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Veröffentlicht am 18.03.2025

Anatomie der Einsamkeit

Die Anatomie der Einsamkeit
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Nachdem mir das erste Buch von Louise Pelt richtig gut gefallen hat, war ich gespannt auf ihren neuen Roman „Anatomie der Einsamkeit“. Der Aufbau erinnert an ihr Debüt: Es gibt wieder mehrere Hauptfiguren ...

Nachdem mir das erste Buch von Louise Pelt richtig gut gefallen hat, war ich gespannt auf ihren neuen Roman „Anatomie der Einsamkeit“. Der Aufbau erinnert an ihr Debüt: Es gibt wieder mehrere Hauptfiguren und verschiedene Zeitebenen.

In einem Erzählstrang geht es um Claire, eine Amerikanerin. Anfang der 2000er bekommt sie die Nachricht, dass ihre Zwillingsschwester Iris gestorben ist. Die beiden hatten schon lange keinen Kontakt mehr. Iris’ Tod wirbelt Claires Leben durcheinander. Sie reist zu dem Ort, an dem ihre Schwester zuletzt gelebt hat. Dort trifft sie Iris’ Freunde und beginnt, über ihr eigenes Leben nachzudenken. Nach und nach wird ihr klar, was ihr wirklich wichtig ist und was sie loslassen muss.

Der zweite Handlungsstrang spielt 20 Jahre später. Olive, eine englische Journalistin in ihren Dreißigern, sorgt sich um ihre Großmutter, die dement ist. Von ihr hat Olive einen alten Kompass geerbt. Dieser Kompass spielt eine große Rolle in der Geschichte. Olive hat beruflich bisher wenig Erfolg gehabt, doch nun will sie das unbedingt ändern. Sie geht zusammen mit einem Kollegen auf eine Reise quer durch Europa, um mehr über die Vergangenheit ihrer Großmutter herauszufinden. Denn bei einer Leiche in Hamburg wurde ein identischer Kompass gefunden – und Olive will wissen, was es damit auf sich hat.

Beide Frauen, Claire und Olive, haben ihr eigenes schweres Päckchen zu tragen. Beide müssen lernen, die Vergangenheit loszulassen und sich selbst neu zu finden und der Einsamkeit zu entkommen. Während des Lesens habe ich mich oft gefragt, wie diese beiden Geschichten wohl zusammenhängen. Lange Zeit gab es dazu keine Hinweise und das machte mich neugierig.

Mir persönlich hat der Teil über Claire deutlich besser gefallen. Ihre Geschichte wirkte glaubwürdiger und war eher berührend. Bei Olive hingegen hatte ich Mühe, einen Zugang zu finden. Sie kam mir oft zu naiv vor. Auch die eingebaute Liebesgeschichte fand ich vorhersehbar und unpassend. Dieser Teil der Geschichte fühlte sich für mich nicht stimmig an. Ich konnte auch nicht nachvollziehen, warum Olive so viel Aufwand wegen eines Kompasses betreibt. Warum ausgerechnet dieser sie so plötzlich antreibt. Nur weil bei einer Leiche irgendwo in Europa zufällig ein ähnlich aussehender Kompass gefunden wird, würde ich nicht gleich durch Europa reisen, um herauszufinden, was dahintersteckt. Das wirkte auf mich sehr konstruiert und wenig realistisch.

Auch das Ende hat mich ein wenig enttäuscht. Nach über 400 Seiten voller Details wurde alles viel zu schnell aufgelöst. Das Ende bzw. die letzten Kapitel wirkten gehetzt. Hier hätte man mehr daraus machen können.
Der Schreibstil war zwar flüssig und angenehm zu lesen, aber das Buch konnte mich stellenweise nicht wirklich fesseln. Oft wirkte es oberflächlich, und manche Passagen passten für mich einfach nicht ins Gesamtbild. Die Geschichte hatte schöne und emotionale Momente, aber insgesamt war sie für mich nicht rund. Es gab zu viele Stellen, die gezwungen oder unlogisch wirkten. Die Idee war spannend, aber die Umsetzung konnte mich leider nicht vollständig überzeugen.

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Veröffentlicht am 14.03.2025

9 Grad

9 Grad
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Josie fühlt sich in ihrem Körper nicht wohl. Schon immer hatte sie das Gefühl, dass er nicht zu ihr passt – zu weich, zu groß, nicht so, wie er sein sollte. Als ihre beste Freundin Rena ihr erzählt, dass ...

Josie fühlt sich in ihrem Körper nicht wohl. Schon immer hatte sie das Gefühl, dass er nicht zu ihr passt – zu weich, zu groß, nicht so, wie er sein sollte. Als ihre beste Freundin Rena ihr erzählt, dass sie schwer krank ist, beschließen die beiden, etwas Neues auszuprobieren: Sie springen in einen eiskalten Fluss, der nur neun Grad hat. Für Josie wird dieser Moment ein Wendepunkt. Zum ersten Mal fühlt sie sich stark, als wäre ihr Körper endlich ihr Zuhause.

Kurz danach lernt sie Lee über Tinder kennen. Bei ihm fühlt sie sich sofort geborgen. Doch während Josie langsam ihren Körper annimmt, kämpft Lee mit tiefen Depressionen. Er kann sich nicht richtig auf Josie einlassen, weil er selbst zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt ist. Trotzdem fragt sich Josie: Kann das Eisbaden nicht nur ihr, sondern vielleicht auch ihm helfen?

Der Roman hat viele spannende Ansätze: Körperwahrnehmung, Selbstfindung, mentale Gesundheit – alles Themen, die tief berühren könnten. Aber für mich blieb vieles an der Oberfläche. Manche Szenen waren kurz aufblitzende Gedanken, die dann sofort wieder verschwanden. Ich hatte oft das Gefühl, dass die Geschichte an vielen Stellen ansetzt, aber keinen richtigen Fokus findet.

Trotzdem mochte ich die Idee hinter dem Buch und fand einige Momente wirklich berührend. Besonders Josies Entwicklung, ihre Suche nach einem neuen Körpergefühl, war interessant.

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Veröffentlicht am 13.03.2025

Von hier aus weiter

Von hier aus weiter
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Nach dem Tod ihres Mannes Rolf fühlt sich Marlene leer. Sie weiß nicht, wie sie weitermachen soll, und sieht in ihrem Leben keinen Sinn mehr. Beruhigungsmittel helfen ihr, den Alltag zu überstehen, doch ...

Nach dem Tod ihres Mannes Rolf fühlt sich Marlene leer. Sie weiß nicht, wie sie weitermachen soll, und sieht in ihrem Leben keinen Sinn mehr. Beruhigungsmittel helfen ihr, den Alltag zu überstehen, doch wirklich leben tut sie nicht mehr. Der Schmerz ist überwältigend, und sie denkt daran, ihrem Mann zu folgen.
Dann taucht Jack auf – ein ehemaliger Schüler, der inzwischen als Klempner arbeitet. Ohne große Worte bleibt er einfach bei ihr. Jack ist nicht nur handwerklich geschickt, sondern auch ein fantastischer Koch und ein überraschend einfühlsamer Mitbewohner. Er hört zu, hilft im Haushalt und bringt mit seiner Art langsam wieder Bewegung in Marlenes Leben. Doch eine Sache versteht er nicht: Warum ist Marlene nicht nur traurig, sondern vor allem wütend?
Währenddessen entwickelt sich zwischen Jack und Marlenes Hausärztin Ida eine vorsichtige Liebesgeschichte. Gleichzeitig findet Marlenes beste Freundin Wally in Wien einen Brief von Rolf. Ein Brief, der vielleicht Antworten auf all die Fragen enthält, die Marlene quälen. Gemeinsam mit Jack und Ida macht sie sich auf den Weg, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen.
Die Autorin hat mich mit diesem (Hör-)Buch wieder einmal tief berührt. Sie schreibt über ernste Themen wie Trauer, Verlust und Neuanfang mit einer Leichtigkeit, die nichts an Tiefe verliert. Ihr Stil ist klug, einfühlsam und an den richtigen Stellen mit Ironie und trockenem Humor durchzogen. Sie schafft es, schwere Gefühle greifbar zu machen, ohne dass das Buch bedrückend oder kitschig wirkt.
Marlene ist eine faszinierende Hauptfigur. Ihre Gedanken sind nachvollziehbar, ihr Schmerz ist spürbar. Man leidet mit ihr, versteht ihre Wut und möchte sie am liebsten einfach nur in den Arm nehmen. Gleichzeitig bringt sie mit ihrer direkten und oft unerwartet scharfzüngigen Art immer wieder zum Schmunzeln. Trotz des traurigen Themas gab es Momente, in denen ich lachen musste – oft durch Marlenes trockene Kommentare.
Dieses Buch stellt große Fragen: Was bleibt von uns, wenn wir die Person verlieren, mit der wir unser Leben geteilt haben? Lohnt es sich überhaupt weiterzumachen? Und wie kann man nach einem so großen Verlust wieder einen Sinn im Leben finden? Die Geschichte gibt keine einfachen Antworten, aber sie zeigt, dass Veränderung manchmal von unerwarteten Menschen und Begegnungen kommt.
Ich habe jede Minute dieses Hörbuches genossen. Es ist berührend, stimmt einen nachdenklich, aber es ist auch voller kleiner Lichtblicke. Es zeigt, dass Trauer und Humor nebeneinander existieren können und dass das Leben – trotz allem – weitergeht (…wenn man denn so will).

Einziger Minuspunkt: Die Sprecherin des Hörbuchs hat für meinen Geschmack zu langsam gelesen. Vielleicht war das eine bewusste Entscheidung wegen des Themas, aber ich musste die Geschwindigkeit anpassen, damit es sich für mich angenehmer anfühlt.

Fazit: Eine wunderschöne, leise Geschichte über Verlust, Wut und die unerwarteten Wege des Lebens. Absolut hörenswert!

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Veröffentlicht am 11.03.2025

Die Tage nach dem Pflaumenregen

Die Tage nach dem Pflaumenregen
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„Die Tage nach dem Pflaumenregen“ ist ein tiefgründiger und bewegender Roman, der die Schicksale von zwei Menschen über Jahre hinweg verfolgt, die sowohl einander als auch sich selbst verlieren. Die Geschichte ...

„Die Tage nach dem Pflaumenregen“ ist ein tiefgründiger und bewegender Roman, der die Schicksale von zwei Menschen über Jahre hinweg verfolgt, die sowohl einander als auch sich selbst verlieren. Die Geschichte beginnt mit der Kindheit von Suchi und Haiwen, die sich in einem vom Krieg geprägten China kennen und lieben lernen. Haiwen, ein sensibler, musischer Junge mit einer Leidenschaft für die Geige, und Suchi, eine bodenständige junge Frau, die es liebt zu singen, träumen von einer gemeinsamen Zukunft. Doch der Krieg und die politischen Umwälzungen bringen sie auf unterschiedliche Wege, und ihre Liebe wird von den Wirren der Zeit zerrissen.
Die Regierung zwingt die Familien, ein Kind zum Militärdienst zu schicken, und um seinen Bruder zu schützen, meldet sich Haiwen freiwillig. In einem Akt der Liebe hinterlässt er Suchi seine Geige und verabschiedet sich von ihr, ohne zu wissen, ob sie sich jemals wiedersehen werden. Suchi wird von ihren Eltern nach Hongkong geschickt, um der drohenden politischen Umwälzung zu entkommen, und verliert den Kontakt zu ihrer Familie. In einem fremden Land muss sie sich mit ihrer Schwester alleine durchschlagen.
Es ist nicht nur die physische Trennung der beiden, die sie voneinander entfremdet, sondern auch die kulturellen und emotionalen Barrieren, die sie als chinesische Emigranten in verschiedenen Teilen der Welt erleben. Sowohl in Taiwan als auch in Hongkong und später in Kalifornien sind sie von ihren Wurzeln abgeschnitten. Dieser Roman ist eine eindrucksvolle Reflexion über Identitätsverlust, das Streben nach Zugehörigkeit und die unerfüllte Sehnsucht nach dem, was verloren gegangen ist. Der Autorin gelingt es, die emotionalen und politischen Spannungen der Zeit einfühlsam und packend zu vermitteln, wodurch „Die Tage nach dem Pflaumenregen“ zu einem unvergesslichen und berührenden Leseerlebnis wird.

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Veröffentlicht am 27.02.2025

Eine halbe Ewigkeit

Eine halbe Ewigkeit
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Ich bin absolut begeistert von diesem Hörbuch – mein Highlight im Monat Februar!

Selten habe ich mich in so vielen Szenen und Gedanken eines Buches selbst wiedergefunden. Die Worte von Ildikó von Kürthy ...

Ich bin absolut begeistert von diesem Hörbuch – mein Highlight im Monat Februar!

Selten habe ich mich in so vielen Szenen und Gedanken eines Buches selbst wiedergefunden. Die Worte von Ildikó von Kürthy spiegeln genau die Gedanken wider, die mich selbst oft umhertreiben: vergangene Entscheidungen, die mich noch immer beschäftigen, Sorgen und Selbstzweifel, die mich manchmal verrückt machen, und die ungewisse Zukunft, die sowohl Hoffnung als auch Angst in mir auslöst.

Dieses Buch steckt voller Wahrheiten – so schonungslos ehrlich, dass es fast beängstigend ist. Es öffnet die Augen, spricht ungeschönte Wahrheiten aus und lässt träumerische Blasen platzen. Und trotzdem (oder gerade deswegen) ist es so unglaublich wertvoll. Es ist mehr als nur eine Geschichte – es ist eine emotionale Reise, die nachhallt.

Die letzten Kapitel habe ich heute in der Bahn gehört und musste mich ernsthaft zusammenreißen, um nicht loszuweinen. „Eine halbe Ewigkeit“ ist tiefgründig, berührend und voller echter Gefühle – ein Buch, das mich so schnell nicht mehr loslassen wird.

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