Große Unterhaltung
2162 ist die Umwelt der Erde quasi zusammengebrochen. Die Überlebenden wohnen in großen Türmen, werden im Labor fortgepflanzt und über allen steht Präsidentin Gold. Jade ist eine Wissenschaftlerin und ...
2162 ist die Umwelt der Erde quasi zusammengebrochen. Die Überlebenden wohnen in großen Türmen, werden im Labor fortgepflanzt und über allen steht Präsidentin Gold. Jade ist eine Wissenschaftlerin und soll eine Brücke aufbauen, die in die mittelalterliche Erde führt. Doch stattdessen entsteht eine Einstein-Rosenberg-Brücke nach Ägeon und Ranon steht vor ihr, ein junger Mann von einem fremden Planeten. Gemeinsam erkennen sie, was Gold mit Ägeons Herrscher vereint und kommen der Geschichte von den Sternentränen der Königin Risa auf die Spur.
Jades Welt ist klar eine dystopische, Ranons dagegen scheint zumindest auf den ersten Blick eine fantastische zu sein. Doch nach und nach entpuppt sich das, was dort als Magie oder Macht bezeichnet wird als Technik. Diesen Trick fand ich sehr gut, um das Genre nicht zu überstrapazieren und die Vielfalt der Auslegung zu zeigen. Die Perspektive, das wird immer wieder klar, bestimmt, wie Dinge bezeichnet werden und wie die Menschen darauf reagieren. Der Punkt ist so wunderbar eingespielt und wird immer wieder aufgegriffen, dass es richtig Freude macht und immer wieder Aha-Erlebnisse folgen.
Die Erzählform ist nicht klar personal. Ich finde eher, dass ein auktorialer Erzähler sich auf verschiedene Personen fokussiert. Darum kann er zwischen den einzelnen Figuren springen, in Gedanken und Träume blicken und weiß mehr, als die Figuren. Dass er nicht alles dem Leser auf die Nase bindet, hat mir gut gefallen. Auch sorgt die umfassende Sicht für einen wunderbaren Blick in die verschiedenen Welten, so dass der Leser sich zurecht finden kann und Nähe zu den Figuren aufgebaut wird.
Ganz toll fand ich, wie gekonnt Motive eingesetzt und später wieder aufgegriffen wurden. Das hat immer wieder dafür gesorgt, sich trotz unterschiedlicher Schauplätze und Figuren zurecht zu finden und dabei Spaß zu haben. Dabei spielt der Roman auch mit Klischees auf eine wunderbar angenehme Weise. Ich bin richtig in dem Buch versunken.
Jades Welt ist ein Matriarchat, Männer werden nur noch als Soldaten und zum Saubermachen „gebraucht“. Wie schön der Roman gerade hier an vorgefertigten Rollen und Klischees stößt und damit arbeitet, zeigt sich nicht erst, als Ranon aus der patriarchisch geprägten Welt dazu kommt. Schnell spielt Das Geheimnis der Sternentränen mit Erwartungen und Mustern, überrascht und begeistert immer wieder.
Doch es gab auch zwei Stellen, die mir persönlich aufgestoßen haben. Zum einen das erste Treffen zwischen Ranon und Jade, bei dem sich die beiden sofort um den Hals fallen. Und dann die schnelle „Abfertigung“ auf Ägon, bei der ein wichtiges Ereignis lediglich als Bericht wiedergegeben wird. Während der zweite Punkt zumindest die Illusion des personalen Erzählers aufrecht erhält und verschmerzbar ist, machen den ersten die vielen Vorteile des Romans weg, eine Schwachstelle bleibt es aber.
Mir hat das Buch großen Spaß gemacht und ich glaube, dass es ehr gekonnt fantastische Elemente so in die Science Fiction Handlung einbaut, dass auch Fantasy-Leser wunderbar damit beraten sind. Die Autorin werde ich auf jeden Fall im Auge behalten.