Cover-Bild Die Stierin
19,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 08.02.2017
  • ISBN: 9783218010689
Andrea Stift-Laube

Die Stierin

Maeve arbeitet in einem Käseladen. In den Pausen schnitzt sie Figuren aus einer mythischen Vorzeit: ein Streitheer und zwei Stiere. Abends geht sie zu ihrem Mann Alli, der mit jedem Tag bestimmender wird. In einer anderen Zeit wird die Halbgöttin Maeve mit einem Messer am Hals von einem fremden König vergewaltigt. Aus Scham erzählt sie niemandem davon. Ihre Rache aber stürzt zwei Völker in einen blutigen Krieg, aus dem kein Sieger hervorgehen kann. Ein Chor – drei Frauen aus einer anderen Welt – trägt den Mythos in die Gegenwart. Der alte Konflikt bricht wieder auf.

Andrea Stift-Laube webt den alten irischen Mythos zu einer makabren Geschichte um Macht und Gerechtigkeit. So düster ihre Figuren auch sein mögen, sie sind auf eigentümliche Weise vertraut und zutiefst sympathisch.


"Es war alles voller Blut, der Fußboden, die Ladentheke, die Arbeitsplatte. Ich konnte nur einen Gedanken fassen: Etwas war mir aus der Hand genommen worden."

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2017

Gewalt und Emanzipation

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Andrea Stift-Laube zerpflückt in ihrem Buch "Die Stierin" das Thema Gewalt, die von Männern an Frauen verübt wird. Sie erzählt die Geschichte der Käseverkäuferin Maeve, die nach einer gewaltvollen Ehe ...

Andrea Stift-Laube zerpflückt in ihrem Buch "Die Stierin" das Thema Gewalt, die von Männern an Frauen verübt wird. Sie erzählt die Geschichte der Käseverkäuferin Maeve, die nach einer gewaltvollen Ehe erneut in eine Beziehung schlittert, in der sie von einem Mann tyrannisiert, unterdrückt und vergewaltigt wird.

„Er fing mich also ein. Und behandelte mich bald wie etwas, das man sich eingefangen hatte.“

Maeve' s Geschichte ist verknüpft mit dem alten keltischen Mythos der Königin und Göttin Maeve, die als willensstarke, egoistische, männermordende Nymphomanin galt und nach einer Deutung vielleicht die letzte Königin des alten matriarchatischen Systems war, die sich gegen Männer auflehnte, bevor sich bei den Kelten das Patriarchat durchsetzte.
Auch bei der mythologischen Maeve wird Emanzipation und Gewalt thematisiert, und die Trennung von Gegenwart und alter Sage wird durch Visionen und die geistige Flucht der modernen Maeve aus Angst und Scham aufgehoben.
Mit Hilfe eines dreistimmigen Chors, der sich am Ende des Buches tatsächlich einmischt, kommentiert die Autorin das Geschehen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Frage, wieso Frauen in Gewaltbeziehungen verharren oder warum sie nach schlechten Erfahrungen erneut in sexuelle Abhängigkeiten von Männern geraten. Dabei geht es weniger darum, zu verstehen, nachzuvollziehen oder sich damit zu identifizieren, sondern es wird davon berichtet, wie es dazu kommen kann.
Das Buch zeigt den Mut zu Veränderungen bei unterdrückten Frauen, die sich bereits von ihrer Umwelt zurückgezogen haben und kein Aufsehen wollen, wenn auch auf markabere Weise.

Was die Autorin auf etwa 170 Seiten in knapper, sehr präziser, schnörkelloser und geschliffener Sprache erzählt und wie sie dem Leser dabei ihre düsteren Frauenfiguren seltsam nahe bringt, schaffen andere auf vielen hundert Seiten nicht. Weder Ausschweifungen noch unnötigen Worte, nur das Wesentliche in kurzen Sätzen wird dargelegt, dennoch wirkt der Text durch Aufbau und Struktur und auch durch den Chor melodisch, fast rhythmisch.

Sehr viele Symbole mit oder ohne Bezug zur keltischen Sage, die im Laufe der Geschichte parallel erzählt wird, ergeben ein anspruchsvolles und gut durchdachtes Buch, auf das man sich einlassen muss.
Es ist kein Text, der sich schnell nebenbei liest, und mit dieser Art Literatur Ungeübte wie ich brauchen ein wenig Einstimmung darauf. Doch die (gar nicht so große) Mühe lohnt sich sehr, das Lesen hat mir unglaublich viel Freude an der Geschichte, an der Sprache und an der Entschlüsselung der verwendeten Bilder bereitet.
Ich halte es außerdem für ein hochaktuelles und sehr wichtiges Thema, dem sich die Autorin auf ungewöhnlich brilliante Art genähert hat. Unbedingte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.02.2017

Symbolisch, mythologisch, poetisch, stark

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Ihr Käseladen und der Umgang mit Kunden und Käse gibt Maeve Halt, bildet den Rahmen, um die Demütigungen und Misshandlungen von Männern vergessen zu können. Von Maeve geschnitzte Käsefiguren nehmen die ...

Ihr Käseladen und der Umgang mit Kunden und Käse gibt Maeve Halt, bildet den Rahmen, um die Demütigungen und Misshandlungen von Männern vergessen zu können. Von Maeve geschnitzte Käsefiguren nehmen die Form einer alten keltischen Sage an. Immer tiefer taucht sie in die grüne Welt von Königin Maeve ein, die ihr Kraft spendet und einen Rückzugsort bietet. Gegenwart und Mythos verschwimmen.

Andrea Stift-Laube verknüpft die mir bisher unbekannte keltische Sage "Der Rinderraub von Cooley" mit gegenwärtiger psychischer und körperlicher Gewalt gegen Frauen. Starke literarische Wucht und beklemmende Poesie, die mit Symbolik spielt, zeichnen diesen außergewöhnlichen Roman aus. Schon im Titel "Stierin" findet sich der erste Hinweis, dass es um Veränderung geht, denn es braucht innere Stärke, um sich verändern zu können. Aufmerksamkeit ist gefordert, wenn Sage und Gegenwart eine Symbiose eingehen. Wie weit man sich während des Lesens vom Roman entfernt, um mehr über die irische Mythologie zu erfahren, bleibt jedem selbst überlassen. Mir hat es gefallen, parallel Recherchen anzustellen und Hintergrundinformationen zu finden.
http://www.irischemythologie.de/rinderraub.html
ttps://de.wikipedia.org/wiki/Morr%C3%ADgan

Selten habe ich mir so viele Notizen gemacht, innegehalten und über das Gelesene nachgedacht. Zarte Betrachtungen wechseln sich mit gewalttätigen Szenen ab und doch harmoniert es, wie ein Rhythmus, dem man sich nicht entziehen kann. Wie die Autorin selbst schreibt, hat sie die Gewalt "lesbar", erträglich, gemacht.

"Feines Glas zersprang in mir, es würgte sich meinen Schlund hinauf, meiner Mundöffnung entgegen, doch ich biss, ich schluckte, ich stemmte es wieder hinunter. Die Scherben drückten sich in meinen Magen und durch dünne Wände in meine Blutbahn hinein. Dort zirkulieren sie seitdem. An manchen Tagen spüre ich sie weniger, aber spüren werde ich sie für alle Zeit."

Warum erstarren Frauen in Beziehungen, lassen Misshandlung und Demütigung über sich ergehen. Wie reagiert die Umwelt und wie findet sich ein Ausweg. Ein wichtiges allgegenwärtiges Thema, das in diesem Roman gelungen umgesetzt wurde.

Eine Leseempfehlung für Leser, die bereit sind, ausgetretene Romanwege zu verlassen.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Nein, dieses Buch will ich NICHT mit jedem teilen – dazu ist es zu einzigartig!

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Ich bin beeindruckt nach der Lektüre. Teilen will ich das Buch NICHT mit jedem – dieses Buch möchten bitte nur die Leser zur Hand nehmen, die bereit sind, sich auf ein ganz spezielles Erlebnis einzulassen. ...

Ich bin beeindruckt nach der Lektüre. Teilen will ich das Buch NICHT mit jedem – dieses Buch möchten bitte nur die Leser zur Hand nehmen, die bereit sind, sich auf ein ganz spezielles Erlebnis einzulassen. Sie werden belohnt werden.

Grandios: Doppelbödig, mythologische Komponenten, fesselnd, verstörend, sehr eigen, (heraus-)fordernd, komplex, lässt innehalten: belohnt

Mythologische Komponenten:
Die keltische Maeve, Halbgöttin und Königin, ist eine zentrale Figur der irischen Mythologie, für ihre Mannstollheit bekannt, stark und unerbittlich. Im wohl bekanntesten Epos Irlands will Maeve mit ihrem Mann gleichziehen, der im Gegensatz zu ihr einen sehr starken Stier besitzt. Als sie den von ihr daraufhin erworbenen Stier in den Kampf gegen seinen schickt, endet das für beide Tiere mit dem Tod.

sehr eigen: Maeve trifft auf Maeve, die keltische Sage wird transponiert in die Gegenwart. Die Maeve der Gegenwart besitzt einen Käseladen. Die keltische Maeve wurde mit einem Stück Käse getötet. Ein Chor. Das klingt eigen und ist es, ist aber (ganz definitiv) kein Fantasyroman, sondern ein von den reinen Worten her nicht abgehobener, aber sehr literarischer, sehr reicher und symbolhafter Text, denn was hier gemein(sam) ist, ist

verstörend: es wird berichtet von männlicher Gewalt, damals – und heute. „Vor einigen Tagen zwang er mich auf die Knie und ich musste so verharren. Das war alles.“ S. 22 Das bleibt nicht „alles“. Beide Frauen verschweigen die Tat. „Man hätte sie mit Mitleid, mit Gerüchten und abschätzigen Blicken ein zweites Mal in den Schmutz getreten.“ S. 124

(heraus-)fordernd, komplex, lässt innehalten: die „nur“ 176 starken Seiten habe ich aus der Anregung einer Leserunde in drei Abschnitten gelesen. Diese haben mir gut getan; die wenigen Seiten sind so komprimiert, dass ich vielfach zurück- und vorgeblättert habe. Der Text ist unglaublich überdacht konstruiert, da ist nichts Zufälliges – selbst die Symbole über den Texten zum Chor haben ihren Sinn.

Ich habe drei Abende lang gelesen – immer wieder musste das Buch hingelegt werden, um Platz zu schaffen für die hervorströmenden Assoziationen und Gedankenspiele, die mich auch durch die Tage begleiteten. Da geht es um männliche Gewalt und weibliches (Er-)Dulden, um Rache, um Kampf, um weiblichen Neid, um Selbstwert. Ich fühle mich belohnt – und empfehle die Lektüre, bitte erst nach Austesten anhand der Leseprobe. Dieses Buch ist zu toll, um schlechte Bewertungen anhand einer falschen Erwartungshaltung zu verdienen. http://www.kremayr-scheriau.at/assets/buxmedia/9c9f9fb47562fc98e341896908b85a91.pdf