Beides sein
Das Buch von Ali Smith spielt zum Teil in der Vergangenheit und zum Teil in der Gegenwart. Im ersten Teil lernen wir George, ein jugendliches Mädchen, kennen, welches vor kurzem ihre Mutter verloren hat ...
Das Buch von Ali Smith spielt zum Teil in der Vergangenheit und zum Teil in der Gegenwart. Im ersten Teil lernen wir George, ein jugendliches Mädchen, kennen, welches vor kurzem ihre Mutter verloren hat und diesen Verlust nur schwer verkraftet. Ihrer Ansicht nach kann es doch nicht sein, dass etwas, das soeben noch da war, plötzlich nicht mehr existiert und nicht mehr greifbar ist. George fällt in eine tiefe Trauer, erinnert sich an Gespräche und Momente mit ihrer Mutter, die sie erlebt hat und lässt ihre gemeinsame Reise nach Italien Revue passieren. Dort haben sie sich u.a. die Fresken von Francesco del Cossa, einem Künstler aus dem 15. Jahrhundert, angesehen.
Der zweite Teil des Buches behandelt den Werdegang des Künstlers Francesco del Cossa. Hier erfährt der Leser wie der Künstler zu seinem Namen und seinem Beruf kam und welche Charakterzüge dieser an den Tag legte. Sein Leben war nicht einfach und er musste sich gegen diverse andere Künstler behaupten, doch nie verlor er die Liebe zur Malerei.
Im Laufe des zweiten Teils dieses Buches treffen beide Charaktere aufeinander. Für den Leser scheint dies zunächst vielleicht zu weit hergeholt und zu fantasiereich, doch lässt man sich voll und ganz auf die Geschichte ein, so entdeckt man Gemeinsamkeiten und Emotionen, die wohl nur auf diesem Wege dem Leser vermittelt werden können.
Zu Beginn hatte ich meine Probleme mit der Schreibweise. Hier und da fehlen Satzzeichen, manche Sätze hören einfach in der Mitte auf und Gedankengänge der Charaktere werden ohne Vorwarnung mitten in einem Satz eingefügt. Hier muss man also aufmerksam und konzentriert bei der Lektüre bleiben, um nicht den Anschluss und die Zusammenhänge aus den Augen zu verlieren. Abgesehen von dem ungewöhnlichen Schreibstil werden so viele Themen aufgegriffen, dass es schon schwer ist diese in Worte zu fassen ohne zu viel zu verraten. Nicht nur die Kunst, der Tod, die eigene Selbstfindung, der Kampf um Aufmerksamkeit oder die Frage nach der Existenz von Dingen spielen eine Rolle. Es wird auch stark mit der Phantasie des Lesers gespielt. Viele Dinge werden angedeutet, vieles wird vermischt und nicht aufgelöst. Auf eine positive Art und Weise bleibt also viel Platz für Spekulationen und philosophische Gedanken.
„Beides sein“ ist ein ungewöhnlicher und teils skurriler Roman, der lange nachwirkt und mich beeindruckt hat.