Ein interessantes Zeitgemälde
Ein sehr spannender historischer Roman, der hauptsächlich die Stadt Rothenburg ob der Tauber am Ende des 14. Jahrhunderts zum Schauplatz hat. Nebenschauplätze sind Nürnberg, Bozen und Venedig zurzeit ...
Ein sehr spannender historischer Roman, der hauptsächlich die Stadt Rothenburg ob der Tauber am Ende des 14. Jahrhunderts zum Schauplatz hat. Nebenschauplätze sind Nürnberg, Bozen und Venedig zurzeit des Karnevals und der Pest. Neben den Hauptfiguren Judith Süßkind, Jüdin und Attila Toppler, Christ als Verliebte spielt der Franziskaner Bruder Barnabas eine wichtige Rolle als Brandaufklärer. Thematisiert werden religiöse Fragestellungen zum jüdischen und christlichen Glauben sowie das wachsende Interesse an naturwissenschaftlichen und medizinischen Vorgängen. Die Inquisition in Saragossa und Nürnberg spielen ebenso eine teuflische Rolle wie die Machtverhältnisse zwischen dem Bürgermeister einer freien Stadt, der katholischen Kirche, dem Adel und König Wenzel. Das Leben innerhalb Rothenburgs Stadtmauern mit seinem stinkenden Borstenvieh wird in deftigem Sprachstil anschaulich, sehr lebendig beschrieben. Die lateinischen Textstellen, meist Bibelsprüche der katholischen Geistlichkeit und des reichen Juden Süßkind, sorgen mit ihrer deutschen Übersetzung in den Dialogen für Interpretationsbedarf zwischen betroffenen Religionen. Neben Naphta (sehr gut brennbares Rohbenzin) sorgt die verbotene Liebesgeschichte zwischen der ehrgeizigen, schönen Judith und dem eher zurückhaltenden Attila für reichlich Spannung. Die Charaktere, ob jung ob alt, sind in ihrer Diversität überzeugend gezeichnet. Die detailliert beschriebene Handlung wird insgesamt mit vielen interessanten Fakten dieser Zeit geschickt untermauert. Ein Lesegenuss!