Ein schöner Überblick über die LIteratenszene in WIen m 1900
David Österle nimmt uns in seinem Debüt in das Wien um 1900 mit.
Die Hauptstadt der Donaumonarchie sonnt sich in ihrem morbiden Glanz. Auf der einen Seite Großbürger und deren Mäzenatum, auf der anderen ...
David Österle nimmt uns in seinem Debüt in das Wien um 1900 mit.
Die Hauptstadt der Donaumonarchie sonnt sich in ihrem morbiden Glanz. Auf der einen Seite Großbürger und deren Mäzenatum, auf der anderen Seite bittere Armut.
Wir treffen hier die jungen Wilden der Literaturszene wie Arthur Schnitzler, Hugo von Hoffmannsthal oder Felix Salten. Die einen von ihrer Herkunft her saturiert wie Schnitzler, der eine oder andere wie Felix Salten eher vermögenslos. Allen gemeinsam ist die Liebe zum geschriebenen Wort, zu schönen Frauen und ihre jüdische Herkunft.
Die Männer treffen sich ab 1890 im Café Griensteidl (das leider nach mehreren Pleiten letztes Jahr endgültig seine Pforten schließen musste), später übersiedelt ein Teil der Gruppe ins Caé Central, das schon Peter Altenberg quasi okkupiert hat.
Man trifft sich auch in privaten Salons, frönt diversen Suchtmitteln und verbringt viel Zeit miteinander, doch Freunde sind die Männer nicht. Manchmal geraten sie harsch aneinander, sind sie je jeder für sich eine „Diva“. Der gesamte Kreis befindet sich im Umbruch, althergebrachtes über Bord zu werfen und sich neu zu erfinden. Der latent vorhandene Antisemitismus, der heraufziehende Untergang der Donaumonarchie, diese teils melancholische Stimmung wirkt sich auf die Werke der Literaten aus.
Meine Meinung:
Die Sammlung dieser Kurzbiografien ist ganz gut gelungen. Vor allem Auszüge aus den Werken und/oder Briefen sowie die vielen Fotos bereichern das Buch. Die eine oder andere Anekdote, die bislang vielleicht noch unbekannt war, ergänzt die eher wissenschaftlich angelegte Gruppenbiografie.
Damit gleich zum Schreibstil: David Österle ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann Institut mit Forschungsschwerpunkt „Die Literatur der Jahrhundertwende und Kulturtheorie“. Daher schreibt er sehr sachlich. Der Funke der Begeisterung für einen der Schriftsteller will bei mir jetzt nicht so recht überspringen.
Das Buch eignet sich sehr gut als Geschenk für Freunde der altösterreichischen Literaten, die allesamt große Werke geschaffen haben. Manchem ist die Ehre erst nach dem Tod zuteil geworden.
Der Verlag Kremayr & Scheriau hat, wie wir es von ihm gewöhnt sind, ein Buch in gediegener Ausstattung herausgebracht: Gebunden, mit Leinenstruktur, das Coverfoto ist in Sepia gehalten, die Schriftgröße ist angenehm zu lesen und das Papier greift sich angenehm an.
Fazit:
Ein schöner Überblick über die männliche Literaturszene des Fin de Siècle. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.