Ein subtiler Ausbruch aus der Gesellschaft des 19.Jh
Die ersten Kapitel habe ich mich noch schwer getan, in das Geschehen einzufinden. Ich musste mich erst durch ellenlange Beschreibungen von Einrichtungsstilen, Kleidung und strengen Ritualen der High Society ...
Die ersten Kapitel habe ich mich noch schwer getan, in das Geschehen einzufinden. Ich musste mich erst durch ellenlange Beschreibungen von Einrichtungsstilen, Kleidung und strengen Ritualen der High Society kämpfen, doch nach der Einwöhnungsphase entwickelte sich eine spannende Geschichte um Ellen, May und Archer.
Archer war mir anfangs zutiefst unsympathisch, neigt er doch dazu, alle Frauen zu unterschätzen. Insbesondere May war allzu oft das Opfer einer völlig romantischen Vorstellung von Tugend, Zurückhaltung und Naivität. Doch hier muss das Werk in das Zeitalter seiner Entstehung gesetzt werden. So erscheint Archer im 19. Jahrhundert natürlich weitaus fortschrittlicher als heutzutage. Zumal Wharton es verstand, durch subtile Andeutungen Ironie auf die Spießigkeit der Gesellschaft zu legen und seinen Charakter nicht zu idealisieren. Die Dialoge erschlossen sich zum Teil erst auf den zweiten Blick. Man muss hier genau lesen.
Leider verlor der zweite Teil des Buches etwas an Spannung. Das Ende war absehbar und natürlich wenig befriedigend, aber ein angenehmes Ende hätte auch die Intention des Romans verfehlt. Was wohl einige ebenfalls kritisch finden würden: Whartons ausufernde Beschreibungen. Wer schnelle Literatur mag, wird sie hier nicht finden.