Schwarzer Humor in Kombination mit einem ernsten Thema
Der Einstieg in die Geschichte ist trotz der schwierigen Umstände, in denen sich die Icherzählerin Sally befindet, humorvoll und leicht gehalten. Sofort ist mir Sally sympathisch, und ich empfinde tiefes ...
Der Einstieg in die Geschichte ist trotz der schwierigen Umstände, in denen sich die Icherzählerin Sally befindet, humorvoll und leicht gehalten. Sofort ist mir Sally sympathisch, und ich empfinde tiefes Verständnis für die Situation, in die sie sich unabsichtlich manövriert hat. Ihr prügelnder und psychisch gewalttätiger Ehemann Jim hat Bekanntschaft mit Sallys Bratpfanne gemacht – einem Erbstück ihrer geliebten Großmutter. Diese Begegnung hat Jim das Leben gekostet.
Obwohl Sally von einem erdrückenden schlechten Gewissen geplagt wird und der emotionale Zwiespalt mitfühlend ausgearbeitet ist, drängt sich ein Gedanke immer wieder bei ihr auf. Soll sie nach Jahrzehnten der Unterdrückung für ihre Tat ins Gefängnis? Sally empfindet das als ungerecht und beschließt, dass Jim verschwinden muss. Doch wie kann sie das anstellen, ohne dass jemand erfährt, was wirklich geschehen ist?
Ein Mann zum Vergraben spielt während des großen Lockdowns und thematisiert nicht nur den alarmierenden Anstieg häuslicher Gewalt in dieser Zeit, sondern bietet auch die Gelegenheit, etwas Totes möglichst unauffällig verschwinden zu lassen. Mit viel Humor und einem feinen Gespür für die kleinen Dinge des Lebens wird nicht nur die Frage behandelt, wie der misshandelnde Ehemann effektiv aus dem Leben scheiden kann, sondern auch, wie er für immer aus der Welt verschwindet.
Natürlich sollte dieser Roman nicht wörtlich genommen werden – Mord ist und bleibt keine Lösung. Dennoch finde ich das Gedankenspiel faszinierend, das an manchen Stellen bewusst übertrieben und überspitzt dargestellt wird. Besonders spannend wird es, als sich zur mordenden Sally noch andere Frauen gesellen, die alle ihre eigene Odyssee hinter sich haben und gute Gründe für ihre Taten mitbringen. Ob absichtlich oder nicht, so mancher Mann verliert hier sein Leben.
Sally selbst erzählt von ihrer Ehehölle, dem tödlichen Missgeschick und der plötzlichen Freiheit, so zu leben, wie sie es möchte. Auf humorvolle Weise wird erläutert, welche Schwierigkeiten auf eine Frau nach einer solchen Tat warten – es geht nicht nur um praktische Fragen, sondern auch um eine Vielzahl an Emotionen.
Um aufzuzeigen, dass das Problem der häuslichen Gewalt in allen Gesellschaftsschichten und
Kulturen präsent ist, führt Alexia Casale noch weitere Figuren ein. Deren Sicht wird vom personalen Erzähler begleitet, sodass eine klare Abgrenzung zwischen Sally und den Frauen stattfindet, gleichzeitig aber auch das Thema facettenreich und die verschiedensten Gründe für diese Gewalt durch Männer beleuchtet werden kann.
Die vielschichtigen Charaktere wachsen mir alle an Herz und es fällt mir schwer, die teilweise sehr kreativen Mörderinnen zu verurteilen.
Die Kapitel in Ein Mann zum Vergraben spielt haben eine angenehme Leselänge, und die Titel geben bereits einen kleinen Vorgeschmack darauf, was mich erwartet. Die unterschiedlichen Perspektiven und Handlungsstränge sind äußerst interessant. Ich mag, wie Alexia Casale alles nach und nach schlüssig miteinander verknüpft. Lange Zeit habe ich keine Ahnung, wie die Frauen den Tod ihrer Männer verschleiern wollen und welche Lösung sie letztendlich für die Entsorgung finden.
Ihre Idee finde ich sehr kreativ und amüsant, auch wenn ich die kleine finale Überraschung schon früh vorhergesehen habe. Das stört mich jedoch nicht, denn sie rundet Ein Mann zum Vergraben spielt perfekt ab und lässt mich mit einem feinen Lächeln auf den Lippen zurück.
Fazit:
Der Roman besticht durch seinen schwarzen Humor und die tiefgründige Auseinandersetzung mit dem ernsten Thema der häuslichen Gewalt. Die sympathischen Charaktere und die geschickte Erzählweise machen Ein Mann zum Vergraben spielt zu einer fesselnden Lektüre, die zum Nachdenken anregt.