Vom Glück der kleinen Dinge!
Die französische Hochebene, die Causses du Quercy, im Herbst 1901. Ein kleines Mädchen wird inmitten einer Schafherde gefunden, zurückgelassen mit nichts als einem Blatt Papier zwischen Bauch und Wolldecke ...
Die französische Hochebene, die Causses du Quercy, im Herbst 1901. Ein kleines Mädchen wird inmitten einer Schafherde gefunden, zurückgelassen mit nichts als einem Blatt Papier zwischen Bauch und Wolldecke geschoben, auf dem steht „Sie heißt Marie“. Dies ist der holprige Beginn eines langen, von Freud und Leid erfüllten Lebens. Eines reichen Lebens, ganz ohne materiellen Wohlstand und Luxus, doch geprägt von großer Verbundenheit mit der Natur und dem eigenen Wesen, einem tief empfundenen, inneren Frieden.
Manchmal wird mir alles zu viel da draußen, schlägt so ein Gefühl in mir drin sanft aber bestimmt mit seinen Flügeln, ist da diese Sehnsucht nach einem einfacheren Dasein, klareren Strukturen, einer kleineren Welt. Ich fühle mich in solchen Momenten fast fremd in meiner Zeit, haltlos verloren im heutigen Überfluss an Dingen, die wir besitzen wollen, Möglichkeiten, die in Betracht zu ziehen sind, Problemen, die es zu lösen gilt, Wegen, die eingeschlagen werden können – oder auch nicht. All das ermüdet mich bisweilen und ich würde mich am liebsten in ein Schneckenhaus zurückziehen, der Zivilisation und all ihren Ausdünstungen entfliehen. Genau dann greife ich zu Büchern, die mich erden und innerlich ganz ruhig werden lassen, wie Edvard Hoems „Die Hebamme“ oder “Marie des Brebis“ von Christian Signol. Der französische Autor hat die Geschichte der „Schafs-Marie“ kurz vor deren Tod in den 1980er-Jahren basierend auf ihren eigenen Erinnerungen niedergeschrieben und der Nachwelt so das faszinierende Porträt einer so einfachen wie wahrhaft lebensklugen Frau hinterlassen.
Dies ist ein Buch zum Eintauchen und Verschwinden, zum Loslassen. Ein ganz leises Buch, das vom Glück der kleinen Dinge erzählt und mich voller Demut und Dankbarkeit zurücklässt, ergriffenen Herzens und feuchten Auges und mit der festen Sicherheit, dass es ganz in uns selbst liegt, was wir mit den Geschenken des Lebens, den guten wie den schlechten, anstellen.
Aus dem Französischen von Corinna Tramm.