Unterhaltsam, aber nicht ganz abgeholt
Cleopatra und FrankensteinEine junge aus England stammende Künstlerin, deren Visum in den USA abläuft, und ein reichlich 40jähriger wohlhabender amerikanischer Werbeschaffender sind der Startpunkt des Debüt-Romans „Cleopatra und ...
Eine junge aus England stammende Künstlerin, deren Visum in den USA abläuft, und ein reichlich 40jähriger wohlhabender amerikanischer Werbeschaffender sind der Startpunkt des Debüt-Romans „Cleopatra und Frankenstein“ von Coco Mellors. Eine Liebesgeschichte und eine schnelle Hochzeit verführen dazu zu glauben, dass man sich in einem Liebesroman liest, aber weit gefehlt. Die rauschhafte Stimmung und der anfängliche Liebeszauber verfliegen sehr schnell, wenn weitere mehr oder weniger versehrte Figuren auftreten und die für viele Leser leider verwirrende Werbebotschaft des Verlags demontieren. Leichtigkeit und spritzige Dialoge verlieren sich schnell und machen Platz für Alkohol- und Drogenprobleme, düstere seelische Abgründe, skurrile familiäre Verhältnisse und Liebschaften. Die Autorin sieht dabei nicht weg, bohrt mit offenen Augen in den Wunden der heutigen Zeit der oberflächlichen Trendsetter und des leistungsorientierten Lebensstils. Wie hier werden Probleme verharmlost, unter den Teppich gekehrt oder als normal und unproblematisch betrachtet, was die Figuren stärker werden oder daran zerbrechen läßt.
Auch wenn die toxische Beziehung zwischen Cleo und Frank der rote Faden ist, an dem man sich durch den Roman hangelt, widmet Coco Mellors den Nebenfiguren viel Aufmerksamkeit, was mir prinzipiell gut gefallen hat. Leider ist die Zusammenführung der Einzelschicksale zum großen Ganzen nicht gut gelungen. Das Buch liest sich zwar leicht und ist unterhaltsam, aber einige stilistische Wendungen mit Wechsel der Blickwinkel auf die Figuren wirken doch zu bemüht und viel zu abrupt. Außerdem hätte ich mir für ein rundes Leseerlebnis etwas weniger Personal und dafür mehr Tiefe im Betrachten der Schicksale gewünscht. Das Buch hat mich insgesamt gut unterhalten, aber nicht ganz abgeholt.