Anna Maria, die Tochter des freien Bauern Daniel Hofmeister, ist nicht nur mit einem attraktiven Äußeren gesegnet, sie hat außerdem auch großes Talent, zu singen und zu malen. Obgleich sie neben ihren Brüdern Jakob, Matthias, Peter und Nikolaus das heimliche Lieblingskind ihres Vaters ist, verbietet er dem Mädchen bei strenger Strafe, ihre Leidenschaften auszuleben. Anna Maria empfindet zudem ihre von der Großmutter geerbte Gabe der Hellsichtigkeit als große Bürde und fürchtet sich davor. All jene, die ihr nahe stehen, erscheinen ihr zum Zeitpunkt ihres Ablebens im Traum, um sich von ihr zu verabschieden. Kurze Zeit nach dem Aufbruch ihrer beiden Brüder in den Krieg träumt sie davon, dass einer von ihnen sterben wird. Anna Maria setzt alles daran, ihren Vater davon zu überzeugen, sich auf die Suche nach ihnen zu machen, sie rechtzeitig zu warnen und gesund nach Hause zu bringen.
Deana Zinßmeister erzählt die Geschichte der jungen Seherin Anna Maria Hofmeister und benutzt dazu drei verschiedene Zeitepochen, in denen die Handlung abwechselnd spielt. Der eine Erzählstrang handelt vom Jahre 1493 in Basel, der Vergangenheit ihres Vaters, der diesbezüglich stets großes Stillschweigen bewahrte und einige Geheimnisse zu hüten scheint. Ein zweiter Abschnitt berichtet über die Geschehnisse in Mehlbach im Jahre 1521, wo der Leser ein wenig in die Geschichte der Familie Hofmeister eintauchen und die einzelnen Protagonisten kennen lernen darf. Die Autorin berichtet vom Schicksal des kämpferischen Leibeigenen Joß Fritz, der den Wunsch eines Sterbenden erfüllen wird und offenbart darin auch seine geheimnisvolle Beziehung zu den Hofmeisters. Sie erläutert den Werdegang des freien Bauern Daniel Hofmeister, zeigt einen Einblick in das Alltagsleben der Familie und den kleinen Eigenheiten und Charakteren seiner Kinder. Der dritte Handlungszeitraum spiegelt die aktuellen Ereignisse Mehlbachs im Jahre 1525. Die Autorin lässt ihre Protagonistin Anna Maria auf die abenteuerliche Suche nach ihren Brüdern gehen, wo sie allerlei erfahren und einen kleinen Teil der Geschichte des Landes miterleben darf. Zinßmeister lässt Anna Marias Lebensweg mit jenen historischer Persönlichkeiten wie Joß Fritz, dem Anführer der Bundschuhaufstände, sowie dessen Mitkämpfer Jacob Hauser, Landsknecht Kilian, Thomas Müntzer und Heinricht Pfeiffer, kreuzen. Sie weilt auch eine Zeitlang auf Burg Nanstein, dem Sitz Franz von Sickingens, und erfährt die Geschichte seines Kampfgenossen Götz von Berlichingen zu Hornberg in den Landshuter Erbfolgekrieg zwischen Bayern und Rheinpfalz. Im Verlauf der Reise der jungen Seherin erhält man einen Eindruck von den Mühen und Plagen der armen Landbevölkerung, ihren Lebensumständen und dem tiefen Aberglauben, dem die Menschen in dieser Zeit verhaftet sind. Besonders klar kommt dies am Beispiel des so genannten „Wolfsbanners“ Veit zum Ausdruck, der mit einem Rudel Wölfen in den Wäldern jagt und lebt. Das größte Augenmerk richtet die Autorin jedoch auf die kämpferischen Auseinandersetzungen im Zuge des Bauernkriegs zwischen 1524 und 1526 in der Region zwischen Basel und Halberstadt, der Saar und dem Erzgebirge. Die historischen Hintergründe dieser Aufstände werden deutlich: die Bauern protestierten gegen die Einschränkung ihrer Rechte, die Abgabenlast und stellten revolutionäre Forderungen, die letztendlich zu blutigen Auseinandersetzungen führten. Für meine Person war die Konzentration auf die kriegerischen Hintergründe zu intensiv, das Buch wies dadurch einige Längen auf und die Angelegenheiten der sympathischen Hofmeisters gerieten für mich zu sehr in den Hintergrund. Auch die eher blassen und unpersönlichen Protagonisten trugen nicht dazu bei, mich für dieses Buch begeistern zu können und bewogen mich beinahe dazu, nach der Hälfte des Buches abzubrechen. Dass ich es dennoch nicht getan habe, ist letztendlich auf meine Neugier auf das Schicksal der beiden Brüder zurückzuführen …
Als erste Lektüre von Deana Zinßmeister war ich von „Die Gabe der Jungfrau“ enttäuscht und es verleitet mich nicht gerade dazu, weitere Bücher von dieser Autorin zu lesen. Aus diesem Grund vergebe ich dafür auch nur zwei Bewertungssterne …