interessanter Aufbau des Buches
Das Buch beginnt, indem wir Fanny und ihre Freundin Antonia kennenlernen und dabei sind, wie sie erste sexuelle Erfahrungen machen. Dann folgt eine kurze Episode in einem Juwelierladen aus Sicht der Verkäuferin ...
Das Buch beginnt, indem wir Fanny und ihre Freundin Antonia kennenlernen und dabei sind, wie sie erste sexuelle Erfahrungen machen. Dann folgt eine kurze Episode in einem Juwelierladen aus Sicht der Verkäuferin und man erfährt erst in einem weiteren Kapitel, dass die Kundin Antonia war. Dann begleiten wir eine junge Frau in einem Indianergebiet, und später wird klar, dass es sich um Fannys Schwester handelt. Als nächstes folgt ein Kapitel, aus Sicht der Indianerin, der Fannys Schwester zuvor begegnet ist.
In diesem Stil ist das Buch aufgebaut und das macht den besonderen Reiz aus. Es ist spannend zu raten, aus welcher Sicht jetzt erzählt wird, denn manchmal wird es erst in späteren Kapiteln deutlich. Auch fragt man sich, ob die ein oder andere Figur nochmal auftaucht oder man durch die anderen Figuren etwas darüber erfährt, wie es mit ihnen weitergegangen ist, denn die Kapitel sind schon miteinander verbunden und zeitlich aufeinander aufgebaut.
Auch sprachlich ist dies Buch sehr lesenswert, denn ich mag den Stil der Autorin, wie sie Dinge beschreibt. z.B. : "Das rosa Neonlicht strömte herein wie dicke Puddingsoße. " (S.108). Auch beschreibt sie nüchtern Situationen, Gefühle und vor allem Stimmungen, die man selbst schon kennengelernt hat. Manchmal ist sie dabei sehr pragmatisch. z.B. "...die Kellnerin knallte Charlotte einen Teller mit Pfannkuchen ... auf den Tisch und wünschte ihr viel Spaß damit. Charlotte aß alle drei, weil sie nicht wußte, was sie sonst tun sollte."(S.118) Oft ist die Gedankenwelt der Figuren erschreckend, aber doch vertraut. Es ist, als habe die Autorin die Menschen und ihre Abgründe genau studiert und weiß, wie sie "ticken". Sehr aufschlussreich fand ich wie Beziehungen mal aus Sicht der Frau, dann aus Sicht des Mannes geschildert werden. Jetzt ist mir klar, warum manches nicht funktionieren kann oder manche Menschen einfach nicht zusammen passen.
Manche Gefühle sind mir sehr vertraut, aber ich hätte sie nicht so gut in Worte fassen können, wie Doris Dörrie das schafft. Wenn ich ein letztes Mal zitieren darf : "...aber vielleicht kennen Sie das Gefühl, wenn man allein im Auto nachts durch die Gegend fährt und im Radio kommt ein Song ... und mit einem Mal zerreißt es einen fast vor Sehnsucht. Vor Sehnsucht wonach zum Teufel ? Das ist es ja eben, das weiß man nicht so genau, vor Sehnsucht nach allem auf einmal, nach einem zuhause und einem Zigeunerleben, nach Familie und Einsamkeit, nach Leidenschaft und ruhiger Liebe, nach..." es folgen noch weitere Dinge, die einander ausschließen. S. 212.
Mir hat - vom ersten Kapitel abgesehen (die Party im Keller, die ich sehr befremdlich fand) - das Buch viel Spaß gemacht, obwohl ich ja sonst hauptsächlich Krimis lese. Es ist auch mit viel Humor geschrieben und ein Lesegenuss, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann..