Cover-Bild Stalins Alpinisten
22,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Tyrolia
  • Themenbereich: Sport und Freizeit
  • Genre: Sachbücher / Natur & Technik
  • Ersterscheinung: 22.09.2021
  • ISBN: 9783702239732
Cédric Gras

Stalins Alpinisten

Der Fall Abalakow
Vom glorreichen Aufstieg und tragischen Niedergang der Brüder Abalakow
Ein preisgekröntes Berghelden-Schicksal im Roten Zeitalter der UdSSR

Wie kam es, dass Stalin die gefeierten Alpinisten, die in seinem Namen den Marxismus bis auf die höchsten Gipfel tragen sollten, verhaften und verschwinden ließ? Seit der preisgekrönte französische Journalist Cédric Gras vom Los der Brüder Abalakow erfahren hatte, ließ ihn diese Frage nicht mehr los. Er beschloss, den Spuren ihres Lebens nachzugehen.
Witali und Jewgeni Abalakow unternehmen zahlreiche Expeditionen im Kaukasus sowie im zentralasiatischen Pamir und Tian Shan. Dort besteigen sie in den 1930er Jahren im Namen des Systems die Siebentausender Pik Stalin und Pik Lenin sowie den Khan Tengri – und werden als Helden bejubelt. Bald wendet sich das Blatt: 1938 wird Witali Abalakow Opfer des Großen Terrors und der Säuberungen. Er überlebt und kehrt in die Berge zurück. Sein Bruder Jewgeni wird 1948 tot aufgefunden.
Cédric Gras hat sowohl in den Archiven des KGB als auch in Sibirien sowie in den Bergen Zentralasiens recherchiert, um das Leben der Brüder Witali und Jewgeni Abalakow zu rekonstruieren, die – erst unzertrennlich, dann zerstritten – gemeinsam das Rote Zeitalter erlebten und davon träumten, den höchsten Gipfel der Welt im Namen der UdSSR zu bezwingen. Entstanden ist so eine packende Reportage, in welcher der Erzähler die Leserinnen und Leser ganz unmittelbar an seinen Recherchen und Entdeckungen teilhaben lässt.

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Lesejury-Facts

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  • Venatrix hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.05.2024

Eine späte Hommage

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Durch einen Zufall ist mir diese preisgekrönte Reportage des französischen Journalisten Cédric Gras über die sowjetischen Brüder und Bergsteiger Witali und Jewgeni Abalakow in der Bibliothek in die Hände ...

Durch einen Zufall ist mir diese preisgekrönte Reportage des französischen Journalisten Cédric Gras über die sowjetischen Brüder und Bergsteiger Witali und Jewgeni Abalakow in der Bibliothek in die Hände gefallen.

Während man die Bergsteiger und Bergsteigerinnen aus Österreich, der Schweiz, Deutschland, den USA oder Japan zumindest dem Namen kennt, sind jene der UdSSR meist unbekannt. Mit diesem Buch setzt Cédric Gras den Brüdern Witali und Jewgeni Abalakow ein Denkmal.

Akribisch geht er in verschiedensten Archiven, auch in jenen des KGB Russlands allen jenen Hinweisen nach, die die Abalakows betreffen. Dabei stößt er auf Überraschendes und Verstörendes.

Wie kommt es, dass die zunächst von Stalin gefeierten Alpinisten, die seine Büsten und die vermeintlichen Segnungen des Marxismus auf die Gipfel der Berge der UdSSR bringen, plötzlich in Ungnade fallen, verhaftet werden und mitunter verschwinden lässt?

Die Brüder, die aus Krasnojarsk/Sibirien stammen, unternehmen zahlreiche Expeditionen im Kaukasus sowie im zentralasiatischen Pamir und Tian Shan. Dort besteigen sie in den 1930er Jahren im Namen des Regimes die Siebentausender Pik Stalin und Pik Lenin sowie den Khan Tengri, der sie beinahe das Leben und zahlreiche Finger und Zehen kostet. Sie werden als Helden bejubelt.

1936 gehen die Brüder das letzte Mal gemeinsam auf den Berg. Zum einen gerät der Alpinismus zunehmend unter staatliche Kontrolle und zum anderen zerstreiten sich die Brüder auch privat. Ab 1937 findet das traditionellen Bergsteigen ein Ende. Da der Sowjetischen Armee Gebirgsjäger, wie in der Deutschen Wehrmacht oder den anderen Armee zu finden sind, fehlen, sollen die Abalakows Soldaten dazu ausbilden. Dabei achtet das Regime nicht auf die körperliche Eignung, sondern auf die Regimetreue.

Ab 1938 werden nicht mehr einzelne Alpinisten, sondern Truppen von bis zu 2000 Mann vom Regime zum Gipfelsieg entsandt. Dabei geraten viele Bergsteiger unter die Räder, so auch Witali, der Opfer des Großen Terrors und der stalinistischen Säuberungen. Er wird verhaftet, gefoltert und überlebt nur knapp. Nach dem Tod Stalins gelingt Witali die Rehabilitierung, seiner Bergleidenschaft lebt er bis ins hohe Alter aus. Nur der höchste Berg der Welt sollte ihm verwehrt bleiben. Witali stirbt 1986 mit 80 Jahren in Moskau.

Sein Bruder Jewgeni hingegen, der nicht in die Fänge von Stalins Terror gerät, sondern in der Schlacht um Moskau 1941/42 gegen die Nazi-Deutschland kämpft, wird 1948 in seiner Wohnung tot aufgefunden. Obwohl seine Frau nicht an die Kohlenmonoxid-Vergiftung glaubt, wird sein Tod als Unfall klassifiziert und die Akte geschlossen. Ob hier von „höherer oder höchster Stelle“ nachgeholfen worden ist? Oder ist es nur der Unglaube, dass eine so wagemutige Person, einem profanen Gasunfall durch einen defekten Badeofen zum Opfer gefallen sein kann?

Meine Meinung:

Die Recherchearbeit kann nicht hoch genug gelobt werden. Denn in den Archiven des NKWD/KGB nach Regimekritikern zu suchen, ist bestimmt nicht einfach oder angenehm. Es scheint, als hätten die dortigen Mitarbeiter einem ähnlich akribischen Bürokratismus gefrönt wie die Gestapo des NS-Regimes, weshalb zahlreiche Notizen, Briefe, Fotos sowie Verhörprotokolle erhalten geblieben und in die Reportage eingeflossen sind.

Autor Cédric Gras verwebt die Ergebnisse seiner Recherchen gekonnt mit zeitgeschichtlichen Fakten und flicht eigene Erfahrungen beim Bergsteigen mit ein. Diese autobiografischen Einschübe tauchen immer wieder unvermutet und holpern im Lesefluss ein wenig. Ich verstehe allerdings, dass der Autor seine Emotionen mit den Lesern teilen will. Interessant sind auch die vielen erhaltenen Fotos von den Expeditionen sowie von Jewgenis Gemälde.

Das Buch ist dank Manon Hopf's Übersetzung aus dem Französischen ist seit 2021 in deutscher Sprache verfügbar!
2020 wurde es mit dem renommierten „Prix Albert Londres" ausgezeichnet.

Fazit:

Cédric Gras hat mit seinem Buch „Stalins Alpinisten“ eine unwahrscheinlich spannende und packende Reportage geschrieben. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.