✎ Cathy Rentzenbrink - Das letzte Zeichen unserer Liebe
Cathy Rentzenbrink hat ein Buch von emotionaler Tiefe geschrieben.
Wir begleiten die Autorin durch die (schwere) Zeit, die sie erlebte, als ihr Bruder ins Koma fiel und nicht mehr aufwachte. Dies erstreckt ...
Cathy Rentzenbrink hat ein Buch von emotionaler Tiefe geschrieben.
Wir begleiten die Autorin durch die (schwere) Zeit, die sie erlebte, als ihr Bruder ins Koma fiel und nicht mehr aufwachte. Dies erstreckt sich über Jahre und manchmal erlebt sie tolle Sachen mit ihm, aber meistens sind es doch eher nervenzerrende Ereignisse, die sie immer wieder zweifeln lassen.
»Jemand, der so innig geliebt wurde, konnte doch sicher nicht sterben?« (S. 34)
Sie erzählt, wie ihre Eltern diese Periode wahrnahmen, aber vor allem schildert sie ihre Sicht und ihre Gefühle, die man mit jeder Zeile intensiv spürt.
»Es stellte ein Scheitern dar, und ich fühlte mich beschämt.« (S. 137)
Anfangs wird Matthew zu Hause betreut, aber irgendwann geht dies nicht mehr und er wird liebevoll in professionelle Hände gegeben. In solchen Momenten möchte man am liebsten die Arme ausstrecken und den Angehörigen Halt anbieten. Aber sie schöpfen selbst Kraft und merken, dass nicht immer alles schlecht ist und es kein Scheitern darstellt, wenn man sich Hilfe holt.
»Die tägliche Pflege dem Heim zu übertragen gab mir die Gelegenheit, anzufangen, um Matthew zu trauern.« (S. 137)
Als dann die Entscheidung ansteht, ob man den Bruder weiterhin am Leben halten oder ob man die Qualen beenden möchte, hielt ich für einige Augenblicke immer wieder die Luft an. Ich persönlich kann mir im Moment nicht vorstellen, solch einen Schritt zu wagen. Den Kampf mit sich selbst konnte ich daher gut nachvollziehen.
»Nichts in meinem Leben hatte mich auf die Aufgabe vorbereitet, niederschreiben zu müssen, dass ich meinen Bruder sterben lassen wollte.« (S. 130)
Bis zum Schluss war ich tief traurig über dieses Schicksal, jedoch bewunderte ich ebenso die Energie, die hier aufgebracht wurde und die Liebe, die zwischen den Worten steckt.
»Es macht einen Unterschied, ob man glaubt, dass jemand die Musik nicht hört, oder ob man aufhört, sie für ihn zu spielen.« (S. 203)
Für mich eines der emotionalsten Bücher, die ich bisher in diese Richtung gelesen habe.
©2018
weitere Zitate:
»Ich hatte noch nicht gelernt, dankbar für die Abwesenheit von Albträumen zu sein.« (S. 35)
»Die Ärzte erklärten uns, dass sie Matty nicht länger behalten könnten, da sie das Bett für hoffnungsvollere Fälle benötigten.« (S. 71)
»Hatte einen Trauerfall ohne einen Toten.« (S. 135)
»Ich hatte ein Gefühl von Erleichterung erwartet [...], dass Matty endlich habe sterben dürfen, aber ich verspürte sie nicht.« (S. 158)
»[...] während ich mich fragte, wie ich je darüber hinwegkommen sollte, dass ich meinen Bruder hatte sterben lassen wollen.« (S. 172)
»Ich versuche nicht mehr, alles zu sein - ich bin einfach nur ich, und das ist ziemlich gut.« (S. 211)