Cover-Bild Halbe Leben
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23,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 28.01.2025
  • ISBN: 9783552075238
Susanne Gregor

Halbe Leben

Roman
Klara ist tot, beim Wandern abgestürzt. Bei ihr war nur Paulína, eine Slowakin, die Klara nach dem Schlaganfall ihrer Mutter eingestellt hat.
Endlich war die Mutter versorgt gewesen. Klara konnte sich wieder ihrer Karriere widmen, ihr Mann seine Freiheit genießen. Paulínas eigene Kinder wurden in der Zwischenzeit in der Slowakei von der Schwiegermutter betreut. Alles wunderbar organisiert, alles ganz einfach. Alle mochten Paulína, dankten ihr mit großzügigen Geschenken für Dienste und Extradienste. War man nicht eigentlich sogar schon befreundet?
In einer klaren, unprätentiösen Sprache widmet sich Susanne Gregor den großen Themen, die uns alle betreffen, und erzählt von der Ungleichheit – zwischen zwei Frauen, zwischen zwei Leben.

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Veröffentlicht am 01.03.2025

Eine Pflegerin, eine Karrierefrau und eine kluge Gesellschaftskritik

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"...weder die Alten noch die Pflegenden sind je hier gewesen, es sind die Angehörigen, die hier die Verbindungen knüpfen und die Fäden ziehen. Es sind Klara selbst und die blonde Frau, die mit verschränkten ...

"...weder die Alten noch die Pflegenden sind je hier gewesen, es sind die Angehörigen, die hier die Verbindungen knüpfen und die Fäden ziehen. Es sind Klara selbst und die blonde Frau, die mit verschränkten Armen vor ihr sitzt, die hier Entscheidungen treffen, wie zwei Schachspieler sitzen sie einander gegenüber, bewegen die Figuren auf dem Schachbrett, werfen sie raus, tauschen sie ein." Buchzitat S. 58 (E-Book)
In ihrem Roman „Halbe Leben“ beleuchtet Susanne Gregor die ungleichen Lebensrealitäten zweier Frauen: Klara, eine wohlhabende Karrierefrau, und Paulína, ihre slowakische Pflegerin. Die 1981 in der Tschechoslowakei geborene Autorin kam 1990 nach Österreich und wurde bereits mehrfach für ihre literarischen Werke ausgezeichnet. In klarer Sprache erzählt sie in diesem Roman von Klassengegensätzen, Machtverhältnissen und gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen.

Worum geht’s genau?

Nach dem Schlaganfall ihrer Mutter engagiert Klara Paulína als Pflegerin. Eine scheinbar perfekte Lösung – Klara kann sich wieder ihrer Karriere widmen, während Paulína ihre eigenen Kinder in der Slowakei zurücklässt. Sie wird geschätzt, erhält großzügige Geschenke – fast wie eine Freundin, oder? Doch dann stürzt Klara beim Wandern in den Tod, und es bleiben viele unbeantwortete Fragen.

Gregor erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven, unter anderem aus der Sicht von Paulína, ihrer Söhne und Klaras Familie. Dabei wird die ungleiche Beziehung zwischen den beiden Frauen zunehmend spürbar. Was als pragmatische Lösung beginnt, entpuppt sich als vielschichtige Auseinandersetzung mit Abhängigkeiten und Privilegien.

Meine Meinung

Das Buch war für mich ein Überraschungshit. Der Klappentext hat mich sofort angesprochen, und ich wurde nicht enttäuscht. Der Schreibstil ist einfach, direkt und lässt sich gut nachvollziehen. Die klare Sprache unterstreicht die Gegensätze zwischen den Frauen und bringt die Thematik präzise auf den Punkt.

Besonders beeindruckt hat mich die unterschwellige Spannung, die sich über den gesamten Roman aufbaut. Obwohl von Anfang an klar ist, dass Klara sterben wird, bleibt vieles ungewiss und klärt sich erst gegen Ende auf. Die Dynamik zwischen Klara und Paulína ist eindringlich dargestellt – gerade Klaras fast naive Art im Umgang mit Paulína hat bei mir mit der Zeit Fremdscham und sogar Wut ausgelöst. Der unbewusste Hochmut, mit dem sie ihrer Pflegerin begegnet, zeigt eindrucksvoll, wie Privilegien das Verhalten beeinflussen.

Die Kluft zwischen den beiden Frauen wird von Gregor geschickt herausgearbeitet: Einerseits scheint sie oberflächlich betrachtet gar nicht so groß – beide sind Frauen, beide Mütter im gleichen Alter. Doch in Wahrheit trennen sie Welten. Während Klara durch ihren Wohlstand abgesichert ist, kämpft Paulína um ihre Existenz, lebt als unsichtbare Arbeitskraft im Haushalt der Familie und bleibt trotz Nähe eine Fremde.

Ein weiteres Highlight für mich war die multiperspektivische Erzählweise. Besonders die Abschnitte aus der Sicht von Paulínas Kindern oder Klaras Mutter haben das Bild erweitert und die Tragweite der Ereignisse noch greifbarer gemacht.

Kleine Kritikpunkte gibt es dennoch: Für fünf Sterne hat es nicht gereicht, weil nicht gegendert wurde und weil die direkte Rede nicht in Anführungszeichen steht – daran musste ich mich erst gewöhnen. Auch die Einteilung in nur drei große Kapitel hat mich zu Beginn irritiert. Das Ende hat mich zudem etwas unbefriedigt zurückgelassen – ich hätte mir noch mehr Details zur Auflösung und zum weiteren Verlauf der Geschichten der Beteiligten gewünscht. Doch im Grunde kann man sich selbst gut denken, wie es weitergeht.

Fazit

„Halbe Leben“ ist ein eindrucksvoller Roman über Klassenunterschiede, Machtverhältnisse und das, was Menschen verbindet – oder trennt. Gregor schafft es, mit leisen Zwischentönen viel zu vermitteln und eine unterschwellige Spannung aufzubauen, die mich durch das ganze Buch getragen hat. Trotz kleiner stilistischer Hürden war ich durchgehend gefesselt. Eine klare Empfehlung – 4,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 19.02.2025

Wie menschlich kann die 24h Betreuung durch osteuropäische Pflegekräfte für die Pflegenden sein?

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Als Klaras Mutter nach einem Schlaganfall plötzlich pflegebedürftig wird und nicht mehr allein leben kann, stellt dies das Leben von Mutter und Tochter, aber auch der ganzen Familie auf den Kopf. Neue ...

Als Klaras Mutter nach einem Schlaganfall plötzlich pflegebedürftig wird und nicht mehr allein leben kann, stellt dies das Leben von Mutter und Tochter, aber auch der ganzen Familie auf den Kopf. Neue Routinen müssen entwickelt werden, soziale Beziehungen, auch die Mutter-Tochter-Beziehung, verändern sich. Für Klaras Tochter wiederum scheint die neue Nähe zur Großmutter, die fortan bei ihnen im Haus lebt, wiederum ein Geschenk und Ersatz, für die zu oft abwesende Mutter Klara, die mit ihrer Mutterrolle oft hadert. Allein dieses Beziehungsgeflecht und die Disruption von Familienverhältnissen birgt Potenzial für Enttäuschungen, Verletzungen und Überforderung.

Die Hilfe ausländischer Pflegekräfte als 24h-Hilfe für Mutter Irene scheint so zunächst als praktische Lösung im Interesse aller. Doch ist es das wirklich? Übersehen wird dabei, dass diese Hilfe, eben nicht nur eine Kraft ist, die zum Lösen der besonderen familialen und pflegerischen Herausforderungen da ist, sondern, dass es sich dabei um ein Individuum handelt, mit eigenen Wünschen, Träumen und Bedürfnissen, die eben kein Mensch 24h für 14 Tage abstellen kann. So auch nicht die Slowakin Paulina, im selben Alter wie Klara, die aufgrund der besseren Verdienstmöglichkeiten alle 14 Tage für 2 Wochen ihre Heimat und eigenen Kinder, letztlich ihr ganzes Leben, verlässt, um mit Klaras Familie zu leben und deren Mutter zu pflegen. Aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, ob all das, was Gregor in diesem Roman anschaulich und eindringlich vor Augen führt, eben kein Einzelfall ist, sondern viel mehr als typischer Fall einem Konstrukt geschuldet ist, das unter Bedingungen, die das Menschsein und die Augenhöhe unter verschiedenen Parteien ernst nimmt, schlicht nicht zu realisieren ist.

Gregor gelingt es die Interessen, Bedürfnisse, Absurditäten und Widersprüche dieser Situation sowohl aus den verschiedenen personalen Perspektiven als auch auf gesellschaftlicher Ebene in allen Facetten eindringlich einzufangen. Dabei ist der Blick immer differenziert, nie anklagend. Auch Paulina wird in ihrer Zerrissenheit zwischen Welten porträtiert. Sie genießt zu Beginn durchaus auch die neue Familie, dort wird sie gebraucht, macht allen das Leben leichter, während sie sich in der Heimat mit ihren Schulgefühlen und den von der abwesenden Mutter enttäuschten eigenen Kindern konfrontiert sieht. Mit Klaras Tod, der zu Beginn einen dramaturgischen Rahmen setzt, arbeitet sie die Handlung geschickt im Rückblick auf dieses Ereignis hin aus. Man spürt förmlich wie jede kleine Verletzung, giftige Bitte und unreflektierte Handlung das Unglück heraufbeschwört. Dabei wird auch immer wieder die Frage von Schuld und Verantwortung, Autonomie und Fremdbestimmung in der Beziehung zwischen Eltern und Kindern, hier insbesondere auch Müttern und Töchtern, in verschiedenen Konstellationen thematisiert.

Die Sprache ist nüchtern und unprätentiös, und erfasst so auch in der Stimmung die Situation angemessen und präzise.

Halbe Leben von Susanne Gregor ist ein sehr gutes und schwieriges Buch zugleich. So präzise und differenziert wie die Autorin analysiert und formuliert, so bedrückend sind die Einschränkungen der Leben für alle Protagonistinnen und der gesellschaftliche Missstand, dass wir bisher keine wirklich gute Lösung für die letzte Lebensphase unserer Lieben gefunden haben. Um so wichtiger ist dieser auch dramaturgisch gelungen erzählte Roman, der zum Nachdenken über unbequeme Wahrheiten anregt! Unbedingt lesen!

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Veröffentlicht am 16.02.2025

Klara und Paulina

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Halbe Leben ist ein bei Zsolnay erschienener zeitgenössischer Roman mit relevanten Thema.
Nachdem Klaras Mutter Irene einen Schlaganfall hatte und pflegebedürftig ist, stellt sie die aus der Slowakei stammende ...

Halbe Leben ist ein bei Zsolnay erschienener zeitgenössischer Roman mit relevanten Thema.
Nachdem Klaras Mutter Irene einen Schlaganfall hatte und pflegebedürftig ist, stellt sie die aus der Slowakei stammende Pflegerin Paulina ein. Schon bald ist Paulina unverzichtbar für die Familie, die neben Irene aus Klara, ihren Mann Jakob und der 11jährige Ada besteht.

Da bereits auf der ersten Seite erzählt wird, wie Klara durch Sturz von einem Berg ums Leben kommt, ist man als Leser gespannt, wie die Zusammenhänge sind.
Paulina, die zwei Söhne hat, fährt regelmäßig nachhause, wird aber immer mehr von Klara vereinahmt, besonders nachdem Irene einen zweiten Schlaganfall erlitten hat.
Paulina steht immer mehr unter Druck. Stets pendelnd muss sie immer mehr leisten.

Susanne Gregors Sprache ist dicht und stimmungsvoll. Sie kann einfühlsam erzählen und gibt den Figuren eigene Stimmen. Das macht Halbe Leben neben dem zwingenden Plot zu einem großartigen Roman.

Veröffentlicht am 13.02.2025

Was Pflege bedeutet

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Klaras Mutter Irene hatte einen Schlaganfall und benötigt Hilfe. Die kann Klara neben Karriere, Ehemann und Tochter nicht leisten, also kümmern sich Radek und Paulína im Zweiwochenrhythmus um Irene, die ...

Klaras Mutter Irene hatte einen Schlaganfall und benötigt Hilfe. Die kann Klara neben Karriere, Ehemann und Tochter nicht leisten, also kümmern sich Radek und Paulína im Zweiwochenrhythmus um Irene, die im Obergeschoss lebt. Radek wird zähneknirschend ertragen, Paulína dafür ausgenutzt. Bis sie merkt, dass ihr eigenes Leben wegdriftet und sie die Verbindung zu ihren Söhnen verliert - für eine Familie, die nicht ihre ist.
„Halbe Leben“ von Susanne Gregor ist ein heftiger Roman, was nicht an Klaras Sturz in den Tod am Anfang liegt, sondern an der feinen Erzählweise mit der Susanne Gregor zwei Welten aufeinanderprallen lässt. Erst glaubte ich noch, dass es nur um Klara geht und das tut es auch, allerdings nicht im herkömmlichen Sinne. Nicht sie ist die Sympathieträger, sonder Paulína, die scham- und skrupellos ausgenutzt wird und darüber ihre eigenen Kinder, die sie mehr liebt als Klara ihre Tochter Ada, vernachlässigen muss, um ihre Pflicht zu erfüllen und die pflegebedürftige Irene nicht allein zu lassen, wie es Klara tut. Ich bin immer noch wütend auf Klara, die sich lieber noch in eine Schwangerschaft quatschen lässt und auf Paulína ausruht. Und auch auf Klaras Ehemann Jakob, der sich ebenfalls jeglicher Verantwortung entzieht und nicht mal in der Lage ist, mit dem Hund, den ER angeschafft hat, spazieren zu gehen.
Dieses zwischenmenschliche Beziehungsgeflecht macht einen großen Teil des Romans aus, aber da ist auch Irene, die immer mehr abbaut und zwischen den Zeiten taumelt. Auch das schildert Susanne Gregor eindrücklich. Sie springt zwischen den Figuren und rast auf den jeweiligen Gedankenströmen. Nicht nur Paulína, Klara und Irene kommen zu Wort, sondern auch Rišo, Paulínas ältester Sohn, der zeigt, wie sehr es schmerzt, wenn die Mutter sich um eine andere Familie kümmern muss.
„Halbe Leben“ verdeutlicht, was es heißt Pflege zu brauchen, sie zu geben und sich ihr zu verweigern. Ein Buch, das noch lange nachhallen wird.

Veröffentlicht am 10.02.2025

Sehr lesenswert

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Klaras Mutter nach ihren Schlaganffal benötigt Hilfe, Klara stellt Paulina aus Slovakia und Radek aus Polen in zweiwöchigen Rhytmus ein. Irene, die Mutter und auch die ganze Familie von Klara sind mit ...

Klaras Mutter nach ihren Schlaganffal benötigt Hilfe, Klara stellt Paulina aus Slovakia und Radek aus Polen in zweiwöchigen Rhytmus ein. Irene, die Mutter und auch die ganze Familie von Klara sind mit Paulina begeistert, die junge schweigsame Frau macht ihre Arbeit vorbildlich und sogar noch mehr, alle Familienmitglieder können sich wieder der Alltag widmen, Paulina macht alles, aber tief in Paulinas kocht, sie sieht immer klarer die Unterschiede zwischen die beiden Familien und sie spürt wie ihr eigenes Leben langsam entgleitet...

Die Geschichte ist sehr beklemmend und sehr eindrucksvoll , die Situation aus emotionale Sicht ist perfekt beschrieben die Gefühle und die große Einsamkeit sind ganze Zeit spürbar. Die Szenen sind authentisch und sehr lebensnah und das was mir am meisten hier gefällt ist die breit ausgearbeitete psychologische Teil.

Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte fesselt immer mehr, die Autorin ist gelungen dass der Leser nach dem Ende sich Gedanken macht.

Große Leseempfehlung !