Hatte etwas mehr erwartet ...
Die Idee klang gut, denn das Thema "Familie" mit all seinen positiven und negativen Seiten betrifft uns ja schließlich alle mehr oder weniger. Besonders wenn man selbst im "mittleren" Alter ist und die ...
Die Idee klang gut, denn das Thema "Familie" mit all seinen positiven und negativen Seiten betrifft uns ja schließlich alle mehr oder weniger. Besonders wenn man selbst im "mittleren" Alter ist und die eigenen Eltern bereits Rentner, dann hat man bis dato schon viele Situationen erlebt, die man durchaus in Miriam Böttgers Schilderungen wiederfinden kann. Schwierige Verwandtenkonstellationen, Umzüge, weitreichende Entscheidungen, die man später bereut und vieles mehr - all das ist Inhalt des recht kurzen Romans.
Bei aller Realitätsnähe und manchmal ganz humorigen Betrachtungsweise konnte mich das Geschriebene trotzdem oft nicht so richtig erreichen. Das lag vor allem am etwas anspruchsvollen bis anstrengenden Schreibstil, der sich vor allem oft durch ellenlange Schachtelsätze ausdrückt. So besteht zum Beispiel die gesamte Seite 19 nur aus einem einzigen Satz, das muss man erst mal schaffen. Es führt aber leider dazu, dass man oft im Lesefluss ausgebremst wird und Passagen doppelt lesen muss, damit man den Sinn vollständig erfassen kann.
Das ist kein Buch, das man so locker nebenbei lesen kann. Andererseits ist das aber auch wieder gut und stimmig, wenn man das Thema bedenkt.
Für meinen Geschmack hätte es noch etwas mehr Humor vertragen können, diesen empfinden die Leser wohl auch recht unterschiedlich, je nachdem, in welcher Situation man selbst steckt. So mancher wird es nicht besonders lustig finden, wenn sich offensichtlich wohlhabende Menschen praktisch durchgehend über ihre (als ach so schlimm empfundene) Lebenssituation beschweren.
Positiv fand ich an dem Buch, dass die Autorin wirklich gut beschrieben hat, wie seltsam wir uns doch oft verhalten. Zwischenmenschliche Beziehungen in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen, die Auswirkungen psychischer Erkrankungen, die fließenden Grenzen zwischen Normalität und alltäglichem Wahnsinn, all das findet man in diesem Roman. Treffend zu Papier gebracht und am Ende dann doch noch sehr emotional, was vorher vielleicht etwas zu kurz kam.
Aufgrund des etwas schwierigen Schreibstils ist bei mir nach dem Zuklappen des Buches nicht wirklich viel hängen geblieben, was ich angesichts der Thematik doch schade fand. Kann man lesen, ist aber für meinen Geschmack kein Muss.
3,5 Sterne