Cover-Bild Angst
18,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt Berlin
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 256
  • Ersterscheinung: 18.01.2013
  • ISBN: 9783871347290
Dirk Kurbjuweit

Angst

Das saturierte Leben von Randolph Tiefenthaler scheint mit dem Kauf der schönen Berliner Altbauwohnung seine Erfüllung zu finden. Der Architekt und seine Familie ahnen nichts Böses, als der schrullige Herr Tiberius ihnen Kuchen vor die Tür stellt. Doch bald wird der Nachbar aus dem Souterrain unheimlich. Er beobachtet Tiefenthalers Frau, schreibt erst verliebte, dann verleumderische Briefe, erstattet sogar Anzeige. Die Ehe stürzt in eine Krise, das bloße Dasein des Nachbarn vergiftet den Alltag. Tiefenthaler vertraut lange auf den Rechtsstaat, der aber zeigt sich hilflos gegenüber dem Stalker. Die zerstörte Sicherheit erschüttert Tiefenthaler im Innersten. Denn er kennt die Angst schon lange. Sein eigener Vater ist ein Waffennarr, als Kind musste Randolph schießen lernen und fürchtete stets das Schlimmste. Vater und Sohn sind sich seit Jahren fremd – doch nun bringt die unerträgliche Situation Randolph auf einen entsetzlichen Gedanken ...
Dirk Kurbjuweit schildert mit beklemmender Spannung, wie Ohnmacht eine Familie zur Selbstjustiz treibt. «Angst» ist das Psychogramm einer Gewalttat, die Geschichte einer extremen, in ihrer Sprachlosigkeit berührenden Vater-Sohn-Beziehung – und ein erzählerisches Experiment, das die dünne Haut unserer bürgerlichen Zivilisation auf die Zerreißprobe stellt.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.07.2017

Nachdenklich, erschreckend und berührend

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Dirk Kurbjuweit ist politischer Autor beim SPIEGEL.
Er und seine Familie haben vor einigen Jahren einen solchen Fall von Stalking selbst erlebt. Die Grundzüge der Geschichte sind demnach nicht erfunden.

Das ...

Dirk Kurbjuweit ist politischer Autor beim SPIEGEL.
Er und seine Familie haben vor einigen Jahren einen solchen Fall von Stalking selbst erlebt. Die Grundzüge der Geschichte sind demnach nicht erfunden.

Das Buch beginnt mit dem Besuch Tiefenthalers bei seinem Vater im Gefängnis. Dieser wurde zu 8 Jahren verurteilt, weil er den Stalker der Familie seines Sohnes erschossen hat. Auf der Tatwaffe wurden die Fingerspuren des Vaters gefunden und er hat die Tat auch gestanden.
Jetzt könnte man denken, wie soll das Buch noch spannend sein, wenn man das Ende schon kennt?
Es ist vielleicht nicht super spannend und auch kein "nervenaufreibender Psychothriller", wie es verschiedentlich angekündigt wurde. Aber schon nach wenigen Seiten hat es mich gefesselt und durch einen angenehmen, flüssigen Schreibstil überzeugt.

Dirk Kurbjuweit lässt seinen Protagonisten in der Ich-Form erzählen, wie es dazu kam, dass sein Vater verurteilt wurde.
Es ist zunächst die ganz normale Geschichte einer Familie, die sich ein Heim schafft und in Frieden leben möchte.
Ganz langsam beginnt das Stalking durch den Nachbarn, der sich zunächst wie ein freundlicher Nachbar verhält, in dem er z. B. Kuchen vor die Tür stellt und Zettelchen wie "auf gute Nachbarschaft" dazu legt.
Im Laufe der Zeit beginnt er jedoch Tiefenthalers Frau nachzustellen und beschuldigt schließlich die Eltern, ihre Kinder zu missbrauchen und erstattet sogar Anzeige.
Die Erzählung wird immer wieder von Rückblenden auf die Jugend Tiefenthalers unterbrochen, dessen Vater Schütze und Waffennarr ist und von seinem Sohn verlangte, schießen zu lernen.
Die Beschreibung der Ängste des Protagonisten, in der Jugend vor den Waffen des Vaters und später um seine Familie aufgrund der Bedrohung, sind sehr authentisch und nachvollziehbar beschrieben.
Was mich jedoch sehr bewegt hat, ist die Beschreibung der aktuellen Situation.
Ist es wirklich so einfach, durch eine Lüge und falsche Beschuldigungen das Leben einer Familie völlig aus den Fugen zu bringen?
Kann man selber gar nichts gegen solche falschen Anschuldigungen tun?
In der Geschichte helfen weder Polizei noch Ämter wie das Jugendamt der Familie weiter. Auch die Anwältin der Familie ist hilflos.
Der Gedanke der Selbstjustiz, den Stalker einfach zu erschießen, wächst immer mehr und war für mich absolut nachvollziehbar.
Es hat mich richtig wütend gemacht, wie die Familie sich selbst überlassen wurde.
Seit 2007 gibt es in Deutschland im Strafgesetzbuch den Straftatbestand der "Nachstellung". Die Geschichte spielt offensichtlich noch vor dieser Gesetzesänderung, denn sonst hätten die Behörden ja etwas unternehmen können.
So musste die Familie alleine mit ihren Ängsten und Gefühlen klar kommen und einen Ausweg suchen.

Diese Gefühle, die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit der gesamte Situation und immer wieder der Gedanke, wie man diesen Stalker loswerden könnte, konnte der Autor mir gut vermitteln. Ich habe förmlich mit der Familie gelitten.
Auch wenn Selbstjustiz natürlich keine Lösung ist, konnte ich die Ohnmacht der Familie und insbesondere des Protagonisten Tiefenthaler gut nachempfinden.
Das Buch hat mich in seinen Bann gezogen, aber auch erschreckt, berührt und nachdenklich gemacht. Was würde ich in so einer Situation tun?

Fazit: 4 von 5 Sternen


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