Ungewöhnlich
Der Autor Damiano Femfert schickt uns mit seinem Debütroman "Rivenports Freund" nach Argentinien ins Jahr 1952. In dem nicht näher bekannten kleinen Ort S. lebt Professor Rivenport, Direktor des örtlichen ...
Der Autor Damiano Femfert schickt uns mit seinem Debütroman "Rivenports Freund" nach Argentinien ins Jahr 1952. In dem nicht näher bekannten kleinen Ort S. lebt Professor Rivenport, Direktor des örtlichen Krankenhauses, nach dem Tod seiner Frau sehr zurückgezogen und einzig auf sein Hobby dem Schmetterlingssammeln fokussiert. Sein großer Traum ist es ein eigenes Naturkundemuseum mit der schönsten Schmetterlingssammlung nördlich von Buenos Aires zu eröffnen. Dafür bedarf es großer Anstrengungen seinerseits, und deshalb ist er wenig erbaut von der Störung seiner Arbeit, die sich durch einen unbekannten Schwerverletzten ankündigt, der plötzlich in sein Krankenhaus gebracht wird und so seine volle Aufmerksamkeit erzwingt. Der blonde Fremde wird mit großer Fürsorge von den ebenfalls im Krankenhaus tätigen Nonnen gepflegt und aufgepäppelt. Sein körperlicher Gesundheitszustand wird dann auch von Tag zu Tag besser, aber er leidet an Amnesie und spricht zunächst nicht. Lediglich an seinen Namen erinnert er sich nach einer Weile. Er heißt Kurt und ist offensichtlich Deutscher. Darüberhinaus verhält er sich wie ein Kind, naiv und wißbegierig, ein Sonnenschein mit musikalischem Talent, den Jeder sofort in sein Herz schließt und der aufgrund seines Charmes eine gewisse Narrenfreiheit besitzt. Auch Rivenport fühlt sich gewissermaßen als väterlicher Freund, versucht Kurt nach seinen Vorstellungen zu formen, bevor er beginnt die Vergangenheit des Deutschen zu ergründen, indem er auch der klitzekleinsten Spur folgt, was schließlich zum Erfolg führt.
Der Roman hat eine ganz wunderbare Sprache, sehr poetisch, humorvoll, einfach schön. Sehr gefallen haben mir die Personenbeschreibungen, z.B die der Nonnen:
"Es beeindruckte Rivenport immer wieder, dass Nonnen nicht nur wegen der schlichten Eleganz ihrer Uniform, sondern auch durch ihre Körperhaltung eine natürliche Anmut besaßen. Im Falle der Priorin handelte es sich um die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel" (Seite 21)
Auch das südamerikanische Lebensgefühl, die Rivalität zwischen Argentinien und Chile, konnte der Autor wunderbar mit einem zwinkernden Auge vermitteln.
In diesem Roman wird die Entwicklung des Schmetterlings mit seinen Metamorphosen herangezogen, um die Frage aufzuwerfen, ob ein Mensch unterschiedliche Identitäten haben kann. Und was macht es mit einer Freundschaft, wenn der Mensch, den Du liebgewonnen hast, tatsächlich ein ganz anderer ist, vielleicht ein schlechter Mensch, der schwere Schuld auf sich geladen hat?
In der 2. Hälfte des Buches verliert der Roman seine Leichtigkeit und weist auch leider ein paar Längen auf. Die Glaubwürdigkeit der Geschichte sei mal dahingestellt.
Trotzdem hat mich "Rivenports Freund" faziniert und in seinen Bann gezogen. Für mich war der Debütroman von Damiano Femfert ein sehr ungewöhnliches Buch, dass mich in weiten Teilen verzaubert hat und dem ich viele begeisterte Leser wünsche.