2300 Jahre Rechtsgeschichte spannend erzählt
Curt Riess nimmt uns in diesem Buch auf eine Reise durch mehr als zweitausend Jahre Rechtsgeschichte, berichtet über berühmte Prozesse und ihre Hintergründe. Der Großteil der Prozesse stammt aus dem 20. ...
Curt Riess nimmt uns in diesem Buch auf eine Reise durch mehr als zweitausend Jahre Rechtsgeschichte, berichtet über berühmte Prozesse und ihre Hintergründe. Der Großteil der Prozesse stammt aus dem 20. Jahrhundert, davor beginnen wir bei Sokrates (399 v. Chr) und werden literarische Zeugen solch unterschiedlicher Fälle wie dem von Jesus, Jeanne d'Arc, Maria Stuart oder Jud Süß. Es gibt gerade in den früheren hier berichteten Fälle viele, in denen die Justiz als williges Werkzeug genommen wurde, um politische Anliegen durchzusetzen und/oder sich unliebsamer Gegner zu entledigen. Dann gibt es Fälle wie den von Oscar Wilde, wo die damals herrschende Moral einen Menschen zerstörte, reine Kriminalfälle (Dr. Crippen, Henri Landru), politische Vergehen (Mata Hari, Hitlerputsch), die Schauprozesse der abscheulichen Nazi- und Stalindiktaturen, und jene berühmten Prozesse der Nachkriegszeit, die der Welt die unbeschreiblichen Naziverbrechen vor Augen führten (Nürnberg, Eichmannprozeß). Es ist also eine gelungene Mischung aus den verschiedensten Fällen und Angeklagten und so werden die unterschiedlichen Aspekte von Rechtswesen und Geschichte anschaulich dargestellt.
Curt Riess tut dies in einem erfreulichen Schreibstil. Er setzt den jeweiligen Fall in Kontext, beschreibt neben den jeweiligen Angeklagten auch, falls relevant, Richter oder Anwälte genauer, verleiht diesen Prozessen eine persönlichere Note. Er schafft es hervorragend, komplexe Informationen auf recht knappem Raum (zwischen 19 und 40 Seiten pro Prozeß) gut verständlich darzustellen. Seine Erzählweise ist farbig, man sieht die Szenerie gut vor sich und wer denkt, daß die Juristerei ein trockenes Fach ist, der wird hier eindeutig eines Besseren belehrt. Ab und an werden Auszüge aus Befragungen, Urteilsbegründungen, Plädoyers oder Worten der Angeklagten zitiert, meistens aber fungiert Riess gewissermaßen als unser Prozeßbeoachter. Er bettet die Prozesse in ihre Vorgeschichte ein, gibt auch ab und an einen kurzen Abriß über Folgeereignisse. So schafft er ein umfassendes, in vielen Facetten informatives Werk, dass sich zudem noch sehr unterhaltsam lesen läßt.