Ein fesselnder hist. Roman am Vorabend des 30-jährigen Krieges
Der Historiker und Autor vieler historischer Wien-Krimis Andreas Pittler entführt uns die Zeit der Gegenreformation. Eine Zeit, die von kriegerischen Auseinandersetzungen katholischer gegen protestantische ...
Der Historiker und Autor vieler historischer Wien-Krimis Andreas Pittler entführt uns die Zeit der Gegenreformation. Eine Zeit, die von kriegerischen Auseinandersetzungen katholischer gegen protestantische Herrscher geprägt ist. Unter dem Deckmantel des Glaubens werden Herrschaftsansprüche in Frage gestellt.
Wir haben es hier mit mehreren Handlungssträngen, der jeder für sich ein eigenes Buch füllen könnte: Zum einem, der Aufstand der Iren (und Schotten) gegen das protestantische England, der mit brutaler Gewalt von den Engländern niedergeschlagen wird.
Zum anderen die Böhmischen Landstände, die auf die Erfüllung des Majestätsbriefes von Kaiser Maximilian II. pochen, mit dem er 1609 den böhmischen Untertanen die protestantische Religionsausübung gestattet. Maximilians Nachfolger Matthias, versucht, unter dem Einfluss der mächtigen Katholischen Kirche, die Erlaubnis zurückzuziehen.
Ein weiterer Handlungsstrang ist in Rom rund um den Papst angesiedelt, der durch seine Edikte und die „propaganda fidei“ Jagd auf Andersgläubige macht.
Durch das feine, aber dicht gewobene, Netz der Ereignisse verbunden, treffen einige Betroffene dieser Konflikte in Wien aufeinander.
Andrew O’Connor, der irische Adelige, der beim Aufstand alles verliert was ihm lieb ist und teuer ist und ihn zum Jesuiten werden lässt, sowie der protestantische Laienprediger Černy aus Böhmen, der von O’Connor verhört werden soll.
Intrigen spinnend und seine eigenen Ziele vor Augen, mischt auch der Wiener Bischof und Kanzler von Kaiser Matthias, Melchior Khlesl mit. Je nachdem, welcher Schachzug seinem Ehrgeiz gerade dienlich ist, beeinflusst er den Kaiser.
Geschickt verpackt der Autor die religiösen Differenzen in die Verhöre, die O’Connor mit Černy führt. Der Protestant bringt O’Connors Glauben gehörig ins Wanken. Die Dispute sind tiefschürfend und lassen auch die Leser nicht kalt. Pittlers Schreibstil ist nichts für zwischendurch. Wohlgesetzte Worte,
die beinahe philosophisch anmuten, entwickeln eine Eigendynamik, die den Leser in den Bann schlägt. Die Sogwirkung der Sprache ist unglaublich.
Die Schauplätze in Sligo, Prag, Rom und Wien sind meisterhaft in Szene gesetzt. Als Wienerin konnte ich Khlesl und O’Connor mühelos durch die Hauptstadt des Reiches folgen. Die Entbehrungen der Menschen, die kalten Winter – auf Grund der plastischen Schilderungen ist alles hautnah erlebbar.
Die Leser sind gefordert. Manchmal muss die eine oder andere historische Gegebenheit und/oder Persönlichkeit nachrecherchiert werden. Das ist auch mein einziger (kleiner) Kritikpunkt: ich hätte mir, für alle jene, die sich in Geschichte nicht ganz so firm fühlen, ein Personenregister mit Erläuterungen gewünscht.
Fazit:
Ein großartiger historischer Roman, bei dem der Autor seine Leser zwischendurch mit seinen philosophischen und historischen Betrachtungen fordert. Dies tut dem Lesevergnügen jedoch keinen Abbruch. Eine absolute Leseempfehlung und 5 Sterne.