Etwas sperrige Autobiographie
Dass "Der Stammhalter" eine Autobiographie ist, ist mir beim Lesen manchmal wirklich fast unglaublich erschienen, so turbulent und ungewöhnlich liest sich seine Familiengeschichte streckenweise.
Beginnend ...
Dass "Der Stammhalter" eine Autobiographie ist, ist mir beim Lesen manchmal wirklich fast unglaublich erschienen, so turbulent und ungewöhnlich liest sich seine Familiengeschichte streckenweise.
Beginnend mit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts beschreibt der Autor seine Familiengeschichte und legt dabei den Fokus vor allem auf seine Großeltern und seinen Vater.
Die Konflikte innerhalb der Familie, die Zerrüttungen, Ehen, die nicht halten, uneheliche Kinder und Kinder, bei denen die Vaterschaft zumindest nicht ganz sicher ist - das waren die Themen, die mir an dem Buch am meisten zugesagt haben.
Was mir die Lektüre erschwert hat, waren die teilweise doch zu vielen Personen, die nur kurz erwähnt wurden und auch die Schilderungen der Erlebnisse während des 2. Weltkriegs. Hier wurde es mir manchmal etwas unübersichtlich und einige Fäden blieben dann auch lose oder manche Personen tauchten spät auf und wurden dann viel weniger beschrieben als andere, waren aber doch wichtiger.
Auch das Ende war mir dann im Vergleich zum Anfang und Mittelteil des Romans zu schnell erzählt.
Dafür, dass teilweise echt heftige Situationen, fast schon Tragödien, geschildert wurden (und das ja auch alles wahr ist!), empfand ich die Erzählweise zu distanziert.
Vermutlich liegt das genau daran, dass es eben echte Menschen sind, die mit dem Autoren verwandtschaftlich verbunden sind und auch an der Zerrüttung der Familie, die sich seit dem Tod des Familienoberhauptes immer stärker gezeigt hat.
Wenn man die Familiensituation durch den Roman erliest, drängt sich der Gedanke auf, dass der Autor durch die sehr disfunktionale Familie und die brutale Trennung von seiner Mutter in sehr jungem Alter doch auch sehr geprägt wurde. Ich habe, obwohl vieles wirklich traurig zu lesen war, nicht so richtig mitfühlen können durch diese Distanz im Erzählstil und das hat mich dann am Ende des Buches doch eher unzufrieden damit gemacht. Gerade seine eigene Geschichte, seine Entführung, die Trennung der Eltern und die lange Trennung von seiner Mutter, ist an sich dazu geradezu prädestiniert, Mitgefühl zu entwickeln. Da er aber seine Eltern mehr als kritisch beschreibt, oft auch nicht "meine Mutter", sondern "Wera" schreibt und ähnlich bei seinem Vater und dessen späterer Frau, die immerhin die Mutterrolle für ihn lange erfüllt hat, verfährt, sind offensichtliche Zeichen, die sich auch im Text selbst widerspiegeln.
Ich hatte etwas Probleme mit dem Roman und kann ihn daher nur eingeschränkt weiter empfehlen.