Historischer Thriller | Blutig, abgründig, höllisch spannend - fesselnde Einblicke in die Anfänge der Gerichtsmedizin
Grausam zugerichtete Leichen und ein Mörder wie aus dem dunkelsten Albtraum
Frankfurt im Jahr 1800: Drei auf ungewöhnliche Weise entstellte Leichen versetzen die Stadt in Angst. Gerüchte über religiöse Ritualmorde machen die Runde. Nur zwei erliegen dem alten Aberglauben nicht: Zeitungsredakteur Johann und Manon, deren Vater als Rechtsmediziner die Überreste der Ermordeten obduziert. Die beiden erkennen, dass die Verbrechen die blutige Handschrift eines berüchtigten Mörders tragen – einer Gestalt wie aus dem dunkelsten Albtraum. Man nennt ihn »den Aal«, weil er einst lebensgefährlich verletzt wurde und seine Wunden nur dank der Schuppen eines Aals geheilt werden konnten. Doch der Aal wurde vor Jahren hingerichtet, Johann selbst hat die Enthauptung bezeugt. Bis Manon und er die wahren Hintergründe aufdecken, ist es für beide fast zu spät …
Zeitungsschreiber Johann steht trotz seines schwachen Magens oft in erster Reihe, wenn in Frankfurt Grausames geschieht: Hinrichtungen, Aufstände, ja sogar an Mordschauplätzen ist er vorne mit dabei. Eine ...
Zeitungsschreiber Johann steht trotz seines schwachen Magens oft in erster Reihe, wenn in Frankfurt Grausames geschieht: Hinrichtungen, Aufstände, ja sogar an Mordschauplätzen ist er vorne mit dabei. Eine regelrecht ausgeweidete Frau erhitzt die Gemüter der Frankfurter Bürger, ein Schuldiger ist nicht in Sicht; dafür werden schnell vorgeschobene Sündenböcke gefunden, in der Judengasse nämlich. Arzt Theophil Pontus will Licht in den Fall bringen, ebenso dessen Tochter Manon; die hat als Frauenzimmer eigentlich nicht viel zu sagen, weiß sich aber trotzdem mit klugem Kopf durchzusetzen.
Nora Kain versetzt den Leser mit Leichtigkeit ins Jahr 1800; Gesellschaftsbild, Sozialgefüge und Gedankengut werden wieder lebendig, auch das Stadtbild selbst hat man schnell vor Augen. Gerade der ganz alltägliche Umgang mit Menschen jüdischen Glaubens, aber auch mit Frauen im Allgemeinen lässt einen als Leser schon mal stocken. Willkür, Verachtung und jede Menge Vorurteile sind an der Tagesordnung. Mittendrin Manon, die ihrer Zeit weit voraus scheint, sich aber auch mal den Konventionen beugen muss; zähneknirschend, denn sich unterzuordnen liegt ihr nun wahrlich nicht. Ich mochte ihre Figur sehr gerne, nicht zuletzt deswegen, weil sie die Wahrheit herausfinden will, ohne selbst einen Vorteil daraus zu ziehen. Johann ist ein guter Gegenpol, auch wenn er nicht immer gegen Manon ankommt. Einige weitere Figuren bleiben z.T. etwas blass und auf ihre Funktion für die Handlung reduziert, das hat aber den Lesegenuss nicht merklich geschmälert.
Die Autorin schildert auch grausame Szenen sehr präzise, das muss man als Leser vertragen können. Ich fand auch die medizinischen Details sehr interessant, ebenso Ausschnitte aus Theophils Obduktionsunterlagen. Der Erzählstil an sich ist sehr flüssig, Spannung wird sukzessive aufgebaut, temporeiche Szenen beleben die Handlung zusätzlich, und so entwickelt sich der Thriller schnell zu einem fesselnden Pageturner. Mir hat Frevel richtig gut gefallen. Die Mischung zwischen Historie, medizinischen Hintergründen und dem spannenden Fall selbst ging für mich voll auf. Klare Leseempfehlung!
»Religiös begründete Ritualmorde«, so munkelt man, als drei verstümmelte Leichen auftauchen. Wir schreiben das Jahr 1800, und der Aberglaube ist noch tief in den Menschen verwurzelt. Nur der Journalist ...
»Religiös begründete Ritualmorde«, so munkelt man, als drei verstümmelte Leichen auftauchen. Wir schreiben das Jahr 1800, und der Aberglaube ist noch tief in den Menschen verwurzelt. Nur der Journalist Johann und die Tochter des Gerichtsmediziners Manon erkennen, dass die Morde die Handschrift des vor Jahren hingerichteten Serienmörders »Der Aal« tragen. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Nora Kain ist laut Verlag das Pseudonym einer bekannten deutschen Bestsellerautorin, und man merkt dem Roman die Erfahrung der Autorin auch an. Präzise beschreibt sie die Lebensumstände der Menschen und die örtlichen Gegebenheiten im ausgehenden 18. Jahrhundert. Im Mittelpunkt stehen Johann und Manon, deren Charaktere im Kontrast zu den abergläubischen Vorstellungen ihrer Zeit stehen. Johann ist ein Zeitungsredakteur, der sich in einem Spannungsfeld zwischen journalistischer Verantwortung und den Erwartungen seines Chefs befindet. Er wird dazu gedrängt, sensationelle und blutige Geschichten zu schreiben. Johann hat Schwierigkeiten, mit blutigen und grausamen Szenen umzugehen. Sein empfindlicher Magen und seine Abneigung gegen Blut stehen im direkten Widerspruch zu den Anforderungen seines Berufs, der detaillierte und oft brutale Berichterstattung verlangt. Das macht ihn in meinen Augen allerdings nicht schwach, sondern sehr sympathisch, endlich einmal kein männlicher Held der keine Schwächen hat oder sie zumindest nicht zeigt.
Während die Gesellschaft an übernatürliche Erklärungen glaubt, versuchen er und Manon, rationale Erklärungen für die Morde zu finden. Ihre Suche nach der Wahrheit verdeutlicht den Konflikt zwischen Aberglauben und aufkommender Wissenschaftlichkeit. Manon, die Tochter von Theophil, ist von der Arbeit ihres Vaters fasziniert und zeigt eine unkonventionelle Neugierde, die sie von den gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit abhebt. Ihre aktive Teilnahme an den Ermittlungen und ihre unerschütterliche Entschlossenheit, die Wahrheit zu finden, machen sie zu einer starken weiblichen Figur im Roman. Sie steht symbolisch für den aufkommenden Wandel in der Wahrnehmung von Frauenrollen in der Gesellschaft. Der Zeitungsredakteur wird dazu angehalten, verkaufsfördernde Artikel zu schreiben, was ihn manchmal in Situationen bringt, die den sensiblen Mann an seine Grenzen führen. Manon hingegen ist robuster, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass sie ihrem Vater, dem Rechtsmediziner Theophil Pontus, schon früh bei seiner Arbeit zusah.
Die Autorin spart nicht an blutigen und grausamen Details und beschönigt auch die Lebensumstände der damaligen Zeit in keinster Weise – das muss man aushalten können.
Frevel ist ein spannender und wendungsreicher historischer Krimi, der mich sehr gut unterhalten hat.
Den Schreibstil fand ich ausgesprochen angenehm und er hat sich gut lesen lassen. Der Einstieg ist gelungen und die Perspektivwechsel zwischen den beiden sympathischen Hauptfiguren Manon und Johann haben ...
Den Schreibstil fand ich ausgesprochen angenehm und er hat sich gut lesen lassen. Der Einstieg ist gelungen und die Perspektivwechsel zwischen den beiden sympathischen Hauptfiguren Manon und Johann haben mir gut gefallen. Zum einen hat man dadurch ihre Lebensumstände und Ermittlungsschritte verfolgen können und zum anderen fand ich die Menge an Perspektiven gut. Ich mag es nicht, wenn es so viele Perspektiven sind, dass man den Überblick verliert. Hier konnte ich jederzeit die Personen und die Handlung einordnen. Man merkt, dass die Autorin über ein breites historisches Wissen verfügt und man bekommt sehr viele Informationen geliefert. Das ist allerdings auch mein Kritikpunkt, da es stellenweise doch zu viele Details waren, was das Ganze etwas langatmig machte und die Spannung reduziert hat. Den Fall an sich fand ich sehr interessant und gut konstruiert und sehr passend in die Zeit um 1800 eingebettet. Den kleinen Abzug gibt es für die zu große Menge an Beschreibungen und Details.
Der Umschlagtext mit einer Inhaltsangabe und einem Auszug aus dem ersten Kapitel, und die erste Seite mit einem Auszug aus dem Lehrbuch eines Leichenbeschauers des 19. Jahrhunderts klingen gruselig. Dennoch ...
Der Umschlagtext mit einer Inhaltsangabe und einem Auszug aus dem ersten Kapitel, und die erste Seite mit einem Auszug aus dem Lehrbuch eines Leichenbeschauers des 19. Jahrhunderts klingen gruselig. Dennoch kommt die eigentliche Geschichte ohne einen reißerischen Start aus - die Autorin Nora Kain weiß die Leserinnen trotzdem rasch für ihr Werk zu interessieren. Johann, der junge Zeitungsredakteur in seiner ersten Anstellung, war mir gleich sympathisch, wie er mit sich ringt, als er seine erste Hinrichtung besuchen soll. Man versteht gut die Zwickmühle, in der er steckt. Auf der einen Seite weiß er, dass er sowas nicht sehen kann. Auf der anderen Seite muss er sich dem von Berufswegen stellen und hat zudem noch seinen Chef dabei, der ihn freundlich und deutlich unter Druck setzt. Es wird von Anfang an klar, dass das damalige Leben gefährlich und dreckig war. Man muss sich vor Dieben und Halsabschneidern fürchten und Schmutz, Müll und Ausscheidungen sind überall präsent. Und da ist noch das Rechtssystem, in welchem man schnell schaurige Strafen wie Verstümmelung und Tod erfahren kann, und welches es nicht einmal schafft, diese kurz und knapp zuzuteilen - die Beschreibung der Hinrichtung im ersten Kapitel war mehr als grausam und äußerst plastisch. Auch im weiteren Verlauf werden Verletzungen etc. immer wieder en detail geschildert. Darauf muss man als Leserin gefasst sein. Ich empfand es allerdings meist nicht als aufmerksamkeitsheischend, sondern als in die Geschichte (so und so) passend - das Leben war damals eben so und das erfährt man nun unbeschönigt. Bei der Beschreibung der Mordopfer wurde für mein Empfinden jedoch etwas zu dick aufgetragen. Das sollte wohl rechtfertigen, dass man diesen nach meinem Empfinden angenehm-mäßig spannenden Krimi als Thriller verkauft. Laut Klappentext ist die Autorin Historikerin und nach meiner Meinung hat sie es sehr gut gemacht, die Lebensbedingungen zur dortigen Zeit in die Geschichte einzuflechten. Als Leserin hatte ich das Gefühl, dass sie die Geschichte ausmalen, jedoch nicht dominieren. Ich fand die dargestellte Information sehr interessant und das entstandene Bild wirkte lebensecht und realistisch. Wenig davon hatte ich zuvor gewusst und es wurde deutlich, warum aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wichtig sind. Was mir allerdings fehlte, war als Anhang eine Einordnung: Wer oder was ist real-historisch? Gefreut hat mich die Beschreibung von Manon. Aufgrund des Klappentexts, in dem Manon und Johann kurz dargestellt werden, könnte man meinen, man habe nun wieder dieses typisch-untypische, woke Ermittlerpaar vor sich, in dem der Mann kein Blut sehen kann, die Frau dafür umso mehr; und dass die Frau gegen die Ereignisse nur so stoisch ist, weil mit ihr insgeheim etwas nicht stimmt; wo man sich im Endeffekt über Menschen außerhalb der traditionellen und "normalen" Rolle lustig macht. Stattdessen ist Manon tatsächlich das zu erwartende Produkt ihrer Erziehung. Sie ist abgebrüht, weil sie damit aufgewachsen ist, die Arbeit ihres Vaters, des Leichenschauers und Chirurgen, zu sehen und zu erlernen, und weil sie von ihm außerhalb dieses Rahmens keine Beachtung erhält. Johann auf der anderen Seite wird zwar einerseits als schwächlich und empfindlich dargestellt. Allerdings hat er andere Fähigkeiten und so ergänzen sich die beiden Ermittler sehr gut. Mir hat gefallen, dass die Figuren mehr oder minder vielschichtig sind. Weniger gefallen haben mir die Kapitelübergänge. Zunächst bin ich noch willig mitgegangen, auch wenn eine Szene auf dem Höhepunkt der Spannung verlassen wurde. Schließlich war die folgende Szene ebenso interessant. Als ich dann merkte, dass der Wechsel ins nächste Kapitel kaum anders geht als mit einem Cliffhanger abgeschnitten, hat mich das geärgert und genervt. Einerseits finde ich, ist das ein recht billiger Trick, um die Spannung künstlich zu pushen. Andererseits verliere ich den Faden, und wenn ich dann merke, ich habe keine Lust zurückblättern, um ihn wieder aufzunehmen, dann hat das Buch für mich definitiv etwas verloren. Etwas plump empfand ich es, wie ich als Leserin mancherorts quasi auf den Holzweg geschubst wurde - gemeint sind die Stellen, wo es um unbenannte oder ungeklärte Identitäten geht. Also, für meinen Geschmack sind im Roman ein paar unschöne Kunstgriffe enthalten. Sprachlich missfiel mir der ein oder andere Satz, der arg lang wurde oder gelegentlich eine Stolperstelle enthielt. Es war allerdings wenig, was mich gestört hat. Im Gegenteil empfand ich die Sprache des Buchs eher angenehm. Da gab es wenig Konventionelles in den Ausdrücken und Bildern und beschreibende, erklärende Details wurden sehr gut dosiert und platziert. Das Ende fand ich leider nicht so toll. Obwohl die Auflösung komplexer als gedacht war, war sie insgesamt konventionell und damit billig. Insgesamt habe ich mich aber wenig geärgert, recht gut unterhalten und ich war motiviert, an der Geschichte dranzubleiben. Daher bewerte ich das Buch zusammengenommen mit 4 Sternen.
Dass die "gute alte Zeit" nur eine ungerechtfertigte Verklärung ist, zeigt sich auch in diesem Buch wieder einmal deutlich. Frankfurt im Jahr 1800 ist dreckig, ungesund, gewalttätig und alles andere als ...
Dass die "gute alte Zeit" nur eine ungerechtfertigte Verklärung ist, zeigt sich auch in diesem Buch wieder einmal deutlich. Frankfurt im Jahr 1800 ist dreckig, ungesund, gewalttätig und alles andere als angenehm.
In diesem historischen Krimi wird das alles deutlich und unbeschönigt beschrieben. Drei schlimm zugerichtete Leichen führen zu Verleumdungen, besonders gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Allerdings will der Zeitungsredakteur Johann die ganze Wahrheit hinter allen "Fake News " wissen und stellt Nachforschungen an. Dabei trifft er auf die junge Manon, Tochter eines Arztes und sehr interessiert an allen Verbrechen. Dabei kennt sie weder Furcht noch Ekel, die Neugier ist einfach größer.
Das Buch ist routiniert geschrieben und auch spannend, aber ich fand es ziemlich oberflächlich. Man bekam keinen echten Zugang zu den Personen, sie blieben fremd und auch die Probleme der jüdischen Bevölkerung wurden nur oberflächlich abgehandelt. Da fehlte mir insgesamt die Empathie. Sicherlich steckt viel Recherche zu den historischen Fakten im Buch, trotzdem hat es mich nicht gepackt. Schade um das verschenkte Thema.