Cover-Bild Bronstein
Band der Reihe "Zeitgeschichtliche Kriminalromane im GMEINER-Verlag"
15,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Gmeiner-Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Krimi: Polizeiarbeit
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 280
  • Ersterscheinung: 17.04.2019
  • ISBN: 9783839224366
Andreas Pittler

Bronstein

Sein vergessener Fall
Während Oberst Bronstein den Mord an einem Arbeiter aufklären will, wird er auf Weisung von oben als vermeintliches „Publikum“ zum Politprozess gegen führende Oppositionelle abkommandiert. Gegenüber dem Ausland will das herrschende Regime einen Zustand der Normalität vortäuschen. Das mutige Verhalten der Oppositionellen veranlasst Bronstein, mit anderen Augen auf seinen Fall zu blicken. Er setzt alles daran, die Mordsache, anders als von der Diktatur gewünscht, wahrheitsgemäß zu lösen. Die Spur führt direkt zu den im Untergrund tätigen Nazis.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.04.2019

Penibel recherchiert und fesselnd erzählt

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David Bronstein, seines Zeichens Oberst der Wiener Kriminalpolizei im Jahre 1936, hat wieder einmal einen Mord an einem Arbeiter aufzuklären. Doch bevor er sich intensiver mit dem Tod von Hans Binder auseinandersetzen ...

David Bronstein, seines Zeichens Oberst der Wiener Kriminalpolizei im Jahre 1936, hat wieder einmal einen Mord an einem Arbeiter aufzuklären. Doch bevor er sich intensiver mit dem Tod von Hans Binder auseinandersetzen kann, wird er als „Zuschauer“ zu einem politischen Prozess in den Gerichtssaal beordert.

Es sind die Jahre des Ständestaates, also jene zwischen Bürgerkrieg (1934) und dem Anschluss an Hitler-Deutschland (1938), die Österreichs Justiz in den Fokus des Auslandes geraten lassen. Die Oppositionellen werden seitens der Regierung gnadenlos verfolgt, während man die noch im Untergrund agierenden Nazis nicht so ernst nimmt.

Das selbstbewusste Auftreten einiger sozialistischer Angeklagter bringt Bronstein dazu, den Mord an Hans Binder von einer anderen Seite zu betrachten. Nochmals begibt er sich mit seinem Kollegen Cerny nach Simmering, wo Binder in einem heruntergekommenen Mietshaus gewohnt hat. Bei den Befragungen der wenigen anderen Mieter, entdeckt Bronstein ein kleines Detail, dem er noch weitere Nachforschungen folgen lässt. Ist hier das Mordmotiv zu suchen? Wie heißt es doch so schön? „Folge der Spur des Geldes“ – egal wie hoch die Summe ist.

Meine Meinung:

Andreas Pittler hat mit diesem Fall wieder ein großartiges Sittenbild von Wien (und Österreich) der Jahre vor dem Anschluss geschrieben.
Allerdings kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass er auch ein wenig die aktuelle politische Situation in Europa meint, wenn er seinen Oberst nachdenken lässt:
„Damals waren die Polen aus dem demokratischen Konsens in Europa ausgeschert und hatten ein autoritäres Regime etabliert. Das war achselzuckend zur Kenntnis genommen worden, weil es ja in Ungarn und vor allem in Italien nicht anders aussah. Drei Jahre später hatte der König von Jugoslawien eine Diktatur errichtet, und heute, heute war man als Demokrat auf dem Kontinent bereits so etwas wie ein Exot. Die Demokratie, so verkünden die Politiker aller Orten, könne die enormen Probleme, vor denen man stehe, nicht lösen. Es brauche eine starke Hand, die Ordnung schaffe. Der Worte seien nun genug gewechselt, Taten seien gefragt. Und wohin genau sollte das führen? Ging es den Polen, den Ungarn oder den Italienern nun vielleicht besser? Nein! Es durfte, nur nicht mehr offen thematisiert werden, das war der einzige Unterschied.“ (S. 167)

Aus Angst vor dem Bolschewismus hat die damalige Politik die drohende Gefahr von rechts, weder wahrnehmen, noch etwas dagegen unternehmen wollen.

Sprachlich ist dieser Krimi wieder ein großer Genuss. Der tschechisch-stämmige Cerny gewinnt bei den Befragungen das vertrauen so mancher Person durch den Einsatz seiner Muttersprache.
Die meisten Personen sprechen im Wiener Dialekt, aber keine Angst, ein ausführliches Glossar übersetzt die wichtigsten Begriffe. Das macht Pittlers Krimis so lebendig, genauso wie die doch eher unangepasste Art seines Ermittlers Bronstein. Der geneigte Leser wird bestimmt ahnen, dass der Oberst in den nächsten Jahren mit allerlei Ungemach zu rechnen haben wird, wie sich hier auf S. 178 abzeichnet.

Pittler lässt wieder historische Personen auftreten. Diesmal ist es der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky, der als blutjunger Jura-Student seinen Auftritt vor Gericht hat (S. 120).

"Eine Idee wird zur Gewalt, wenn sie die Massen ergreift". Dieser Satz von Seite 122 lässt mich an die zunächst friedlichen Proteste der "Gelbwesten" in Frankreich denken, die inzwischen eskaliert sind.

Fazit:

Wieder ein gut recherchierter historischer Krimi, der sich die eine oder andere Anspielung auf das hier und heute nicht verkneifen kann. Gerne gebe ich 5 Sterne und empfehle das Lesen der gesamten Reihe rund um David Bronstein.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Mehr politisches Statement als Krimi

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Wien 1936: Oberst David Bronstein soll zusammen mit seinem Mitarbeiter Cerny den Mord an Hans Binder aufklären, einem ehemaligen Vertrauensmann der Sozialdemokraten, welcher in seiner Wohnung erschossen ...

Wien 1936: Oberst David Bronstein soll zusammen mit seinem Mitarbeiter Cerny den Mord an Hans Binder aufklären, einem ehemaligen Vertrauensmann der Sozialdemokraten, welcher in seiner Wohnung erschossen wurde. Allerdings finden sich keinerlei Hinweise auf den Täter oder wenigstens ein Motiv. Die anderen Mieter im Haus meinen „Die G´schicht´ ist ja eh völlig klar. Den Hans, den haben die Faschisten g´macht.“ (S. 17)
So ist es auch nicht verwunderlich, dass Bronsteins Chef ihn nur 2 Tage später von dem Fall abzieht. Der tote Binder interessiere keinen, um den kann sich der Cerny kümmern. Er soll stattdessen in einem Sozi-Prozeß einen Zuschauer spielen und die anderen Zuschauer bespitzeln. Bronstein hat keine Lust, aber schon der erste Verhandlungstag macht ihm klar, dass dieser Prozess ein Politikum ist und seine Meinung über die herrschenden Verhältnisse nachhaltig beeinflusst.

„Bronstein – sein vergessener Fall“ ist bereits der 5. Fall dieser Reihe und obwohl ich die Vorgängerbände nicht kenne, hatte ich keine Probleme, die Figuren oder ihre Handlungen zu verstehen. Trotzdem konnte mich Andreas Pittler nicht ganz überzeugen.
Oberst Bronstein kein schneidiger Ermittler, sondern ein netter, älterer, gemütlicher Herr, der auf seine Pensionierung wartet und die Zeit gern im Kaffeehaus oder der Wirtschaft verbringt. „Wie sollte da er, alt und verbraucht, einen Mörder fangen, wenn überhaupt nichts mehr so war, wie es vordergründig den Anschein hatte?“ (S. 109) Im Umgang mit Frauen ist er etwas ungelenk aber charmant. Die Welt ist im Umbruch und Bronstein wird das alles zu viel. Der erste Weltkrieg war doch schlimm genug, warum haben die Menschen nichts daraus gelernt sondern bekriegen sich schon wieder?! Am liebsten würde er am Meer sitzen und in die Wellen starren. Genau so ermittelt er auch, ganz in Ruhe.

Mit fehlte hier eindeutig Spannung. Die Handlung tröpfelt nur so vor sich hin. Ungefähr die Hälfte des Buches beschäftigt sich mit dem Gerichtsprozess und der Nazifizierung Europas, statt mit dem Mord. Ich war regelrecht überrascht, als es dann auf den letzten 60 Seiten doch noch mal um den Fall ging und er auch endlich aufgeklärt wurde.
Der Autor erzählt sehr weitschweifig, kommt vom Hundertsten ins Tausendste und verwendet sehr viele österreichische Begriffe, die leider nicht alle erklärt werden. Das sorgt zwar für viel Wiener Schmäh, aber auch Verwirrung bzw. Verzögerung, weil man immer mal wieder Googeln muss, was denn nun gemeint ist.
Leider nur 3 von 5 Sternen.