Guter Thriller, völlig falsch gewählter Titel
Der amerikanische Präsident Duncan steht zu Beginn der Geschichte vor dem Repräsentantenhaus und muss sich rechtfertigen: hat er mit dem international meist gesuchten Terroristen telefoniert? Hat er eingegriffen, ...
Der amerikanische Präsident Duncan steht zu Beginn der Geschichte vor dem Repräsentantenhaus und muss sich rechtfertigen: hat er mit dem international meist gesuchten Terroristen telefoniert? Hat er eingegriffen, damit besagter Terrorist bei einem Einsatz in Algerien lebend davonkommt?
Der Präsident kann bei der Befragung kaum antworten, es geht um Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Den USA droht ein Terrorangriff, dessen Ausmaß noch niemand abschätzen kann. Fest steht nur: es ist das Schlimmste, was das Land bisher gesehen hat. Und die Terroristen kennen offenbar ein Codewort, das nur der engste Sicherheitsrat des Präsidenten kennen sollte.
Duncan macht sich selbst auf, um den Anschlag zu verhindern, bis es plötzlich heißt: „the president is missing“…
Der erste Thriller von Bill Clinton und bei dem Titel dürfen sich Leser eigentlich Insider Informationen eines ehemaligen Präsidenten erhoffen.
Die hat es so nicht gegeben, was aber nicht heißen soll, dass der Thriller schlecht war. Der Thriller zeigt klar, dass hinter jedem Staatsoberhaupt, hinter jedem Politiker, der im Rampenlicht steht, hinter dem mächtigsten Mann der Welt, auch nur ein Mensch steht. Ein Mensch der teilweise mit unfassbaren Entscheidungen zu kämpfen hat, der über Leben und Tod entscheiden kann. Diese persönliche und sehr emotionale Ebene hat mir unglaublich gut gefallen.
Außerdem hat mich das eigentliche Thema Cyberterrorismus sehr angesprochen. Der Thriller hat mir bewusst gemacht, wie extrem abhängig wir von Technologie sind. Kommt es zum großen Stromausfall, zum Internet-Breakdown, sind wir wirklich aufgeschmissen! Der Leser beginnt zu hinterfragen, ob es wirklich sinnvoll sein kann, die Welt derart von Technologie steuern zu lassen und sich so von ihr abhängig zu machen.
Ebenfalls positiv: der Thriller ist über weite Teile durchaus spannend erzählt, die Protagonisten sind sehr menschlich gezeichnet und der Leser kann sich zumindest ansatzweise mit ihnen identifizieren (soweit das mit Politspitzen der USA eben möglich ist). Dazu kommen wenige Plottwists, die sind dafür umso überraschender ausgearbeitet.
Und auch das Hörbuch ist angenehm zuzuhören, gut gelesen. So weit, so positiv.
Kritik gibt’s aber natürlich auch. Gerade zu Anfang ist es schwierig hineinzukommen, der Leser muss recht viel an Wissen über das US-amerikanische politische System mitbringen, um mitzukommen. Viele Abkürzungen werden einfach vorausgesetzt, das Wissen um Positionen im Sicherheitsrat des Präsidenten wird vorausgesetzt.
Außerdem hätte ich mir vom Titel her etwas völlig anderes vom Buch erwartet. Ich finde den Titel sehr sehr irreführend und nicht passend für den Thriller.
Und dazu kommt: es ist eindeutig ein amerikanisches Buch. Die etwas überheblich wirkende Art der Amerikaner, die sich als Weltmacht feiern und als internationale Sicherheitspolizei sehen wird doch sehr herausgekehrt.
Alles in allem aber ein spannender Politthriller, für Fans des Genres durchaus empfehlenswert. Mich würde aber noch interessieren, wie viel darin tatsächlich von Bill Clinton selbst stammt.