Philosophisches Memoir im Stil einer Heldinnenreise
Ich lese sehr gerne autofiktionale Literatur und auch ziemlich gerne Memoirs. Auch das Memoir der amerikanischen Autorin Chloé Cooper Jones hat mich berührt und auf philosophische Gedankengänge mitgenommen, ...
Ich lese sehr gerne autofiktionale Literatur und auch ziemlich gerne Memoirs. Auch das Memoir der amerikanischen Autorin Chloé Cooper Jones hat mich berührt und auf philosophische Gedankengänge mitgenommen, zu denen ich sonst wenig Zugang habe.
Cooper Jones wurde mit einer seltenen Sakralagenesie, auch Kaudales Regressionssyndrom genannt, geboren. Das ist eine Fehlbildung, bei der Teile der Wirbelsäule und des Beckens im Mutterleib nicht ausgebildet wurden. Bei Cooper Jones ist die Behinderung sofort auf Grund ihres Aussehens, ihrer Körpergröße und ihres Gangbild offenkundig sichtbar.
In „Easy Beauty“ schreibt sie viel über ihre Erfahrungen mit der Diskriminierung und den Vorurteilen, die sogar in ihrem weiteren Freundeskreis mehr oder weniger subtil verbreitet sind. Oft erzählt sie von einzelnen Unterhaltungen, die sie verletzten und das Ausmaß des Ableismus in unseres Gesellschaft widerspiegeln.
„Schönheit“, ob in der Kunst oder im Alltag, ist somit ein Thema, das für Cooper Jones schon immer ein sehr Persönliches war und vielfach Gegenstand ihrer Reflektionen und philosophischen Arbeiten.
Als Cooper Jones entgegen der ärztlichen Prognose wieder Erwarten und ungeplant schwanger wird, findet sie in der Mutterschaft eine ganz eigene und angsteinflössende Schönheit.
“Ich legte meine Hand auf seine kleine Brust, spürte, wie sie sich hob und senkte und hob; ich war erleichtert, dass er lebte, und gleichzeitig empört, denn das hieß, dass ich mich um ihn kümmern musste, und ich war wütend auf mich selbst, weil ich buchstäblich eine Liebe in die Welt gesetzt hatte, die mein Leben zerstören konnte.”
In ihrem Memoir lässt mich Cooper Jones für eine kleine Weile an ihrer Persönlichkeitsentwicklung teilhaben, die Ähnlichkeit mit einer Heldinnenreise hat. Denn Cooper Jones will und muss ihr bekanntes Umfeld verlassen um Erfahrungen zu machen, wie beispielsweise bei einem Beyoncé Konzert in Mailand, Tennisberichterstattung über Roger Federer oder die Reise zu Gedenkstätten in Kambodscha, bevor sie ihren eigenen Weg erkennen und weitergehen kann.
Die Beschreibungen ihrer Erlebnisse sind dabei manchmal sehr detailiert und philosophisch. Die geschilderten Ereignisse manchmal scheinbar klein und trivial, um dann doch abstrahiert zu werden.
Und im Zentrum von Cooper Jones Memoir stehen doch die universelle Fragen des Lebens, die uns alle bewegen.
In den USA hat „Easy Beauty“ bereits für einiges Aufsehen gesorgt und Cooper Jones wurde dafür mehrfach preisgekrönt. Ich hoffe, dass auch in Deutschland viele Leser*innen auf ihr Memoir aufmerksam werden und zu dem lesenswerten Buch greifen.