Eine atmosphärische, aber auch statische Erzählung
„Bergkristall“ ist eine weihnachtliche Erzählung von Adalbert Stifter. Die Handlung der Erzählung ist denkbar simpel: Zwei Geschwister, Konrad und Sanna, besuchen regelmäßig ihre Großeltern in einem benachbarten ...
„Bergkristall“ ist eine weihnachtliche Erzählung von Adalbert Stifter. Die Handlung der Erzählung ist denkbar simpel: Zwei Geschwister, Konrad und Sanna, besuchen regelmäßig ihre Großeltern in einem benachbarten Dorf, wofür sie eine längere Wanderung durch das österreichische Hochgebirge unternehmen müsse. Dies ist unter normalen Umständen kein Problem für die beiden, doch ausgerechnet an Heiligabend kommt es zu einem starken Schneefall, sodass die beiden Geschwister vom Weg abkommen und sich im Hochgebirge verirren. Ohne zu viel spoilern zu wollen: So simpel die Handlungsstruktur ist, so linear und (weitgehend) konfliktfrei wird sie erzählt. Auch die in „Bergkristall“ auftretenden Figuren wirken in ihrem Handeln und in ihren Dialogen eher stereotyp und statisch. Dennoch: Die Lektüre ist definitiv lohnenswert – was besonders an den atmosphärischen Naturschilderungen, dargestellt von einem allwissenden Erzähler, liegt. Bildgewaltig sowie unglaublich detailliert wird hier das österreichische Hochgebirge mit all seinen Schönheiten und Gefahren beschrieben. Interessant ist auch, wie in „Bergkristall“ die Naturdarstellung mit der Weihnachtsgeschichte verknüpft werden. Nicht zuletzt ist auch der Beginn der Erzählung ein kleines Meisterstück: Hier wird das Weihnachtsfest und dessen Brauchtum im dörflichen Mikrokosmos in einer stimmungsvollen Art und Weise dargestellt. Durch die detaillierten Schilderungen lässt sich „Bergkristall“ flüssig lesen, sodass man es sich problemlos an einem (Winter-)Abend zu Gemüte führen kann. Ergänzt wird der Text in der Reclam-Ausgabe durch ein Nachwort von Helmut Bachmeier, das aus einer literaturwissenschaftlichen Perspektive kurz in die Thematik der Naturbeschreibungen einführt. Insgesamt ist „Bergkristall“ eine weihnachtliche Erzählung, die weniger durch ihre Handlung, dafür aber umso mehr durch ihre atmosphärischen Naturschilderungen besticht.