Meinung
Der Roman Die störrische Braut ist eine Neuerzählung Shakespeares Stücks Der Widerspenstigen Zähmung. Insgesamt wurden acht seiner Werke durch internationale Autorinnen und Autoren in moderner Weise interpretiert. Anne Tylers Werk Die störrische Braut erzählt von einer leicht schrägen Amerikanischen Familie und deren Umgang mit- und untereinander. Da ich das Original nie gelesen habe, kann ich darauf nicht eingehen und betrachte den Roman daher als eigenständiges Werk.
Es gibt nüchterne Figuren, die durch ihre Art witzig, bissig und unterhaltsam wirken. Am besten funktionieren sie, wenn sie für sich allein stehen und sich so von den anderen Charakteren abzuheben wissen. In dem Fall der Störrischen Braut trifft diese Eigenschaft nahezu auf jede Person zu, was das Lesen schwieriger macht. Kates sarkastische Art, die sonst sehr abwechslungsreich gewesen wäre, ging dadurch komplett unter, da nahezu alle Personen ähnlich reagieren und ihre Handlungen somit auch ungünstig berechenbar sind.
Das was Kate und den anderen den lieben langen Tag passiert ist einfach zu banal, als das es gerne an den Roman fesseln lässt. Zumal die Geschichte sehr vorhersehbar ist, egal ob man mit dem Ablauf des Originalstückes nun vertraut ist oder nicht.
Figuren müssen nicht immer eine komplexe Entwicklung durchleben, um interessant zu wirken. Sie dürfen auch rückständig und ihre Aktionen müssen zum Romanende hin nicht nachvollziehbar sein. Allerdings macht es die Identifizierung mit ihnen nicht unbedingt einfacher. Warum hat Kate sich schlussendlich so entschieden? Was ist passiert, was mir als Leserin anscheinend entgangen ist, dass sie ihrem Vater nachgibt? In einem sehr kleinen Fenster gibt sie einen Einblick in ihr Inneres und doch fehlte da auf Dauer das gewisse Etwas, was normalerweise dazu führen sollte, dass Kate menschlich wirkt.
Die Idee, berühmte Geschichten in einem in der Gegenwart angelegten Setting neu arrangiert auferstehen zu lassen, ist reizvoll und wurde unter anderem auch in einem ähnlichen Konzept mit den Jane Austin Romanen umgesetzt. Bei Die störrische Braut wollte sich allerdings nie so ganz das Gefühl einstellen, einen Roman zu lesen. Man merkt auch dieser neuen Fassung an, dass es sich eigentlich um ein Stück handelt und daher bin ich mir ziemlich sicher, dass Anne Tylers Version als Film eine deutlich bessere Wirkung erzielen würde.
Die störrische Braut ist kein schlechtes Leseerlebnis. Hier bitte den Satz mit dem nicht ausgeschöpften Potenzial hindenken - eigentlich möchte ich solche Floskeln nur ungern verwenden, doch hier würde er sich wahrlich gut machen. Bis zum Schluss hin könnte der Roman als gut lesbar bewertet werden. Vielleicht als Urlaubslektüre passend. Doch der schmierig süße Epilog weiß das Gesamtbild komplett niederzureißen und liest sich wie ein absurdes Plädoyer für arrangierte Ehen. An diesem Punkt hatte mich Anne Tyler komplett verloren. Da ihre anderen Bücher allerdings in den höchsten Tönen gelobt werden, bin ich nicht abgeneigt, mir diese beizeiten anzusehen.
Fazit
Die störrische Braut könnte leicht als kurzweilig einzustufen sein, würde der Roman es seinen LeserInnen nicht so schwer machen, ihn richtig einordnen zu können. Auch nach reichlicher Überlegung erschließt sich mir nicht, was Anne Tyler genau mit diesem Werk auszudrücken vermochte (laut den Bewertungen anderer Rezensenten weicht die Geschichte sehr vom Original ab). Und so bleibt es am Ende für mich eine Leseerfahrung mit einer nicht all zu störrischen Braut. Allerdings würde eine Umsetzung als Fernsehfilm sicher seinen Reiz haben.