Schwarz und weiß
„Bird“ ist der zweite Roman des australischen Autors Adam Morris, ein Gefängnisroman, und der Autor weiß, worüber er schreibt. Filmemacher, Musiker, Sonderpädagoge und Universitätsdozent, hat er in Haftanstalten ...
„Bird“ ist der zweite Roman des australischen Autors Adam Morris, ein Gefängnisroman, und der Autor weiß, worüber er schreibt. Filmemacher, Musiker, Sonderpädagoge und Universitätsdozent, hat er in Haftanstalten nicht nur mit Indigenen gearbeitet, genau hingeschaut, sich mit Zuständen drinnen und draußen auseinandergesetzt und diese in „Bird“ verarbeitet. Ein fiktionaler Text, fußend auf seinen Beobachtungen, der realistischer nicht sein könnte, weil er eine Gesellschaft unter die Lupe nimmt, in der der Umgang miteinander von tief sitzendem Rassismus geprägt ist. Er erzählt von Herkunft, von Armut und Chancenlosigkeit, von kulturellen Unterschieden und Identität, von falschen Entscheidungen und dem Wunsch nach Veränderung. Und von einem Justizsystem, das bestehende Zustände zementiert und den für viele Aborigines verhängnisvollen Kreislauf am Leben hält.
Im Zentrum des Romans steht Carson, ein junger, intelligenter Häftling, ein Noongar, Ureinwohner, der so viele Möglichkeiten hätte, wenn er weiß wäre. So aber im System gefangen ist, mal draußen und mal drinnen. Kehrt er in sein altes Leben zurück, wehrt sich gegen rassistische Übergriffe, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder in den Fängen der Justiz landet. Keine Chance, sich aus diesem Teufelskreis, aus den Bedingungen eines Lebens zu befreien, das nicht gut ausgehen kann. Um dies eindringlich zu veranschaulichen arbeitet Morris mit verschiedenen Perspektiven, in denen die unterschiedlichsten Personen (meist weiß) d.h. Lehrer, Sachbearbeiter, Psychologin, Gefängniswärter, Knastkumpel etc. über Carson sprechen, ihre Eindrücke schildern, wobei sie allerdings gleichzeitig sich selbst entlarven, indem sie ihre Rollen offenbaren, mit denen sie dieses fatale System stützen und am Laufen halten.
Ein Kriminalroman, der Einblicke gewährt, aufrüttelt und nachdenklich macht. Ungeschönt und ehrlich, düster und rau. In der gelungenen Übersetzung von Conny Lösch, deshalb sprachlich wie immer auf höchstem Niveau.