Ein trauriges Schicksal
In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa ...
In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa engagiert sich immer mehr in der Missionsarbeit der Gruppe und verlässt letztendlich Deutschland um mit Erich, Onkel Paul und Gleichgesinnten in Chile eine Gemeinde aufzubauen.
Viele Jahre später versucht Anna, Ruths Tochter, nach dem Tod ihres Lebenspartners wieder Halt zu finden und lernt zufällig Menschen kennen, die zur „Colonia Dignidad“ gehörten und das weckt in Ruth die Erinnerung an ihre Freundin Christa und die Ereignisse des Sommers. Es ist unausweichlich, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss.
Erst in den letzten Jahren sind die schlimmen Vorgänge der Colonia Dignidad in Chile an die Öffentlichkeit gekommen. Viel zu lange stand diese „Mustersiedlung“ der deutschen Freikirchler unter dem Schutz beider Regierungen und deren Politikern. Man wollte nicht zu genau hinschauen, obwohl es schon lange Gerüchte über Missbrauch und Gewalt gab und Paul Schäfer, der Leiter der Sekte schon lange im Verdacht stand, die Gemeinde wie eine Strafkolonie zu leiten. Aber die Bilder von fröhlichen jungen Menschen in Dirndl und Lederhosen, die Volkslieder sangen, bestimmten in der Öffentlichkeit lange das Bild dieser Sekte.
Die drei Hauptfiguren Ruth, Christa und Anna erzählen aus ihrer Sicht die Geschehnisse und das hat mich sofort in Bann gezogen. Es ist der Autorin gelungen, mit einem fast schon dokumentarischen Roman die Geschehnisse ans Licht zu holen. Wobei mir Christas Erinnerungen am stärksten unter die Haut gingen. Die Abhängigkeit an den charismatischen „Onkel Paul“ machte diese Sektenstruktur überhaupt erst möglich und nun kann ich verstehen, wie schwer es ist, sich daraus zu lösen.
Mit der Beschreibung von Christa und Ruth, aber auch Anna, sind der Autorin wunderbare Frauenportraits gelungen, die lange im Gedächtnis bleiben und mich lange über die Lektüre hinaus beschäftigt haben. Dadurch war ich viel tiefer und emotionaler berührt, als es bei den sachlichen Berichte und Reportagen über die Colonia der Fall war, die zwar Entsetzen hervorriefen, aber so fern schienen. Die Mischung aus emotionaler Geschichte und dokumentarischen Einschüben hat mir gut gefallen. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und meine Gefühle mein Lesen nicht verbergen: Trauer, Rührung, Entsetzen – es ist mir unter die Haut gegangen.
Dieses Buch wird noch lange in mir nachwirken und ich möchte es uneingeschränkt empfehlen.
Nur noch ein Wort zum Titelbild, es fängt wunderbar die Stimmung des Sommers 1959 ein, in dem Alles seinen Anfang nahm.