„Wenn du mich fragst, wo meine Heimat ist, dann muss ich dir sagen: ich weiß es nicht. Meine Familie und anderen Verwandten sind überall auf der Welt zerstreut, in Südafrika, in Israel, den USA, England ...
„Wenn du mich fragst, wo meine Heimat ist, dann muss ich dir sagen: ich weiß es nicht. Meine Familie und anderen Verwandten sind überall auf der Welt zerstreut, in Südafrika, in Israel, den USA, England und der Schweiz. Bei Heinz ist es genauso – diese Emigrationen werden ein Stück von dir!“
Daniel Becker lernte 1987, gerade einmal 18 Jahre alt, das Ehepaar Sonja und Heinz Berg kennen, als er sich in der Schule mit der Russischen Revolution beschäftigte.
Das Ehepaar, das es gemeinsam auf fünf Emigrationen bringt, erzählt detailreich in den 1980er-Jahren ihre Lebensgeschichten in zahlreichen Treffen immer „nach acht“.
Dreimal musste Sonja emigrieren. 1918 aus Russland, 1934 aus Nazideutschland und 1962 aus dem Südafrika der Apartheid. Heinz aus Deutschland und aus Südafrika.
Das Ehepaar hat niemals den Mut verloren oder Hass entwickelt. Sie haben einfach ihre Sachen gepackt, sind gegangen und haben neu angefangen. Sie haben sich nicht beklagt. Sie haben, sagen beide unisono, Dankbarkeit gelernt. Dankbarkeit jenen Menschen gegenüber, die sie unterstützt haben und auch jenem Land gegenüber, das sie aufgenommen hat.
„Man sollte kaum glauben, dass so viel Weltgeschichte in ein Menschenleben passt.“
Erst dreißig Jahre später bringt Daniel Becker diese Lebensläufe zu Papier. Sonja und ihr Mann sind bereits 1995 bzw. 1990, verstorben, doch angesichts der aktuellen Weltlage ist das Thema Flucht und Vertreibung aktuell wie nie zuvor.
Daniel Becker begibt sich auf Spurensuche. Er kontaktiert Verwandte, Nachfahren von Freunden der beiden und fördert eine schier unüberschaubare Menge von Material zutage. Das fasziniert mich ungemein! Nach 100 Jahren so viele Briefe, Dokumente und Fotos vor sich liegen zu haben, ist erstaunlich.
Die Fülle des Materials ist es aber auch, die den 5. Stern kostet. Das seitenlange Zitieren aus Briefen hat mich ein wenig ermüdet. Hier wäre weniger wohl mehr gewesen. Aber, das ist natürlich Ansichtssache. Zahlreiche Fotos zeigen längst vergangene Tage aus dem Leben von Sonja und Heinz.
Fazit:
Eine faszinierende Geschichte einer jüdischen Familie, die dreimal emigrieren musste. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.