Bewegende Geschichte über einen Bruderzwist
„...Du hattest eine Lungenentzündung sowie eine Entzündung in beiden Ohren. Das ist der Grund, weshalb du zur Zeit nichts hörst. Mach dir keine Sorgen, dass bekommen wir wieder hin...“
Elias ist 12 Jahre, ...
„...Du hattest eine Lungenentzündung sowie eine Entzündung in beiden Ohren. Das ist der Grund, weshalb du zur Zeit nichts hörst. Mach dir keine Sorgen, dass bekommen wir wieder hin...“
Elias ist 12 Jahre, als er nach einem Streich seines älteren Bruders Nathan das Gehör verliert. Die Worte der Ärzte treffen nicht zu. Sie bekommen es nicht hin. Elias kann seine Behinderung nur bedingt akzeptiern.
Die Autorin hat einen bewegenden und tiefgründigen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist sehr fein ausgearbeitet. Er sorgt für eine hohen Spannungsbogen, lässt viel Platz für Gefühle und gibt den inneren Zwiespalt der Protagonisten wieder.
Nach dem Abitur hat Elias seine Familie verlassen. Normalerweise wollte er nur für ein Jahr nach Australien. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen. Er lebt in Amerika. Eine Rückkehr ist kein Thema. Die Dominanz der Mutter auf den Weingut und die Verachtung seines Bruders will er nie wieder spüren.
Dann aber erreicht ihn ein Hilferuf seiner minderjährigen Schwester Sophie. Einmal pro Woche hatte er mit ihr geskypt. Nun meldet sie sich außerhalb der Zeit. Bei einem Unfall wurden sein Mutter und sein Bruder getötet.
„…Diese Rachegefühle sind mit seinem Tode nutzlos geworden. Das Leben ist meiner Rache zuvorgekommen...“
Die Gedanken bewegen Elias, wenn er an Nathan denkt. Mit seiner Mutter aber hätte er sich gern noch ausgesprochen. Der Vater hat schon vor Jahren die Familie verlassen. Eine Scheidung gab es nie.
Elias lässt alles stehen und liegen und fliegt nach Deutschland. Hier sieht er sich einer Situation gegenüber, die er so nie haben wollte. Er muss sich um ein Weingut kümmern, das kurz vor der Insolvenz steht, die Sorgen und Wünsche seiner Schwester ernst nehmen und nebenbei Geld verdienen. Er hat zwar keine Ausbildung, ist aber ein begnadeter Mechaniker. Das verdankt er seinem Vater, der ihn schon als Dreikäsehoch bei Reparaturen helfen ließ. Als er den Traktor untersucht, mit dem der Unfall geschah, wird er stutzig.
Außerdem erscheint ein Fremder auf dem Hof, der Geld will, dass ihn Nathan angeblich schuldet. In der Nähe trifft Elias auf Lulu. Die junge Frau war in Australien seine Freundin. Sie kennt sich mit Buchhaltung aus und greift Elias unter die Arme. Ab und an geigt sie ihm auch gehörig die Meinung.
„...Eins noch. Es ist es wert, Elias. Am Ende wirst du erkennen, für die Menschen, die du liebst, ist es leicht, ein Stück seiner Freiheit zu opfern...“
Nach und nach wird deutlich, welche seelischen Verletzungen Elias mit sich herumträgt. Als sein Vater erscheint, werden die Karten neu gemischt. Er übernimmt Verantwortung. Das Gespräch des Vaters mit Elias ist für mich nicht nur der sprachliche Höhepunkt des Buches. Hier wird deutlich, was in der Familie alles schief gelaufen ist. Elias stellt sich mit dem Vater an seiner Seite seinen Ängsten. Die Familie findet zusammen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist heftig, wie es ausarten kann, wenn ein Bruder den anderen dominiert. Hinzu kam, dass für die Mutter nur das Weingut zählte. Die Wünsche der Kinder spielten keine Rolle. Für Nathans Narzissmus hatte sie keinen Blick.