Biografie einer kontroversiellen Person
„Fahren Sie sofort los!“ Diese Worte wird Alexandra Kollontai (1872-1952) mehrmals in ihrem Leben hören, wenn ih die Verhaftung droht.
Zunächst wächst sie als Alexandra Michailowna Domontowitsch, Tochter ...
„Fahren Sie sofort los!“ Diese Worte wird Alexandra Kollontai (1872-1952) mehrmals in ihrem Leben hören, wenn ih die Verhaftung droht.
Zunächst wächst sie als Alexandra Michailowna Domontowitsch, Tochter eines russischen General ukrainischer Abstammung und einer finnischen Mutter, umgeben von zahlreichen Bediensteten in Sankt Petersburg auf. Das altkluge, wissbegierige Mädchen wird, wie damals üblich, von Hauslehrern unterrichtet. Sie erlebt das tödliche Attentat auf Zar Alexander II. (1881) durch die Narodnaja Wolja sowie die anschließenden Hinrichtungen der Attentäter, darunter Alexander Uljanow, Lenins Bruder, und Sofja Perowskaja.
Recht bald kommt sie mit dem revolutionären Gedanken in Kontakt und beschließt, als Sozialistin die Welt, und da vor allem das Los der Frauen, verändern zu wollen. Sie lässt Mann und Kind zurück und geht nach Zürich, um Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Wenig später muss sie aus Russland fliehen, weil ihr auf Grund ihrer Schriften und ihres Engagement für den Sozialismus und die Gleichberechtigung für die Frauen die Verhaftung droht. Nach mehreren Stationen in Deutschland und Frankreich landet sie in Skandinavien. Den Beginn des Ersten Weltkriegs und die Kriegsbegeisterung auch zahlreicher ihrer Freunde erlebt sie in Deutschland, wo sie als „feindliche Ausländerin“ interniert und dann nach Dänemark abgeschoben wird.
Obwohl sie bis 1915 den Menschewiki angehört, wechselt sie zu den Bolschewiki, kehrt 1917 nach Russland zurück, schließt sich den Revolutionären an. Wieder droht die Verhaftung, der sie nur knapp entgeht. Wenig später siegen die Bolschewiki unter Lenin und Kollontai wird im November 1917 Volkskommissarin (= Ministerin) für soziale Fürsorge. Damit ist sie Europas erste Ministerin.
Das Auf und Ab ihrer politischen Karriere setzt sich fort. Die spätere Annäherung an den Stalinismus schadet ihrem Ansehen im Ausland. Trotzdem ist sie als Botschafterin der UdSSR in Norwegen und Schweden.
Alexandra Kollontai lebte weitgehend selbstbestimmt und war mit ihren Ansichten und Forderungen ihrer Zeit weit voraus.
Bis heute gilt Alexendra Kollontai als einflussreiche Vorkämpferin für Frauenrechte und Vordenkerin für freie Liebe.
Ihre oft fundamentalistischen Ansichten bezüglich der Kollektivierung der Landwirtschaft und die Entlassung bzw. den Parteiausschluss von Personen, die nicht aus der Arbeiterklasse stammen, machen sie allerdings zu kontroversen Persönlichkeit.
Meine Meinung:
Das Autorenduo Barbara Sichtermann und Ingo Rose hat eine interessante Roman-Biografie über Alexandra Kollontau verfasst. Die Autoren beleuchten den Lebenslauf der Tochter aus gutem Hause und ihre Verwandlung zur Vorkämpferin für Frauenrechte.
Zahlreiche Auszüge aus Briefen, Zeitungsartikeln und Schriften der Kollontai geben gemeinsam mit einigen Fotos ein
beredtes Zeugnis der Verfechterin des Sozialismus ab. Die Hinwendung zum Stalinismus lässt sie allerdings in einem kontroversen Licht erscheinen.
Fazit:
Gerne gebe ich dieser differenzierten Biografie der russischen Vorkämpferin für soziale Gerechtigkeit und Frauenemanzipation 5 Sterne.