Großartiger Debütroman
Das Leben verläuft für die 27-jährige Studentin Hannah recht ziellos. Sie ist verliebt in ihren Professor - für ihn ist sie nur eine Affäre.
Hannahs Großmutter Evelyn hingegen kann nach beinah 100 Jahren ...
Das Leben verläuft für die 27-jährige Studentin Hannah recht ziellos. Sie ist verliebt in ihren Professor - für ihn ist sie nur eine Affäre.
Hannahs Großmutter Evelyn hingegen kann nach beinah 100 Jahren das Ende kaum erwarten.
In einem Brief aus Israel wird Evelyn als Erbin eines enteigneten und verschollenen Kunstvermögens ausgewiesen. Die alte Frau aber schweigt, will von der Vergangenheit nichts wissen und nichts hören.
Warum weiß Hannah nichts von einem jüdischen Zweig der Familie? Was sind dies für Bilder und wo sind sie jetzt?
Und warum weigert sich Evelyn so beharrlich über die Vergangenheit und besonders über ihre Mutter Senta zu sprechen?
Die Spur der Bilder führt zurück in die 1920er Jahre:
Die 17-jährige Senta verliebt sich in den Kriegshelden Ulrich. Als sie schwanger wird heiraten die beiden und Senta muss ihre Träume von einem selbstbestimmten Leben in Berlin begraben.
Die Ehe ist unglücklich und als es zur Scheidung kommt, entscheidet Ulrich, dass Evelyn bei ihm bleibt - seine ledige Schwester Trude soll sich um das Kind kümmern!
Senta verlässt daraufhin Rostock und geht nun doch nach Berlin.
Sie versucht zwar Kontakt mit ihrer Tochter zu halten, aber Trude tut alles um Evelyn an sich zu binden und der Mutter zu entfremden.
In Berlin arbeitet Senta in einem Verlag zuerst als Schreibkraft, später als Journalistin.
Sie verliebt sich in ihren Kollegen Julius und heiratet ihn - diesmal aus echter Liebe.
Doch mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten brechen dunkle Zeiten an und Sentas neue (jüdische) Familie gerät in Gefahr.
Von ihrem Schwiegervater, einem Kunsthändler, erhält Senta in Erwartung einer drohenden Enteignung ein wertvolles Bild, vermutlich ein Vermeer, damit sie und ihr Mann Julius abgesichert sind.
Das alte Ehepaar Goldmann überlebt den Holocaust nicht.
Was ist aus Senta und Julius geworden?
Nach und nach kann Hannah die einzelnen Teile ihrer Familiengeschichte zusammensetzen...
Der hochgelobte Debütroman von Alena Schröder ist wirklich großartig!
Auch wenn die Handlung teilweise im dunkelsten Teil der deutschen Geschichte spielt, geht es hauptsächlich um problematische Mutter-Tochter Beziehungen und wie diese über Generationen weitergetragen werden.
Die Distanz, die fehlende emotionale Bindung und die daraus resultierende Sprachlosigkeit zwischen Senta und Evelyn spiegelt sich Jahre später auch zwischen Evelyn und ihrer Tochter Silvia und selbst zwischen Silvia und Hannah.
Senta findet keinen Weg zu ihrer Tochter, denn Evelyn wurde von der überzeugten Nationalsozialistin Trude erzogen. Strenge und Pflichtbewusstsein stehen im Vordergrund. Und da Trude keine Worte findet um ihre mütterliche Liebe zu Evelyn auszudrücken, fühlt diese sich erneut ungeliebt und "nicht ausreichend".
Aber auch Evelyns Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter Silvia ist problematisch.
Silvia ist das genaue Gegenteil ihrer Mutter. Sie ist eine typische Kreuzbergerin, lebt in Kommunen und lehnt sowieso alle Konventionen ab.
Auch Silvia und ihre Tochter Hannah finden nicht wirklich zueinander.
Denn Hannah, die von ihrer "alternativen" Mutter schon als Kind durch Thailand getragen wurde, will eigentlich einen Heimathafen.
Als sie ihren Geliebten um einen väterlichen Rat bittet, ist sie selbst erschrocken.
Hannah trifft bei der Suche nach Informationen über die Familie Goldmann und den möglichen Verbleib der Bilder nicht nur auf sehr unterschiedliche Menschen. Auch schafft sie es endlich, dass Evelyn redet: Über Senta, über Trude, über Silvia.
Alena Schröder erzählt in "Bei euch ist es immer so unglaublich still" die Geschichte von Silvia, die hier nur eine kleine Rolle gespielt hat.
Ich werde es wieder hören, diesmal gelesen von einer neuen Sprecherin.