MAcht korrumpiert
Dieses Buch wurde mir von Dr. Barbara Brunner, jener Agentur für Öffentlichkeitsarbeit, die mich mit seit einigen Jahren mit Lesestoff versorgt, empfohlen. Obwohl ich üblicherweise so meine liebe Not mit ...
Dieses Buch wurde mir von Dr. Barbara Brunner, jener Agentur für Öffentlichkeitsarbeit, die mich mit seit einigen Jahren mit Lesestoff versorgt, empfohlen. Obwohl ich üblicherweise so meine liebe Not mit russischen Autorinnen und
Autoren habe, habe ich mich auf dieses Buch von Alissa Ganijewa eingelassen. Die Autorin gilt als neuer Stern des russischen Literaturhimmels und lebt in Moskau.
Worum geht’s?
In einer nicht näher bezeichneten russischen Provinzstadt setzt sich ein unbekannter Mann zu Nikolaj ins Auto und stirbt wenig später. Der Zufall (?) will es, dass Nikolaj bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt.
Als man entdeckt, dass der unbekannte Tote Andrej Ljamzin, der total korrupte Regionalminister für wirtschaftliche Entwicklung, ist, setzt sich eine Spirale der Vertuschung in Bewegung, deren Geschwindigkeit rasend zunimmt.
Ein Seitenblick auf Ljamzins Ehefrau, eine Schuldirektorin, und seine Geliebte offenbaren ein Art Selbstbedienungsladen der Politiker. Die beiden Frauen bedienen sich ungeniert an unterschiedlichen staatlichen Töpfen. Speisen in den teuersten Lokalen, kleiden sich (geschmacklos) in teure Designerfetzen und hängen sich funkelnde Juwelen um den Hals, während auf der anderen Seite die defekte Kanalisation nicht repariert werden kann.
Ein weiterer Blick zeigt, wie die Andersdenkende mundtot gemacht werden. So wird ein Geschichtelehrer, der allzu objektiv unterrichtet aus dem Schuldienst entlassen und ein Journalist, der Vorwürfe gegen einen Oberstaatsanwalt recherchiert, brutal verprügelt wird.
Meine Meinung:
Die Autorin beschreibt eine postkommunistische Welt, in der sich wie ehedem viele der Korruption bedienen, um sich zu bereichern. Es scheint, als hätte sich wenig geändert. Da kommen die Gerüchte um ein Luxusdomizil rund um Wladimir Putin gerade recht (oder zur Unzeit). Hat er oder hat er nicht?
Die Autorin, deren Familie aus der russischen Teilrepublik Dagestan im Nordkaukasus stammt, hat eine bitterböse Satire verfasst, die zwei interessante Details aufweist: Zum einen wird das Buch vom kleinen, aber feinen Klagenfurter Wieser-Verlag herausgegeben, obwohl Ganijewas Bücher bislang im Suhrkamp-Verlag auf deutsch erschienen sind und zum anderen, ist just der österreichische Botschafter in Moskau der Übersetzer dieses Werkes. Man kann nur hoffen, dass das nicht zu politischen Verstimmungen führen wird. Es ist ja bekannt, dass Moskau hier sehr empfindlich reagiert.
Mir ist der österreichische Sprachduktus, der sich wohltuend von der bundesdeutschen Sprachmelodie abhebt, gleich aufgefallen.
Fazit:
Eine bitterböse Satire auf korrupte Politiker, die sich so oder so ähnlich grundsätzlich einmal überall auf der Welt stattfinden kann. Die Autorin hat eben eine nicht näher bezeichnete russische Provinzstadt als Schauplatz gewählt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.