Ein bitterer Tee
Meinung
Der Anfang des Romans war sehr vielsprechend. Umso enttäuschender war der Einbruch, der fast genau zur Mitte hin über Ellie und ihre Teestube hereinbrach.
Inhalt und Schreibstil wirken unstrukturiert ...
Meinung
Der Anfang des Romans war sehr vielsprechend. Umso enttäuschender war der Einbruch, der fast genau zur Mitte hin über Ellie und ihre Teestube hereinbrach.
Inhalt und Schreibstil wirken unstrukturiert bzw. wild zusammengewürfelt. Zum einen wäre da die Aufteilung in Kapitel aus Sicht der Protagonistin sowie ihres Objekts der Begierde. Gefallen hat mir, dass obwohl beide aus der Sicht des Erzählers verfasst sind, trotzdem genug Raum für Tiefe, Gefühle und Gedanken gelassen wurde. Beschreibungen, die Umgebung oder Tätigkeiten betreffen oder sogar Ellie, wenn nicht ihre eigenen Gedanken mit eingearbeitet wurden, werden anschauerlich nahe gebracht. Warum dann ausgerechnet das Niveau sinkt, wenn eigene Gedanken Ellies oder Joes einfließen oder auch die beiden miteinander sprechen, ist mir unerklärlich. Man fühlt sich dadurch teilweise in einen Jugendroman versetzt.
Bis zur Hälfte des Romans hat mir die Geschichte noch richtig gut gefallen. Diese erste Hälfte stellen Ellies erste drei Wochen auf Castle Claverham dar und befassen sich mit ihrem schwierigen Start dort und in der Teestube. Und dann, wie aus heiterem Himmel, sieht sich der Leser plötzlich einer aus dem Nichts erschienen Liebesgeschichte gegenüber. Ja, ein Interesse der beiden ist vorhanden, warum aber auf einmal „echte Gefühle“ im Spiel sind, wurde mir nicht nahe gebracht. Die oben erwähnten Kapitel aus Sicht von Joe nahmen bis dahin einen schwindend geringen Teil ein. Nicht nur, dass sie immer mehr werden, sie vermischen sich auch mit denen von Ellie. Auch hier habe ich mich wieder gefragt, warum man diese Aufteilung einführt, wenn man sie dann doch nicht einhält.
Ich kann weder sagen, dass ich den Roman richtig gut, noch richtig schlecht fand. Besonders der Anfang mit Ellies Wiederaufbau der Teestube, der noch detailreich beschrieben wurde und auch das letzte Drittel, welches für Spannung sorgte, haben mir gut gefallen. Jedoch wirkte alles, was sich dazwischen befand, als ob es von jemand anderem geschrieben worden ist. Egal ob es Ellies Liebes- oder Arbeitsleben betraf, wurde viel durch Nacherzählungen an den Leser getragen. Ich bevorzuge immer die Variante „show, don’t tell“. Durch das nachträgliche Schildern gingen die vielen netten Details, die zu Beginn noch eingestreut wurden, verloren. Die charmante Atmosphäre sowie der persönliche Einfluss durch die Protagonistin haben darunter doch sehr gelitten. Ein weiterer Punkt, der mich zu dieser Erkenntnis bringt, ist die wechselnde Qualität der Ausdrucksweise. Mal werden Teestube und Schloss so beschrieben, als sei man selbst anwesend, um dann auf der nächsten Seiten in Groscheromanniveau abzudriften.
„Ja, die gefürchtete Hosenschlange rührte sich. Scheiße.“
Die zuvor erwähnte Spannung, hätte ich mir bereits an früherer Stelle gewünscht. In letzter Zeit halte ich anscheinend häufiger Romane in den Händen, denen weniger Seiten nicht geschadet hätten. Auch hier wären 100 Seiten weniger hilfreich für einen durchgehenden Lesefluss gewesen.
Fazit
Romane, die die in Cafés und Teestuben spielen, oder in denen diese eine große Rolle spielen, sind mein absolutes Guilty Pleasure. Ich komme selten um einen solchen Roman herum. Dabei könnte man auf die Idee kommen, dass ich so ziemlich alles, was in dieser Hinsicht erzählt werden kann, schon gelesen habe und dass alle Romane, die weiterhin erscheinen, immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Die Gute Nachricht ist: Dem ist nicht so und es trifft auch nicht auf diesen Roman zu. Die schlechte ist, dass sich „Rosen, Tee und Kandiszucker“ nicht aus der Masse, dieser Romane hervorzuheben weiß.
Die von mir aufgeführten negativen Punkte sollten euch nicht davon abhalten, euch selbst ein Bild von diesem Roman zu machen. Ich würde ihn euch besonders empfehlen, wenn ihr eine Schwäche für englische Liebesfilme habt, in denen Geheimnisse, Dramen und kitschige Happy Ends so selbstverständlich sind, wie Scones zum Tee. Dabei solltet ihr jedoch auf jeden Fall beachten, dass die Charaktere lediglich an der Oberfläche kratzen und sich eine Bindung zu ihnen – zumindest bei mir – nicht einstellen kann.