Das Cover des Buches schmückt ein verzierter Elefant und Blumenranken. Zum Inhalt passt es daher sehr gut und durch seine Aufmachung entspricht es einem historischen Roman. Ein Pluspunkt ist auch, dass im Einband eine Landkarte des Frankenreiches mit wichtigen Handlungsorten der Geschichte abgebildet ist. So kann man beim Lesen immer mal wieder nachschauen wo die Handlungen stattfinden, wenn man sich nicht mehr sicher ist.
Inhaltlich spielt die Geschichte im Mittelalter und es geht um ein Friedensgeschenk, dass der Kalif von Bagdad zu Karl dem Großen ins Frankenreich aussendet. In dieses Unterfangen sind mehrere Charaktere eingebunden. So besteht die Geschichte einerseits aus dem politischen Auftrag und andererseits aus den Schicksalen der involvierten Figuren. Diese Konstellation ist sehr interessant und gelungen ausgeführt. Leider bleibt jedoch eine große Distanz zwischen den Figuren und dem Leser. Denn dieser kann sich nicht so recht mit den Charakteren identifizieren. Dies mag zum einen an den damaligen Gepflogenheiten liegen und zum anderen an der Erzählart des Autors.
Erzählt wird aus der Er-Erzähler Perspektive von unterschiedlichen Charakteren, sodass durchaus eine Abwechslung vorhanden ist. Überraschend und interessant ist, dass auch aus der Perspektive des Elefanten erzählt wird. Die Redensart der Figuren ist dem Mittelalter angepasst und wirkt zwar geschwollen, aber authentisch. Auch die Namen der Figuren passen zur damaligen Zeit und gut recherchiert, wie auch die anderen historischen Details. Somit kann man beim Lesern noch etwas Lernen. Z. Bsp.: Widukindland -> Kind des Waldes.
Gut gefallen hat mir auch, dass mit einem Prolog in die Gesichtete eingestiegen wird. Da das darauf folgende Kapitel 30 Jahre später spielt, kann der Leser zunächst eigene Verknüpfungen und Ideen anstellen.
Weniger gut gefallen hat mir, dass einige Szenen sehr ungeschönt und blutig beschrieben werden. Interessant ist natürlich der Vergleich zur heutigen Zeit, in der man sich solche körperlich und psychisch inhumanen Handlungen im Alltag kaum vorstellen kann.
An einigen Stellen im Buch sind die Texte leider ein wenig langatmig. Eine Spannungskurve mit einem Höhepunkt, auf den alles hin läuft, gibt es in dem Sinne nicht, obwohl die Handlung der Figuren im Grunde darauf aufbaut den Elefanten zu Karl dem Großen zu bringen. Es ist eher so, dass es immer wieder viele Spannungskurven und viele kleine Höhepunkte gibt, sodass es ein auf und ein ab ist. Ein rasanter Schreibstil ist in diesem Buch folglich nicht vorhanden. Jedoch wird der Leser immer wieder überrascht, da es einige unerwartete Wendungen gibt. Wer Geschichten mit Intrigen und Hinterhalten favorisiert, wird hier jedoch sein Vergnügen haben.
Gut und interessant ist, dass verschiedene Figuren mit unterschiedlichen Religionen in diesem Roman aufeinander treffen. Dies wird zum einem im politischen Kontext des Frankenreiches und des Orients thematisiert und durch die einzelnen Figuren. Unter diesen sind Moslems, Christen, Juden und Sachsen, die ihren Naturgöttern huldigen. Dieser Religionsdiskurs macht das Buch trotz seiner historischen Ausrichtung sehr aktuell und zeitgemäß.
Alles in allem ein kurzweiliger historischer Roman, der interessant und lehrreich ist. Jedoch bleibt eine große Distanz zwischen Leser und Figuren und die vielen kleinen Spannungskurven können das Lesen teilweise langatmig werden lassen.
Hier ein paar abschließende Buchzitate:
- „Die Zeit ist mächtiger als alle Könige der Welt.“ (S. 315)
- „Verschließe dich nicht dem Wind der Zeit. Er nimmt fort, was ohnehin krank ist und im sterben
liegt. Ohne ihn wäre die Welt ein stickiger Ort, voll von lebenden Leichen. Öffne dich dem
Schicksal! Öffne dich!“ (S. 315 f.)
- „Überheblichkeit ist die Domäne der Großen in der Welt.“ (S. 70)
- „Wir hatten eine gemeinsame Aufgabe, aber Ihr habt nie daran geglaubt. Warum nur? Ich schätze, weil Ihr nichts verstanden habt. Harun ar-Raschid hat uns nicht bloß ausgesandt, um Carolus Magnus Geschenke zu bringen. Der Elefant, die Wasseruhr, all die kostbaren Stoffe und Düfte waren bloß Beiwerk, um der Höflichkeit zu genügen. Die wahre Friedensbotschaft aber waren wir selber: Mazruq al-Atar, der Muslim, Isaak, ein Kind Israels, und dieser da, Thankmar, der Germane, der zu den alten Göttern betet. Carolus Magnus hätte als Christ das Quartett vervollständigt. Vier Religionen, vier Kulturen, und doch von einem einzigen Stamm. Das galt es zu erkennen und Zweiflern zu zeigen. Frieden, mein Freund, schlägt keine Wurzeln in einem Haufen niedergeworfener Waffen. Frieden blüht nur in uns selbst.“ (S. 331)