Ein anspruchsvoller Roman, aufmerksam zuhören ist nicht immer einfach
Ich muss gestehen ich kam nicht ganz leicht in die Geschichte hinein. Die Handlung ist in drei unterschiedlichen Erzählsträngen aufgeteilt. Einmal in Gil Colemans und seiner Töchter Gegenwart, dann die ...
Ich muss gestehen ich kam nicht ganz leicht in die Geschichte hinein. Die Handlung ist in drei unterschiedlichen Erzählsträngen aufgeteilt. Einmal in Gil Colemans und seiner Töchter Gegenwart, dann die Briefe die Ingrid geschrieben hat und schließlich erzählt Ingrid auch noch ihre Geschichte vom Kennenlernen bis hin zur Ehe und dem Kinder kriegen. Dieser Erzählstrang bereitete mir echte Schwierigkeiten. Ich empfand die Zeitform als störend und konnte mich ganz schlecht darauf einlassen. Die Geschichte selber fand ich sehr schön, anspruchsvoll und nichts was man mal schnell nebenbei in sich aufnimmt.
Gil Coleman beschäftig sich gerade mit Büchern als er einen Blick aus dem Fenster wirft und auf der Straße seine Frau sieht, die zwölf Jahre zuvor spurlos verschwunden ist. Er folgt ihr um sie zur Rede zu stellen und verletzt sich dabei schwer. Seine zwei Töchter pflegen ihn dann zu Haus. Während die ältere die Begegnung mit Ingrid keine Minute lang glaubt, klammert sich Flora daran fest und hofft auch ihre Mutter möge wieder aufgetaucht sein.
Durch die Briefe, die in der Zeit entstanden als Ingrid bereits Mutter war, und Ingrids Erzählung aus der Vergangenheit bekommt man allmählich ein gutes Bild von diesem Beziehungs-, Ehe- und Familiendrama. Auch wenn mir die Zeitform in Ingrids Part nicht ganz zusagte, konnte ich mich mit jeder Minute besser in sie hineinversetzen und ihre Gefühlswelt verstehen. Sie erzählt die Jahre des Kennenlernens und Zusammenleben mit Gil. Es ist eine Zeit, als Frauen die Freiheit für sich beanspruchten zu studieren, fernab von Kind und Familie. Ingrid wollte beides, bekam aber nicht die Chance dafür. Für Gil gab sie ihre eigenen Träume auf, hatte schließlich zwei kleine Kinder zu versorgen, einen Ehemann der wenig zu Hause war und sie auch immer wieder betrog.
Als Zuhörer fragt man sich immer wieder, was ist mit Ingrid passiert. Ist sie tatsächlich verschwunden, weil sie nicht mehr weiterwusste. Was steckt dahinter? Die Auflösung ist gut und selbst erklärend, wenig tröstlich aber passend.
Heikko Deutschmann hat mich ja schon früher von seiner Qualität als Hörbuchsprecher überzeugt. Seine Art des Erzählens, dem Spielen mit den Tonlagen, das gefällt mir einfach und lässt mich in die Geschichte hineinfallen.
Leslie Malton hat auch eine sehr angenehme Stimmfarbe, ihre Art des Erzählens fand ich ab und an aber recht langweilig. Ich mag es, wenn man unterschiedliche Gemütslagen auch entsprechend heraushört. Da hat sie sich doch etwas zurückhaltender gegeben.
Mein Fazit:
Ein wirklich gelungener anspruchsvoller Roman, über eine Beziehung bzw. eine Ehe, die eigentlich sehr harmonisch ist. Es braucht nicht immer Brutalität um ein Drama auszulösen. Das ist in dieser Geschichte sehr gut dargestellt. Die Zeit in der sich die Beziehung abspielte, war eine Zeit in der man als Frau einen Ausweg aus einer Ehe mit Kindern kaum fand. Ingrid war als gefangen, ihre Ausweg aus der Beziehung war so wohl nicht gewollt, gibt dem Roman aber die passende Dramatik.