig und nervenzerfetzend.« Doris Knecht
Pia und Jakob sitzen im Klassenzimmer der 2B, ihnen gegenüber die Lehrerin ihres Sohnes. Es habe einen Vorfall gegeben, mit einem Mädchen. Pia kann zunächst nicht glauben, was ihrem siebenjährigen Kind da vorgeworfen wird. Denn Luca ist ein guter Junge, klug und sensibel. Sein Vater hat daran keinen Zweifel. Aber Pia kennt die Abgründe, die auch in Kindern schlummern, das Misstrauen der anderen erinnert sie an ihre eigene Kindheit. Sie lässt ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und sieht einen Menschen, der ihr von Tag zu Tag fremder wird. Bei dem Versuch, ihre Familie zu schützen, wird Pia schließlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Ein fesselndes psychologisches Drama über die Illusion einer heilen Kindheit.
Meine Meinung:
Dieses Buch ist eines der spannendsten und psychologisch innovativsten Werke, welche ich in den letzten Jahren lesen durfte. Denn die Schriftstellerin Jessica Lind spielt nicht nur mit ihren ...
Meine Meinung:
Dieses Buch ist eines der spannendsten und psychologisch innovativsten Werke, welche ich in den letzten Jahren lesen durfte. Denn die Schriftstellerin Jessica Lind spielt nicht nur mit ihren Lesern, sondern treibt auch ihre Charaktere an den Rande des Neuen und sie lässt sie Wege gehen, die der Leser nicht vorher sieht und die einfach neugierig machen.
Wie die Autorin es in diesem Buch schafft die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verweben und dabei so psychologisch raffinierte Sequenzen und Zweifel streut, ist an Spannung kaum zu überbieten. Denn zwar ist dies ein psychologischer Roman, der dramahafte Züge hat, doch dabei ist er so spannend wie ein kluger Thriller, bei dem man sich stetig fragt, was denn nun als nächstes passiert oder was hier wirklich hinter allem steckt.
Hinzu kommt ein herausragend guter Schreibstil, durch den man die Intelligenz der Autorin spürt, denn nur so kann dieses Buch so grandios funktionieren, wie diese Geschichte es tut.
Einzig und allein mit den letzten 50 Seiten war ich nicht unbedingt so zufrieden. Diese wirkten für mich zu übereilt und zu schnell zu einem Ende gebracht, das in meinen Augen die psychologische Raffinesse des restlichen Buches vermissen ließ.
Jessica Linds erstes Buch hatte schon einen mysteriösen, psychologischen Ansatz. In ihrem neuen Buch ist das psychologische auch stark enthalten.
Die Protagonistin ist eine junge Mutter. Als es in der ...
Jessica Linds erstes Buch hatte schon einen mysteriösen, psychologischen Ansatz. In ihrem neuen Buch ist das psychologische auch stark enthalten.
Die Protagonistin ist eine junge Mutter. Als es in der Schule zu einem Vorfall um ihren Sohn und einer Mitschülerin kommt, beginnt sie, ihrem Sohn zu misstrauen und steigert sich immer mehr hinein.
Dazu gehört auch, dass ihr eigenes Kindheitsdrama um ihre Schwestern und ihrer tragischen Trennung wieder in ihr Bewusstsein kommt.
Damals starb ihre jüngste Schwester und die andere Schwester, die adoptiert war, entfernt sich von der Familie. Diese Adoptivschwester Linda ist übrigens eine großartig gemachte, lebensechte Figur, wie man sie nicht in jedem Roman findet.
Jetzt stellt sich die Frage, ob die ganzen Erinnerungen helfen, die aktuelle Situation zu bewältigen und sich auch den alten Geschehnissen zu stellen.
Das fand ich schon sehr überzeugend, daher denke ich, dass die Autorin Jessica Lind ein großes Potential für auch kommende Bücher von Bedeutung haben wird.
Dieses Buch ist mir durch den Titel „Kleine Monster“ aufgefallen. Da kann man viel hineininterpretieren. Handelt es sich um einen Thriller oder gar einen Horrorroman? Doch nach dem Lesen des Klappentextes ...
Dieses Buch ist mir durch den Titel „Kleine Monster“ aufgefallen. Da kann man viel hineininterpretieren. Handelt es sich um einen Thriller oder gar einen Horrorroman? Doch nach dem Lesen des Klappentextes stellte sich heraus, nichts von alle dem. Mit „Kleine Monster“ ist hier etwas ganz anderes gemeint.
Es geht um Luca, das einzige Kind von von Pia und Jakob. Lucas Grundschullehrerin bitte um ein Gespräch, denn es gab einen Vorfall mit einer Mitschülerin. Was genau passiert ist, bleibt aber unklar. Doch für das Umfeld ist der Schuldige Luca, denn er ist der Junge. Und Mädchen lügen bei so etwas ja nicht.
Während Jakob sicher ist, dass Luca nichts böses oder verwerfliches getan hat, ist sich Pia nicht wirklich sicher. Für sie es vor allem ein Problem, das Luca nichts dazu sagt. Sein Schweigen deutet sie als Schuld.
Dieses Ereignis rührt bei Pia zudem ein Kindheitstraumata auf; auch hier geht es um Schweigen und Schuld.
Mich hat das Buch wirklich in seinen Bann gezogen. Die Zerrissenheit von Pia war absolut greifbar und manchmal schwer zu ertragen.
Eine ungewöhnliche Geschichte, der ich gerne eine Leseempfehlung ausspreche.
Der Roman beginnt mit einer sicher gar nicht so seltenen Begebenheit : Ein Anruf aus der Schule : der siebenjährige Luca habe eine Verfehlung begangen.
Die Eltern Pia und Jakob sind leicht genervt, die ...
Der Roman beginnt mit einer sicher gar nicht so seltenen Begebenheit : Ein Anruf aus der Schule : der siebenjährige Luca habe eine Verfehlung begangen.
Die Eltern Pia und Jakob sind leicht genervt, die Lehrerin einigermassen besonnen und der Junge schweigt.
Und noch bevor Ursachen und Hintergründe der >>kindlichen Sandkastenspiele<< aufgeklärt sind, wenden sich die ach so empörten Eltern der anderen Kinder aus der Klasse von Pia und Jakob ab und entfernen diese mal eben aus der Chatgruppe.
Zu den sich hieraus ergebenden Problemen aber kristallisiert sich ein weiteres heraus : das schwelende Misstrauen der Mutter Pia gegenüber ihrem Sohn Luca :
Was hat dieser wirklich getan und wozu könnte er noch fähig sein ?
Gehört er gar zu den >>Kleinen Monstern<< ?
Diesen und anderen Fragen geht die österreichische Drehbuchautorin und Schriftstellerin Jessica Lind (nicht verwand mit Hera Lind) in ihrem zweiten Roman eindringlich nach.
Schicht um Schicht wird hierbei offengelegt, dass das eigentliche Problem bei Pia selber liegt. In ihrer Kindheit gab es ein tragisches Ereignis : den Tod ihrer kleinen Schwester Linda. Wer trägt die Schuld daran ? Vielleicht ihre Schwester Romi, welche ihre Eltern im Alter von 14 Monaten aus einem Heim buchstäblich gerettet und hernach adoptiert haben ?
Die später abgebrochene Beziehung zu Romi wird immer ambivalent bleiben, dazu trägt auch das Verhalten ihrer Eltern bei, die Pia mit Sätzen wie jenen ihrer Mutter
>>Dich habe ich geboren, aber Romi habe ich mir ausgesucht. Sie ist unser Wunschkind.<< lebenslang mit Zweifeln zurücklassen und die sich ohnehin in einen Kokon eingewoben haben, den die Aura des Ungesagten umspannt.
Und so erleben wir eine zunehmend aufgewühlte Pia, die selbst vor der Intimität ihrer Mannes zurückschreckt und die besonders ihrer Sohn nicht mehr aus den Augen lässt. Argwöhnisch und gepeinigt von unterschwelligen bedrohlichen Empfindungen beobachtet sie ihn beim Spielen mit seiner kleinen Cousine : wieso wirkt er so zärtlich und beruhigend auf sie ein, wird er ihr gar etwas antun wollen ?
Dies ist, eingewoben in die Rückblenden zur Kindheit, meisterlich und psychologisch dicht erzählt, immer auch an der Grenze zum schwarzen österreichischen Humor und mit einer zunehmenden Dramatik.
Unheimlich stark wird hierbei das Verhältnis Mutter - Sohn im auf und ab der Unsicherheit und Zerrissenheit der Gefühle zwischen Liebe, Wut und Hass beschrieben, so dass dem Leser einmal mehr der Atem stockt.
Der Roman mit dem eindringlichen Cover erscheint im Juli 2024 bei Hanser und belegt nachdrücklich, dass wir die Muster und Verhaltensweisen unserer eigenen Kindheit nicht so einfach abschütteln können. Doch ohne die Auseinandersetzung mit unseren unbewusst auf die eigenen Kinder projizierten Schwächen werden wir deren Vertrauen nicht erlangen und mithin selbst Teil der Probleme bleiben und unsere Kinder darunter erneut verunsichert zurücklassen.
Ein Familienroman der etwas anderen Art und eine klare Leseempfehlung für Freunde psychologisch hochwertiger Literatur.
Was hat der siebenjährige Luca getan? Diese Fragen stellen sich seine Eltern, nachdem es einen Vorfall in der Schule mit einem Mädchen gab. Während Jakob, der Vater von Luca, keinen Zweifel daran hat, ...
Was hat der siebenjährige Luca getan? Diese Fragen stellen sich seine Eltern, nachdem es einen Vorfall in der Schule mit einem Mädchen gab. Während Jakob, der Vater von Luca, keinen Zweifel daran hat, dass es sich um ein Missverständnis handelt, ist sich Pia, Lucas Mutter, da nicht so sicher. Denn Pia weiß aus ihrer eigenen Vergangenheit, zu was Kinder fähig sein können.
Jessica Lind versteht es in kurzen und knappen Sätzen die Leser zu fesseln. Man dringt von Kapitel zu Kapitel immer tiefer in die Geschichte vor und versteht so langsam, mit welchen Geistern sich die Protagonisten herumschlagen müssen. Färbt unsere eigene Kindheit auf die unserer Kinder ab? Kann sich Geschichte wiederholen? Können Kinder wirklich "Kleine Monster" sein? Wie sich die Autorin diesen Fragen mit einer Präzision nähert und immer wieder kleine Details einstreut, die einen erschaudern lassen, ist schon ziemlich genial.
Ich konnte das Buch jedenfalls kaum aus der Hand legen und kann es somit nur weiterempfehlen. Für mich ein Highlight!