ÜBER ZWEI MENSCHEN, DIE EINANDER HALT GEBEN, IN EINER ZEIT, DIE HALTLOS IST
Er ist ehemaliger Informatiklehrer, arbeitet an der Entwicklung von Computerspielen und schreibt; schreibt an seinem Wörterbuch der Verluste, in dem er festhält, was im Laufe der Zeit verloren gehen kann; schreibt von den Haaren, der Stimme, dem Verstand. Er taumelt durch eine Welt, die immer kurz vor der nächsten Katastrophe steht, verdrängt, womit er sich nicht beschäftigen will. Doch dann trifft er auf Mascha, Biologin und Prepperin. Mascha, von der er nicht mehr loskommt. Mascha, die ganz anders als er mit der andauernden Bedrohung umgeht. Sie bereitet sich vor. Gemeinsam ziehen sie sich mehr und mehr zurück, in Maschas Haus auf dem Land. Ein Ort, der sicher ist, sicher scheint, der als Versteck dienen soll. Aber sie bleiben nicht unentdeckt. Eine Füchsin nähert sich ihnen an, begleitet sie auf Spaziergängen, dringt schließlich in das Haus ein; verweilt.
REAL UND FANTASTISCH ZUGLEICH: VON UNSERER GESELLSCHAFT, VON NATUR UND ZIVILISATION, VERFLECHTUNGEN UND VERWICKLUNGEN
Martin Peichl vermag es in poetischer, dichter Sprache von einem Alltag zu erzählen, der weit entfernt und doch so unglaublich nah scheint, vom Zustand unseres Planeten, von ständigen Krisen und einem Zurechtfinden der Menschen und Tiere in dieser Umgebung.
Eindrücklich schreibt er über Trauer und Trost, Liebe und Freundschaft – und über ein Dasein, das gelebt werden will, gelebt werden muss, trotz aller Widerstände.
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„Martin Peichl gehört zu den literarisch interessantesten österreichischen Autoren. Behutsamkeit und Sachlichkeit halten sich in seiner Prosa die Waage, sensibel Wahrgenommenes findet eine klare, übertreibungsfreie Sprache.“
Ö1, Edith-Ulla Gasser
Neben der Rahmenhandlung um Mascha und dem Icherzähler gibt es dazwischen immer wieder Überlegungen und Reflexionen über diverse Details. Das sind oft ungewöhnliche Abschnitte, die einen als Leser stutzen ...
Neben der Rahmenhandlung um Mascha und dem Icherzähler gibt es dazwischen immer wieder Überlegungen und Reflexionen über diverse Details. Das sind oft ungewöhnliche Abschnitte, die einen als Leser stutzen und überlegen lässt.
Der Protagonist ist verstört. Oft erinnert er sich an seinen Freund Paul, der sich umbrachte, hat Sorgen um seine Mutter oder denkt an seine Exfreundin Sophia.
Doch die Beziehung zu Mascha ist ihm wichtig.
Er hat Mascha in einem Birdwatching-Verein kennen gelernt. Sie lebt zurückgezogen in einem Bunker. Leitmotivhaft begleitet eine Füchsin Mascha.
Der Text deutet die Auswirkungen eines problematischen Gesellschaftszustand an.
Es sind nur wir ist ein sorgfältig gemachter, verhaltener, manchmal auch stimmungsvoller Roman!
„Es sind nur wir“ von Martin Peichl
Verlag: Haymon
In diesem Roman, erzählt in der Ich-Form des namenlosen Protagonisten, handelt von einem Informatik-Lehrer, der durch den Suizid seines Schülers Paul ...
„Es sind nur wir“ von Martin Peichl
Verlag: Haymon
In diesem Roman, erzählt in der Ich-Form des namenlosen Protagonisten, handelt von einem Informatik-Lehrer, der durch den Suizid seines Schülers Paul aus der Bahn geworfen wird. Seine Schuldgefühle und seine Trauer nehmen überhand, sein Leben wird immer ausschweifender. Er beginnt abstruse Affären, setzt Sex-Beziehungen unter Alkoholeinfluss fort und überlebt als Entwickler von Computerspielen. Auch arbeitet er sporadisch an einem „Wörterbuch der Verluste“ , welches er auf Karteikarten festhält. Er versucht herauszufinden, auf wie viele Arten man scheitern kann.
Mascha ist Biologin und Prepperin; sie breitet sich in einem Haus mit Bunker am Waldrand auf das Unausweichliche vor.
Eine Füchsin besucht Mascha, das Haus und ihn. Die Füchsin kommt und geht, Mascha beschützt das Tier vor Jägern und die drei gehen eine ungewöhnliche Beziehung ein. Er kommt immer wieder zurück zu Mascha. Ihre Art, ihre Gedanken und unrealistischen Aktionen lassen ihn nicht mehr los. Die beiden ziehen sich immer öfter zurück in das Haus, in den Bunker.
Zwischenzeitlich leert sich die Wohnung unseres Ich-Erzählers in der Stadt; sein Besitz wird immer weniger, nur seine sexuellen Ausschweifungen kann er noch nicht unterbinden.
Der Autor beschreibt in poetischer Sprache ein Szenario des Verlustes, der Obsession und der Trauer. Über eine Welt, die wir nicht sehen möchten; von den Tieren und ihrem Nutzen. Er beschreibt den Kreislauf des Lebens in einer Welt voller Katastrophen, Krisen, Ängsten und Verlusten. Real und surreal wird in flüssigem Schreibstil erzählt, Kapitel um Kapitel zieht uns der Autor in den Bann dieser unglaublichen, fantastischen und zugleich surrealen Geschichte.
Mascha und der Lehrer finden auf ihre Art zusammen und nur die Füchsin findet noch den Weg zu den beiden. Überlebt der namenlose Protagonist den angeblichen Weltuntergang? Nur die Füchsin erhält Gewissheit, doch kratzt die tagelang an der Metalltür und niemand öffnet.
Zwischendrin spürt man die Liebe des Erzählers zur dementen Mutter, zu den Frauen in seinem Leben und Paul, dem jungen, der zu früh gestorben ist.
Martin Peichl beschreibt uns einen Alltag mit Verlusten, den aktuellen Themen des Klimawandels und das politische Geschehen mit seinen Kriegen auf der Erde. Das Ende lässt der Autor geschickt offen, die Gedanken der Leser:innen sind frei und man spekuliert, was nun tatsächlich geschah.
„Wie aber nennt man Das Gegenteil von Massenhysterie, wenn die Welt jeden Tag ein Stück weiter untergeht, wir unbeirrt weitermachen mit dem, was schon seit Jahren nicht mehr funktioniert, wie nennt man diese Ruhe, auf die kein Sturm folgt, nur noch Stille, wie? Vielleicht haben wir noch nicht die Sprache gefunden für das, was uns bevorsteht.“ (Seite 49)
Sehr beeindruckend erzählt mit einem eigenwilligen, unterhaltsamen Schreibstil fesselt der Autor die Leser:innen an die Erzählung.
Realität oder traumhaft-unwirklich, wer kann das schon beurteilen. Mir liegt es fern, hier eine Wahrheit zu finden; ich kann nur sagen, es ist ein außergewöhnliches Buch.