Charleys Tante bei der Wehrmacht?
Autor Martin Dammann beschäftigt sich in diesem Buch mit Soldaten (der Wehrmacht) in Frauenkleidern. Er ist, wie er im Vorwort anmerkt, über dieses Thema buchstäblich gestolpert. Dutzende Fotos hat er ...
Autor Martin Dammann beschäftigt sich in diesem Buch mit Soldaten (der Wehrmacht) in Frauenkleidern. Er ist, wie er im Vorwort anmerkt, über dieses Thema buchstäblich gestolpert. Dutzende Fotos hat er in seinem Buch abgebildet.
Wie kommt es, dass sich Soldaten als Frauen verkleiden? Die Antworten sind vielfältig.
Zum einen, treten die Männer in Theaterstücken zur Zerstreuung der Truppen auf, in den sie selbst die Frauenrollen übernehmen. Das ist prinzipiell nichts Neues, wurden doch schon im antiken Griechenland Frauenrollen ausschließlich von Männern verkörpert. Andererseits probieren Soldaten erbeutete Kleidungsstücke wie Unterkleider oder Strumpfhalter und posieren vor der Kamera.
Die Gründe hierfür sind nicht immer nachvollziehbar. Einfach Jux und Tollerei? Oder schlicht die Sehnsucht nach Weiblichkeit, in dem man den Duft der Kleidungsstücke einsog? Es ist ja bekannt, dass olfaktorische Reize Erinnerungen auslösen (können).
Ein Foto erinnert an Lale Andersons Lied "Lili Marleen".
Das Thema Transgender ist in der Nazi-Zeit weder im Zivil- noch im Soldatenleben öffentlich präsent, weil die Menschen ja ziemlich sicher im KZ enden würden.
Auch Homosexualität ist verboten, dennoch scheint es auf einigen Fotos nicht unmöglich zu sein, dass Soldaten bei homoerotischen Handlungen „ertappt“ wurden.
Der Autor zeigt auch einige wenige Fotos von amerikanischen Soldaten in Frauenkleidern.
Aufgefallen ist mir, dass auf einigen Fotos die Soldaten zwar weibliche (Ver)Kleidung, aber dazu ihre Stiefel tragen. Auf anderen Bildern tragen sie jedoch durchaus weibliche Schuhe - sind die aus dem Theaterfundus der Truppenbetreuung? Denn (echte) Damenschuhe jenseits der Größe 40 sind in jener Zeit auch abseits des Krieges im freien Handel eher selten zu erhalten.
Zu diesem interessanten Thema hätte mir eine wissenschaftliche Begleitung des Buches gewünscht. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.