Wer Chöre kennt, wird hier einiges erkennen
Ich habe als Teenagerin in einem Chor mit einem ebenfalls baltischen Dirigenten gesungen, der war allerdings Lette und mein Onkel. Was zunächst auf sanften Druck seinerseits begann, machte bald richtig ...
Ich habe als Teenagerin in einem Chor mit einem ebenfalls baltischen Dirigenten gesungen, der war allerdings Lette und mein Onkel. Was zunächst auf sanften Druck seinerseits begann, machte bald richtig viel Spaß, zumal meine gleichaltrigen Freundinnen dort auch mitsangen.
Wir sangen allerdings nur auf Lettisch, wenn auch viele Nichtlettinnen mit dabei waren - Ehefrauen lettischer Männer, die umgekehrte Version gab es nicht im Chor. Allerdings waren viele Kinder lettischer Elternteile wie ich dabei, die teils die Sprache beherrschten. Was aber durchaus vergleichbar war mit dem Chor von Anna Katharina Hahn: wir waren allesamt Laien, sangen nur zum Vergnügen, auch wenn wir gelegentlich auftragen. Wahrscheinlich war das Niveau unseres gemischten Chores deutlich niedriger als das des hier vorgestellten Stuttgarter Frauenchores mit estnischer Dirigentin.
Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen, insbesondere die Passagen, in denen der Chor übte. Die meisten Gedanken der einzelnen Sängerinnen waren mir zum großen Teil überhaupt nicht fremd, sondern für eine so willkürlich zusammengewürfelte Gruppe durchaus üblich.
Allerdings verließ die Handlung für meinen Geschmack zum Ende hin zu sehr das musikalische Umfeld und wurde zu einer Art Gehacke untereinander. Die Situation der schon älteren Sängerin Lena hätte deutlich eindringlicher und in Teilen auch würdevoller dargestellt werden können - jedenfalls nach meinem Geschmack.
Aber insgesamt war es ein musikalischer Lesegenuß, bei dem ich viele Lieder - auch unter den estnischen (mein Vater war Este) - wieder erkannte und es vor allem musikliebenden Leser:innen jedweder Herkunft von Herzen empfehle!