Cover-Bild Goldkind
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17,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Hoffmann und Campe
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Familienleben
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 04.01.2020
  • ISBN: 9783455005998
Claire Adam

Goldkind

Roman
Marieke Heimburger (Übersetzer), Patricia Klobusiczky (Übersetzer)

Es ist dunkel. Insekten umschwirren das Licht im Hof, und der Wachhund sitzt am Tor. Ein Junge ist nicht nach Hause gekommen, und seine Familie wartet ängstlich auf seine Rückkehr. Ein Vater tritt in die Dunkelheit, um nach seinem Sohn zu suchen.
Clyde macht sich Sorgen um Paul, der nicht von seinem Streifzug durch den Busch zurückgekommen ist. Auf Trinidad bleibt man zu Hause, wenn die Sonne untergegangen ist. Vor allem aber ist Clyde wütend, denn schon immer hat sein Sohn ihm Ärger bereitet, ganz anders als dessen alles überstrahlender Zwillingsbruder Peter. Stunden vergehen, Tage. Schließlich melden sich Entführer. Als Clyde begreift, worum es ihnen geht, steht er vor einer ungeheuerlichen Entscheidung: Darf er wirklich das Leben eines seiner Kinder zugunsten des anderen opfern?
"Ein atemberaubender Roman, voll Kraft und Schönheit. Ohne sich selbst zu verleugnen, reiht sich Claire Adam mit ihrem Werk erhobenen Hauptes in die Tradition von Ikonen wie V.S. Naipaul ein." Jennifer Clement
Ausgezeichnet mit dem Desmond Elliott Prize

Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei Sadie in einem Regal.
  • Sadie hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2020

Dramatisch, tragisch, exotisch

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Dies ist die dramatische und tragische Geschichte einer Familie, geprägt von Herkunft, sozialer Schicht und äußerer Umstände. Clyde und Joy, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen, um ihren ...

Dies ist die dramatische und tragische Geschichte einer Familie, geprägt von Herkunft, sozialer Schicht und äußerer Umstände. Clyde und Joy, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen, um ihren Söhnen etwas zu ermöglichen, eine Zukunft, Bildung, Hoffnung. Doch Peter und Paul, die eineiigen Zwillinge, ähneln sich zwar äußerlich, sind aber ansonsten grundverschieden, und die Frage, die im Raum steht: Welche dieser Unterschiede sind tatsächlich real, welche anerzogen? Da ist Peter, der Erstgeborene, das titelgebende Goldkind. Er ist unfassbar klug und hat beste Chancen, die ärmliche Herkunft seiner Familie auf dem Bildungsweg hinter sich zu lassen. Paul hingegen hat von Geburt an mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Noch im Mutterleib von der Nabelschnur umwickelt, stockte die Sauerstoffzufuhr zu seinem Gehirn, seitdem wird er als "zurückgeblieben" abgestempelt - und auch durchgängig so behandelt. Zu Recht?

Die Geschichte beginnt, als die Zwillinge 13 Jahre alt sind und sich die Familie gerade von einem Überfall mit anschließendem Streit erholt. Kurz darauf verschwindet Paul. Clyde macht sich auf die Suche nach seinem Sohn, durchstreift die Nachbarschaft und den Busch, doch Paul bleibt verschwunden. Dieser erste Teil dient als gute Einführung in den Alltag der Familie, man bekommt einen ersten Eindruck der Verhältnisse der einzelnen ProtagonistInnen zueinander.

Dann macht die Autorin einen cleveren Cut: Teil zwei springt weit in die Vergangenheit und erzählt von Peter und Pauls Kindheit und den unterschiedlichen Erwartungen, mit/unter denen sie aufwuchsen. Die Erzählstimme wechselt hier in jedem Kapitel, neben den unmittelbaren Familienmitgliedern kommen auch Außenstehende zu Wort und werfen so noch mal ein ganz anderes Licht auf bestimmte Situationen. Neben der vierköpfigen "Kernfamilie" gibt es noch zahlreiche weitere Verwandte, die das Schicksal der anderen wechselseitig bestimmen. Zum Beispiel Onkel Vishnu, der Bruder von Mutter Joy, der als studierter Mediziner und relativ wohlhabender Mann der große Vorbildcharakter ist. Er erkennt Peters Talent und fördert den Jungen, was wiederum zu Neid und Missgunst bei anderen Verwandten führt.

Der dritte Teil setzt schließlich wieder in der Gegenwart ein, wir erhalten tiefere Einsicht in Pauls Gefühlswelt und seinen Entschluss zur Flucht, die schließlich der Auslöser für den tragischen Höhepunkt des Familiendramas wird. Das Ende bzw. der letzte Teil hat mich sehr mitgenommen - die Situation, die sich ergibt, die Gründe dafür und die letztlichen Konsequenzen waren wirklich absolut tragisch und ich lobe Claire Adam für ihren Mut, das so krass durchzuziehen. Das wird mich noch eine Weile beschäftigen.

Neben der Erzählung an sich und den tiefen Emotionen, die das alles bei mir ausgelöst hat, ist noch ein dritter Aspekt wichtig und erwähnenswert: Die Location des Romans, die hier ganz klar ein weiterer "Protagonist" ist. Die Geschichte spielt auf Trinidad, und der Inselstaat ist allgegenwärtig: Es kribbelt und krabbelt überall, der Busch ist dunkel und geheimnisvoll, das Wetter heiß und feucht. Doch nicht nur die Natur, auch die Menschen und Gewohnheiten sprühen nur so vor Lokalkolorit. Korruption und Banden bestimmen das gesellschaftliche Bild und durchdringen auch scheinbar "sichere" Beziehungen. Die Angst vor Gewalt ist ebenso allgegenwärtig: Hunde sind nicht die "besten Freunde", sondern werden scharf gemacht und verdingen sich als Alarmanlage. Claire Adam bringt den Staat, in dem sie aufwuchs, hier gut zum Leben.

Ein faszinierender Debütroman, der Lust auf mehr von der Autorin macht.

Veröffentlicht am 10.01.2020

Die Opfer die man bringt

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In Trinidad ist das Leben anders.
Die Bevölkerung ist verarmt. Eine gute Schulbildung nicht bezahlbar.
Die Zwillinge Paul und Peter könnten gegensätzlicher nicht sein.
Peter, der Goldjunge, intelligent ...

In Trinidad ist das Leben anders.
Die Bevölkerung ist verarmt. Eine gute Schulbildung nicht bezahlbar.
Die Zwillinge Paul und Peter könnten gegensätzlicher nicht sein.
Peter, der Goldjunge, intelligent und vielversprechend, während Paul, der bei der Geburt unter Sauerstoffmangel litt, zurückgeblieben scheint.
Ihr Vater Clyde versucht alles, um ihnen beiden ein besseres Leben zu ermöglichen.
Doch muss er bald einsehen, dass das nicht funktioniert - nicht in diesem Land.
Ein Land, wo es nur Armut und Korruption gibt - und jeder sehen muss, wo er bleibt.

Paul ist auf einmal verschwunden und Clyde muss die schwerste Entscheidung seines Lebens treffen.

Der Schreibstil ist zuerst ungewohnt, mit den vielen ausländischen Begriffen und eher kurzen schnörkellosen Beschreibungen des Geschehens.
Die Autorin beginnt bei Pauls Verschwinden und rollt dann die Geschichte von hinten auf.
Während des Lesens wird einem schnell bewusst, dass Paul schon immer das "schwarze Schaf" war, während Peter mit seinen außergewöhnlichen Schulleistungen eben das Goldkind war, dass die Familie finanziell retten sollte.
Ein Leben in Armut zu beenden, was nur die wenigsten schaffen.

In 3. Teilen berichtet Adam, wie es letztlich dazu kam, dass Paul für das Familienglück auf der Strecke blieb.
Bei dem Ende blieb mir fast die Spucke weg. Ich bin der Meinung, dass kein Europäer nachvollziehen kann, welche Entscheidung Clyde am Ende trifft.
Doch denkt man darüber nach, welche Zukunft der Familie bevorstand hätte er sich anders entschieden, ist Paul am Ende nun einmal das schwächste Glied, dass für die Familie geopfert werden musste.

Zitat P. 2116
»Ich würde Sie gern etwas fragen, Pater. Worauf wollen Sie hinaus?« »Auf gar nichts. Ich versuche nur, mir ein Bild zu machen.« »Es ist ja so einfach, hier zu sitzen und andere zu verurteilen. Wenn man sich selbst aus allem raushalten kann.«

Fazit: Ein schockierender Roman über die Zustände in anderen Ländern. Trotz des holprigen Starts, ein berührendes und authentisches Buch, dass einem vor Augen hält, wie gut es uns eigentlich geht.

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