Emotionen pur.
Arno Geiger erzählt in diesem Buch vom Leben seines Vaters, welches duch die Demenz bzw. Alzheimer-Erkrankung immer mehr an Orientierung verliert. Es ist jedoch nicht nur die Lebensgeschichte des Vaters ...
Arno Geiger erzählt in diesem Buch vom Leben seines Vaters, welches duch die Demenz bzw. Alzheimer-Erkrankung immer mehr an Orientierung verliert. Es ist jedoch nicht nur die Lebensgeschichte des Vaters namens August die Inhalt des Buches ist, sondern auch der Umgang im Alter bzw. mit der neuen Situation (durch die Krankheit, einen Umzug in ein Heim). (Mehr gibt es dazu nicht zu sagen - m.M.n.)
Wer sich schon öfter mit dem Thema Demenz bzw. Alzheimer auseinander gesetzt hat, der wird dieses Buch sicher mit anderen Augen sehen, so erging es mir nämlich - um dies gleich mal vorweg zu sagen. (Meine Oma ist auch an Demenz "erkrankt", manche geschilderten Situationen kamen mir sehr bekannt vor...)
Im Buch erzählt Arno Geiger über das Leben seines Vaters, wie er so aufgewachsen ist, seine Frau kennen lernte, das Leben mit dem Vater. Über die Veränderungen, die die Krankheit Demenz bzw. Alzheimer mit sich bringt und die erst abgetan werden und nicht ernst genommen werden. Mit der Zeit lernt man aber den Umgang mit der Krankheit, so dass man den Vater eben auch möglichst versucht zu schonen bzw. keine Diskussionen einzugehen, auch wenn man hier oft mal geschickt manche Frage bzw. Fragestellung umgehen muss, was er im Buch recht gut schildert.
Es war für mich einfach mal "wunderbar" zu sehen, dass es auch anderen Menschen so geht, die mit Menschen, die an Demenz erkrankt sind, zu tun haben. So war es eine Bestätigung zu lesen, dass man eben auf keinen Fall große Diskussionen eingeht, sondern eine Aussage ggf. einfach bestätigt und die Person im Glauben lässt, dass es so ist. (Wenn gleich mir das anfangs echt oft schwer gefallen ist, weil man die Dinge ja doch richtig stellen will.) Es hat allerdings wirklich oft keinen Sinn, etwas richtig darzustellen, denn im nächsten Moment sind die Dinge schon wieder vergessen, da das Kurzzeitgedächtnis einfach nicht mehr mit Informationen "belieferbar" sind.
Manche im Buch geschilderte Situationen mögen einem als nicht-betroffenem Menschen wirklich lustig vorkommen, ich habe extra die oben ausgewählte Leseprobe hier genommen. Auch für mich ist diese Szene ein Stück weit "lustig", aber dennoch ist es schlimm hier zu sehen, wie sich ein Erkrankter die Welt zurecht bastelt. In manchen Momenten kann man sich manchmal wirklich nur wundern, ich habe beispielsweise meine Oma vor kurzem gefragt (unterwegs in der Stadt, schönster Sonnenschein) ob sie ein Eis möchte. Daraufhin habe ich die folgende Antwort erhalten: "Ich mag Eis, aber ich möchte heute keines." Ich war daraufhin regelrecht baff, denn solche Antworten bin ich weniger gewohnt - eben weil sie so dermaßen klar war. Über diese Antworten wundert man sich bei Demenzkranken eben doch auch manchmal - zumindest geht es mir so. Ich denke zwar auch gerne noch mit einem Schmunzeln an diese Szene, es gibt aber auch oft genug Momente, in denen man nur noch heulen könnte. Beispielsweise wenn eine erkrankte Person verwirrt ist. So wollte meine Oma schon zu ihren Eltern gehen, diese sind seit langem Tod, ich habe meine Urgroßeltern nicht mehr kennen gelernt... (In manchen Momenten - wie eben in der Eis-Szene - merkt man, dass Demenz auch mit "Altersschwachsinn" bzw. Altersblödsinn übersetzt wird. Ich möchte damit auf keinen Fall irgendetwas abwerten, aber es stimmt eben auch ein Stück weit...)
Ich habe nun wohl wirklich weit ausgeholt, ich hoffe man sieht mir dies nach, aber es ist eben ein Thema das mich unheimlich beschäftigt und mit diesem Buch noch mehr beschäftigt hat.
Für mich war dieses Buch ein Kraftspender, ein Mut-Macher. Ein Buch, das mir gezeigt hat, dass wir auf dem richtigen Weg hinsichtlich des Umganges sind. Dass man alles eigentlich lockerer sehen sollte. Und das tue ich auch.
Ich lege dieses Buch jedem ans Herzen, der sich mit Demenz auseinander setzen möchte bzw. muss. Für mich war es ein interessanter Einblick, zumal die Geschichte wunderbar geendet hat (und damit verrate ich nicht zuviel), so dass bei mir nur noch die Tränen gelaufen sind...
Ich vergebe 5 von 5 Sternen und spreche eine Lese-Empfehlung aus.