Blue Sisters: Ein bewegender Roman über Trauer, (Schwestern-)Liebe und Neuanfang
"Jemanden am Anfang und am Ende zu lieben, war einfach; die Zeit dazwischen war das, was so schwierig war. "Ich liebe dich auch", sagte Avery. "Ohne das Auch." Lucky lächelte. Das war etwas, was Nicky ...
"Jemanden am Anfang und am Ende zu lieben, war einfach; die Zeit dazwischen war das, was so schwierig war. "Ich liebe dich auch", sagte Avery. "Ohne das Auch." Lucky lächelte. Das war etwas, was Nicky immer gesagt hatte. Kein Auch. Nur Liebe."
In "Blue Sisters" erzählt Coco Mellors die bewegende Geschichte von drei Schwestern, die ein Jahr nach dem tragischen Unfalltod ihrer ältesten Schwester Nicky in New York zusammenkommen, um den Verkauf ihres Elternhauses zu verhindern. Während sie versuchen, ihre Trauer zu bewältigen und ihre Leben wieder in den Griff zu bekommen, zeigt sich, wie tief die Wunden sind, die Nicky hinterlassen hat. Coco Mellors, die in London und New York aufgewachsen ist, hat bereits mit ihrem Debütroman "Cleopatra und Frankenstein" große Erfolge gefeiert. Mit "Blue Sisters" beweist sie erneut ihr Talent, vielschichtige und emotional tiefgehende Geschichten zu erzählen.
Worum geht's?
Der Roman beginnt ein Jahr nach Nickys Tod, als die Schwestern Avery, Bonnie und Lucky sich in New York treffen. Avery, die älteste der verbleibenden Schwestern, versucht, die Familie zusammenzuhalten, kämpft aber selbst mit den Folgen von Nickys Tod. Bonnie, die mittlere Schwester, ringt mit ihren eigenen Schuldgefühlen und der Frage, ob sie jemals die Familie haben wird, die sie sich wünscht. Lucky, die jüngste, versucht, ihre Trauer durch exzessiven Lebensstil und riskantes Verhalten zu verdrängen. Jede der Schwestern hat ihre eigene Art, mit dem Verlust umzugehen, und im Verlauf des Romans werden ihre individuellen Geschichten und Kämpfe beleuchtet. Durch Rückblenden und Erinnerungen wird auch Nickys Präsenz im Leben der Schwestern spürbar, und langsam zeigt sich, wie jede von ihnen versucht, aus dem Chaos einen neuen Weg zu finden.
Meine Meinung
Nachdem mich Coco Mellors' erster Roman - obwohl ziemlich gehypt - inhaltlich nicht besonders angesprochen hatte und ich ihn deshalb auch nicht gelesen hab, war ich bei "Blue Sisters" aufgrund des vielversprechenden Klappentexts sehr gespannt – und wurde nicht enttäuscht. Der Roman hat mich tief bewegt, ja regelrecht überwältigt. Besonders beeindruckend fand ich, wie es der Autorin gelungen ist, eine Vielzahl komplexer Themen wie Familie, Trauer, Schuldgefühle, Suchterkrankung, Verantwortung und Mutterschaft in die Geschichte zu verweben. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive einer der drei Schwestern erzählt, was es ermöglicht, eine enge Verbindung zu jeder der Figuren aufzubauen. Die Charaktere sind so lebendig und authentisch beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, echte Menschen kennenzulernen. Besonders Avery, die älteste Schwester, hat mich durch ihre Geschichte und Persönlichkeit gefesselt – vielleicht, weil ich selbst die älteste Schwester bin.
Der Roman umfasst über 400 Seiten - also kein dünnes Büchlein - aber der Spannungsbogen bleibt konstant, sodass ich das Buch in nur zwei Tagen verschlungen habe. Die Handlung spielt in verschiedenen Städten wie London, Paris, New York und Los Angeles - quasi für jede der Schwestern eine Stadt und New York, das alle miteinander verbindet. Die Dynamik zwischen den Schwestern, die einerseits kaum unterschiedlicher sein könnten, aber gleichzeitig tiefe emotionale Verbindungen zueinander haben, wird sehr feinfühlig und scharfsinnig beschrieben. Besonders gelungen fand ich die Art und Weise, wie die verstorbene Nicky trotz ihres physischen Fehlens im Buch präsent bleibt – durch die Erinnerungen und Emotionen ihrer Schwestern. Der Schreibstil von Coco Mellors ist flüssig und wunderbar zu lesen, was das Buch zu einem echten Lesevergnügen macht. Auch wenn ich das Cover der deutschen Ausgabe schön finde, gefällt mir das englische Cover, auf dem alle vier Schwestern abgebildet sind, noch besser.
Fazit
"Blue Sisters" ist ein fesselnder und tiefgründiger Roman, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat. Die Autorin schafft es, schwere Themen mit einer solchen Feinfühligkeit und Ehrlichkeit zu behandeln, dass man sich den Charakteren sehr nah fühlt. Für mich ist es definitiv ein 5-Sterne-Buch, das ich jedem empfehlen kann, der Geschichten über Familie, Verlust und das Finden neuer Wege liebt. Ihr 1. Buch werde ich nach diesem Banger auf jeden Fall auch noch lesen.