Hatte mir etwas anderes erhofft
MEINE MEINUNG
Der Autor lässt die Leser an seinem Leben teilhaben, beschreibt seine Laufbahn bei der Polizei und welche Gründe ihn letztlich dazu bewogen, dieser den Rücken zu kehren. Außerdem lässt er ...
MEINE MEINUNG
Der Autor lässt die Leser an seinem Leben teilhaben, beschreibt seine Laufbahn bei der Polizei und welche Gründe ihn letztlich dazu bewogen, dieser den Rücken zu kehren. Außerdem lässt er sich zur Politik im Allgemeinen und zur Corona-Pandemie im Besonderen aus, beschreibt Zustände, die aus seiner Sicht nicht tragbar sind, und welche unüberwindbare Hürde die Bürokratie manchmal darstellt.
Ich fand das Buch insgesamt sehr negativ. Es kam mir weniger vor wie eine Autobiografie, sondern mehr wie eine Abrechnung mit der Polizei, Behörden und Politik. Er schildert zwar auch manche positive Erlebnisse bei der Polizei, größtenteils aber beschreibt er Situationen, in denen er sich gegängelt, bevormundet und systematisch benachteiligt fühlte. Den titelgebenden Satz habe er so oft gehört, beschreibt aber keine einzige Szene, in der dieser Satz fiel. Stattdessen fühlt er sich benachteiligt, denn "die Mama mit dem mittlerweile schulpflichtigen Kind darf halbe Tage machen, aber der ledige Andreas darf zur Belohnung für seine Halbtagstätigkeit und auf Dauer das Kellerkind mimen." Dass das schulpflichtige Kind vermutlich mittags nach Hause kommt und der Mama gar nichts übrig bleibt als halbtags zu arbeiten; es außerdem in meinen Augen sehr positiv ist, dass hier Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird, hat auf der Waagschale natürlich nichts zu suchen.
Nach einer mehrjährigen Fortbildung und einer Stelle, auf der er kreuzunglücklich war, kehrt er in seine neue alte Dienststelle zurück, stellt aber fest: "Was ist bloß aus der guten, alten Polizei geworden, bei der und für die ich so gerne gearbeitet habe?" Den Eindruck, dass er gerne bei der Polizei gearbeitet hat, hatte ich im ganzen Buch nicht. Zwar beschreibt er auch Anekdoten und Erfolge, aber für mich überwogen ganz klar negative Schilderungen.
So beschreibt er auch, wie er neben und nach dem Polizeidienst, zusammen mit seiner Lebensgefährtin, in der Gastronomie immer wieder gegen bürokratische Hürden läuft und mit Menschen zu tun hat, die egoistisch und eigennützig handeln und ihn damit immer wieder vor Probleme stellen.
So setzt es sich im Buch weiter fort, und als er in den letzten Kapiteln zu einem Rundumschlag gegen die Politiker und Politik, ausholt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Corona-Maßnahmen als "Farce" bezeichnet, namentlich den "Pandemie-Onkel Lauterbach, der sich in seiner Rolle des großen Mahners und Propheten gut gefällt" verurteilt sowie den Medien einseitige Berichterstattung nicht nur in Bezug auf die Pandemie vorwirft, ist für mich das Fass übergelaufen. Klar darf eigene Meinung in einer Biografie stattfinden, aber in dem Maße, wie hier aus subjektiven Erfahrungen und einzelnen Vorkommnissen ein Systemversagen skizziert wird, konnte ich nicht nachvollziehen, auch wenn ich in einzelnen Punkten der gleichen Meinung bin wie der Autor.
Er hebt seine positiven Eigenschaften Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Geradlinigkeit immer wieder hervor, aber Empathie habe ich in diesem Buch häufig vergeblich gesucht.
FAZIT
Für mich ist dies weniger eine Autobiografie, ich hatte vielmehr den Eindruck, als sei dies eine Abrechnung mit der Polizie und Behörden, der Politik und manchen Menschen im Speziellen. Damit konnte mich das Buch leider nicht überzeugen.