Weil die „After“-Reihe der Erfolgsautorin Anna Todd bereits schon vor Monaten in aller Munde war, muss ich zugeben, dass ich ein kleiner Nachzügler beim Lesen dieser Reihe bin. Sie stand zwar schon ewig auf meiner Wunschliste und mir war auch schon lange klar, dass ich mir diese Reihe nicht entgehen lassen darf, trotzdem haben mich die zwiespältigen Meinungen lange abgeschreckt. Der erste Band – „After Passion – hatte mir allerdings sehr gut gefallen und durch den enormen Cliffhanger wollte ich natürlich unbedingt wissen, wie es in "After Truth" weitergeht.
Im Grunde fällt es mir wahnsinnig schwer, dieses Buch/Hörbuch zu bewerten und irgendetwas dazu zu sagen, denn die Faszination, die diese Reihe bei mir auslöst, obwohl kaum etwas passiert und der Plot kaum vorangetrieben wird, lässt sich einfach kaum in Worte fassen. Viele negative Stimmen zu dieser Reihe oder zu diesem Buch kann ich durchaus nachvollziehen (und stellenweise vielleicht sogar unterstreichen), aber trotzdem haben mich Tessa und Hardin einfach nicht loslassen können – obwohl ich sehr oft das Gefühl hatte, dass die Autorin Anna Todd unbedingt will, dass die Leser ihre Figuren hassen.
Die Umsetzung des Plots erschien in mir in "After Truth" ein Stück weit schwächer als beim Vorgängerband. Nach dem ersten Teil war klar: Das ewige Hin und Her zwischen Tessa und Hardin geht weiter, nimmt immer wieder neue Höhen und Tiefen ein und bringt nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Leser mit jeder neuen Seite zum Verzweifeln. Ich kann nicht mal wirklich sagen, worin diese Sogkraft liegt, die dieses Buch auf mich ausübt, aber obwohl sich alle Streitereien und Diskussionen zwischen den beiden nur im Kreis drehen, sie sich in jedem Buch gefühlt zehn Mal trennen, jeder irgendwie mit einem anderen rummacht und sie sich einfach unmöglich benehmen, fasziniert mich diese Buchreihe und die beiden Charaktere.
Denn obwohl in 768 Seiten bzw. 22h 14 fast überhaupt nichts passiert, außer Streit, Gezicke, Versöhnung und Sex konnte ich einfach nicht aufhören zu lesen. Sowohl Hardin, als auch Tessa stehen sich immer wieder selbst im Weg und können weder ohne noch mit dem jeweils anderen wirklich leben. Sie verletzen sich durchweg beide gegenseitig, sie torpedieren sich von Anfang bis Ende, spielen oftmals unnötig den Beleidigten, verhalten sich kindisch und naiv und bringen sich gegenseitig ständig auf die Palme. Klingt ziemlich anstrengend? Ist es auch! Es ist gleichermaßen frustrierend und verärgernd, was Anna Todd ihren Figuren antut und wie sie sie jedes Mal aufs Neue an ihre Grenzen bringt.
Allerdings hatte ich bei After Truth den Eindruck, dass dadurch das Gefühl und die Emotionen auf der Strecke bleiben. Ich habe mich geärgert, ich habe die Augen verdreht, ich war geschockt und wütend, aber Tessas und Hardins Liebe gingen mir in dem zweiten Band ein Stück weit unter und ich konnte auch nicht so wirklich mit den beiden mitfühlen. Vielleicht lag es daran, dass ich den 100. Streit auch einfach nicht mehr ernst nehmen konnte, Tessas übertriebene „Rumheulerei“ mir auf den Keks ging oder Hardin mir ein bisschen too much Badboy war. Dieser Band hat es mir auf jeden Fall nicht so einfach gemacht, wie der Auftaktband, was ich schade fand.
Allgemein hatte ich das Gefühl, dass die Autorin den Fokus ihrer Figuren verliert. Tessa wirkte im ersten Band schon extrem unsicher, naiv und weltfremd, aber in "After Truth" fand ich das ganze sogar noch ein Stück weit schlimmer. Das ständige Hin und Her ihrer Gedanken und Gefühle, ihre Wankelmütigkeit und ihre Entscheidungslosigkeit hatten für mich eher was von einer 15-Jährigen. Dabei wandert ihre Einstellung von „Ich hasse Hardin“ und „Hardin wird niemals zu mir passen“ zu „Ich liebe Hardin“ und „Ich will Hardin heiraten und mein Leben mit ihm verbringen“. Ich hatte stellenweise wirklich Probleme damit, zu wissen, bei welchem Standpunkt sie sich gerade befindet, so schnell hat sie ihre Meinung wieder geändert – vor allem aufgrund ganz banaler Begebenheiten.
Hardin hat es mir in diesem Buch auf eine ganz andere Art und Weise schwergemacht. Zwar fand ich es gut, dass er dieses Mal seine eigenen Kapitel bekommen hat und er sein Badboy-Auftreten erklären konnte, allerdings gefällt mir seine Darstellung immer weniger gut. Sein laxer Umgang mit Alkohol, seine Ausraster und die ständige Schreierei, die er sich mit Tessa liefert, hat nicht gerade Vorbildfunktion und hat auch nicht wirklich dazu beigetragen, ihn als sympathischen Freund oder Liebhaber wahrzunehmen. Man merkt ihm seine abgrundtiefe Liebe zu Tessa auf jeden Fall an, aber seine Aussetzer sind manchmal schon arg grenzwertig – auch wenn ich nicht ausschließen will, dass es solche Charaktere auch wirklich gibt.
Trotz allem kann ich nicht bestreiten, dass diese Reihe eine gewisse Sogwirkung auf mich und andere Leser ausübt. Auch wenn die Streitereien und das ewige Hin und Her nerven – und man ständig das Gefühl hat, das wird niemals aufhören! – wollte ich doch zu jeder Zeit wissen, wie es zwischen den beiden weitergeht und ob sie es nochmal hinbekommen. Welche Probleme kommen noch auf sie zu? Werden sie daran wachsen oder zerbrechen? Welcher ihrer „Freunde“ wird als nächstes versuchen, die beiden auseinander zu bringen? Und wie werden sich die Zukunftspläne der beiden miteinander kombinieren lassen? Die Autorin schafft es meiner Meinung nach sehr gut, dass der Leser immer mehr erfahren möchte – was letztlich auch dazu führt, zusammen mit sehr guten Cliffhangern, dass die Reihe so erfolgreich ist. Auch wenn ich mich sehr auf den dritten Teil freue, brauche ich jetzt erstmal eine Pause von dem Hardin-Tessa-Drama.
Fazit
Bei "After Truth" schwanke ich zwischen der Tessa-Hardin-Faszination und der Frage, inwieweit der Leser es noch aushält, drei weitere Teile dieses Dramas zu lesen. Dieses Buch der Autorin hat mir noch recht gut gefallen, auch wenn die Geschichte schon jetzt starke Schwächen aufweist und mir die Charakterentwicklung nicht so wirklich zusagt. Trotzdem verliert die Geschichte meiner Meinung nach kaum an Sogwirkung. Ich bin gespannt, was die Autorin im dritten Teil aus dem ungleichen Paar machen wird.