Ein Lichtblick in Österreichs Romanlandschaft
Andreas Kiendl, in Österreich eher als Schauspieler, denn als Autor bekannt, hat mit „Leibnitz“ einen Roman geschrieben, der sich so oder so ähnlich überall abspielen könnte:
Das Ehepaar Claudia und ...
Andreas Kiendl, in Österreich eher als Schauspieler, denn als Autor bekannt, hat mit „Leibnitz“ einen Roman geschrieben, der sich so oder so ähnlich überall abspielen könnte:
Das Ehepaar Claudia und Christian Grebien leben gemeinsam mit ihren beiden Kindern im Haus von Christians Eltern. Alt und jung unter einem Dach, ist nicht immer ein Vergnügen. Doch auch das Ehepaar hat außer dem gemeinsamen Singen im Kirchenchor und die Kinder wenig Berührungspunkte. Man lebt eher neben- als miteinander. Christian pendelt wie viele Männer dieser Gegend zum Arbeiten aus. Und genauso ertränkt er die Unzufriedenheit mit sich und dem Leben im Alkohol.
Als er betrunken einen schweren Autounfall verursacht, der ihn als Invaliden zurücklässt, gerät seine ohnehin instabile Welt weiter in Schieflage.
Meine Meinung:
Andreas Kiendl fängt in seinem Roman die Stimmung einer Kleinstadt ein, deren Bewohner durchaus zurückhaltend und manchmal depressiv ist.
Der übermäßige Alkoholgenuss, um seine Sorgen zu ertränken, zieht seine Spur durch den Roman, genauso wie die Sprachlosigkeit, die zwischen den Eheleuten herrscht. Manchmal habe ich mich gewundert, warum Claudia ihren Ehemann nicht rechtzeitig verlassen hat, denn ein harmonisches Zusammenleben sieht anders aus. Dass sie nach dem Autounfall bei ihm bleiben „muss“, um dem Gerede der Leute entgegenzutreten, ist eine schwierige Entscheidung. Wo sollte sie auch hin? Ohne wirkliche Ausbildung? Ohne Rückhalt? Ihre Mutter lebt ihren eigenen Traum in Amerika und die Schwiegereltern, nun ja.
Der Autor beschreibt diese stellenweise recht triste Situation mit einfühlsamen Worten. Der Spagat zwischen „Schein“ und „Sein“ wird von fast allen Mitwirkenden virtuos beherrscht. Sei es der Chorleiter, der seine Frau doch nicht wegen Claudia verlässt, oder die Freundin, die Claudia einen Job verschafft.
Viele der Charaktere sind wie aus dem Leben gegriffen. Der Spiegel, den uns der Autor vor die Nase hält, lässt manchen Leser vielleicht erschrecken. Jede Figur des Romans hat sympathische und (häufiger noch) unsympathische Züge. Dadurch wirkt der Roman lebensecht.
Fazit:
Der Roman besticht durch korrekte Grammatik und wohl gesetzte Worte. Ein Lichtblick in Österreichs Romanlandschaft, auch wenn der manchmal ein pessimistischer Unterton mitschwingt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.